Ulrike Kammerhofer-Aggermann und Michael J. Greger (Hg.): Feste, Bräuche, Feiertage#
Feste, Bräuche, Feiertage der Religionen in Österreich - wie, wann - wozu?
Herausgegeben für das Land Salzburg/ Salzburger Landesinstitut für Volkskunde von Ulrike Kammerhofer-Aggermann und Michael J. Greger (Redaktion: Anna-Magdalena Kasper). Salzburger Beiträge zur Volkskunde 22. 464 S.
Kurz nach der Jahrtausendwende startete das Salzburger Landesinstitut für Volkskunde (SLIVK) unter seiner engagierten Leiterin Ulrike Kammerhofer-Aggermann gemeinsam mit dem Referat Salzburger Volkskultur (Lucia Luidold) ein völlig neues Projekt. Die Trilogie "Bräuche im Salzburger Land" wurde mehrfach ausgezeichnet (Europäische Comenius-Medaille 2003 und 2005, Salzburger Kulturgüterpreis 2004). Das Besondere daran war, abgesehen von Qualität und Umfang des Inhalts, die Produktion als CD-ROMs. Beiträge von 200 AutorInnen, 110 Videos, 250 Audio-Dateien und 2.000 Bilder boten eine bisher nie dagewesene Fülle an Informationen. Leider ließ der rasante Fortschritt die Pioniertat technisch rasch veralten. Zumindest CD-ROM 1 ist nun für registrierte Benutzer als Website (www.brauch.at) verfügbar.
Zukunftsweisend war auch die Idee zu einem Salzburger Festkalender der Religionen. 2007 wollte die Institutsleiterin den in Kinder- und Jugendarbeit, Migrations- und Integrationsbereichen Tätigen eine Arbeitsunterlage über Feste und Bräuche zur Hand geben, von denen die meisten im Religiösen wurzeln. Denn, so Ulrike Kammerhofer-Aggermann, "Die Religionen haben die Kulturen ganz wesentlich geprägt." Es sei sinnvoll, auf die wichtigsten Feste der hier lebenden Menschen hinzuweisen, das Wissen um die Feste der "anderen" könnten Gespräche und Vertrauen fördern. Dies ermögliche "respektvolles Neben- oder Miteinander". 2011 beschäftigte sich dann die Abschlussarbeit zum Lehrgang "Interkulturelle Kompetenz" der Salzburger Verwaltungsakademie mit der Thematik. 2012 ging der erste Schreibkalender mit Erklärungstexten online. Nun hat man - zusätzlich - zur Buchform zurückgefunden. Es hatte sich gezeigt, dass der Zielgruppe in ihrem Arbeitsalltag der ständige Internet-Zugang fehlte: "Sie brauchen Gedrucktes, das stets griffbereit gehalten werden kann."
Nicht nur sie dürfen für mehr als 450 Seiten geballte Information dankbar sein. Ein Buch wie dieses hat wirklich gefehlt. Es ist ein Nachschlagwerk voll sachlicher Information. Die Herausgeberin versteht es nicht als wissenschaftlich aufgebautes Werk, sondern als "Handbuch für den täglichen Gebrauch in vielen verschiedenen Situationen des Alltags." Es verzichtet auf Illustrationen und Interpretationen (z. B. die berühmt-berüchtigte Ursprungsfrage). Dies wird u. a. am Beispiel des Perchtenbrauchs, dem Lieblingskind der Hobbyforscher, deutlich, mit dem sich Kammerhofer-Aggermann seit langem aufklärend beschäftigt. Ihr Kalender enthält alle gesetzlichen österreichischen Feiertage und Landespatrone, sowie viele in der Bevölkerung beliebte, überlieferte Termine. Außerdem findet man die Hauptfeste von 14 Religionen, so wie sie in Österreich gefeiert werden. Die Auswahl weicht von der Liste der hier gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften ab. Ausgewählt wurden jene, deren Mitglieder mehr als 0,01 % der Bevölkerung des Bundeslandes ausmachen. Außer Christentum, Islam, Judentum und Buddhismus, zählt auch die 5. Weltreligion, der Hinduismus, dazu. (in Österreich "staatlich eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaft"). Offiziell wurde die Religionszugehörigkeit bei der Volkszählung 2001 erhoben, danach aus Datenschutzgründen nicht mehr. Die jüngste Statistik aus Salzburg ist aus dem Jahr 2012. Demnach stammten die Bewohner des Bundeslandes aus 150 verschiedenen Ländern und gehörten mehr als 30 Bekenntnissen an.
In den Religionen bestehen unterschiedliche Kalender. Die Daten der beweglichen Feste, wie jene, die sich nach dem Islamischen Mondkalender oder dem jüdischen Lunisolarkalender richten, sind im Handbuch für 2016 bis 2018 bei der Beschreibung des jeweiligen Festes angegeben. Man findet sie auch auf den Internetseiten des Kalenders der Religionen. Die Zeiträume der beweglichen Feste des Christentums sind in den Monatsübersichten im Buch enthalten. Einen guten Überblick bietet das Kapitel über die zyklische und lineare Zeit. Hier erfährt man auch, welche christlichen Ostkirchen ihre Feste nach dem Orthodoxen (Julianischen) Kalender begehen. Da sie die Gregorianische Reform des Jahres 1582 nicht mitgemacht haben, bleiben die Termine 13 Tage zurück. Noch ungewohnter sind der hinduistische Lunisolarkalender mit seinen sechs Jahreszeiten, oder die aus zwei Hälften bestehenden buddhistischen Monate.
Während fast das erste Viertel des Handbuchs Geleitworten der Ressortzuständigen und Vertreterinnen von Religionsgemeinschaften, sowie einführenden Kapiteln und den Monatsübersichten gewidmet ist, macht die römisch-katholische Kirche mit ihren Festen etwa das zweite Viertel aus. Es folgen - in der Reihenfolge der geschätzten Mitgliederzahlen - die Feste von Islam, Evangelischer Kirche, Orthodoxen Kirchen, Jehovas Zeugen, Altkatholischer Kirche, Buddhismus, Hinduismus, Neuapostolischer Kirche, Mormonen, Judentum, Evangelisch-methodistischer Kirche, Alevitischer Glaubensgemeinschaft und Freikirchen. Mehr als 30 Seiten geben weiterführende Literatur und Internetquellen an. Bei diesen ist aus österreichischer Sicht betrüblich, dass fast nur Wikipedia zu Rate gezogen wurde und nicht das "Austria-Forum".
Eine ganze Reihe von AutorInnen hat zu den Artikeln beigetragen, am meisten die Herausgeberin, die als kompetente Brauchexpertin des Bundeslandes und weit darüber hinaus bekannt ist. Sie konnte, wie manche andere, auf zahlreiche frühere Veröffentlichungen zurückgreifen, etwa auf die eingangs erwähnte CD-ROM-Edition. Ihnen allen war der offene Dialog mit den vorstellten Religionsgemeinschaften wichtig. Dass es durch die Fülle des Materials zu Überschneidungen und Wiederholungen kommt, lässt sich wohl kaum verhindern. Dies ist nicht zu kritisieren, förderliche Redundanzen vertiefen das Verständnis, das gerade bei einem Thema wie diesem dringend notwendig erscheint: "Alle Menschen freuen sich, wenn man Rücksicht auf ihre Feste nimmt oder ihnen gute Feiertage wünscht; das sind beruhigende Zeichen sozialer Inklusion und wohlwollenden Zusammenlebens."