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Peter Philipp: Jacky, Concorde & Blaue Blase#

Bild 'Philipp'

Peter Philipp: Jacky, Concorde & Blaue Blase. Grazer Bildgeschichten. Mit einer Einleitung von Bernd Beutl. Styria Verlag Graz 2017. 176 S., ill., € 24,90

35 Jahre sind seit der Gründung des Aktionskomitees "Rettet die Grazer Altstadt" vergangen. Unter den Initiatoren war der Medien-, Kunst- und Werbefotograf Peter Philipp. Mit den Schwarz-Weiß-Aufnahmen in seinem Buch "Graz - Lob der Altstadt" hat er nicht nur ein Stück Fotogeschichte geschrieben, sondern mit bewirkt, dass zwei Jahre später das Grazer Altstadterhaltungsgesetz beschlossen wurde. Seit 1999 zählen die Historische Altstadt Graz und Schloss Eggenberg zum UNESCO-Weltkulturerbe. 2003 war die Murmetropole Kulturhauptstadt Europas.

Das Vorwort zu seinem fünften Grazbuch übertitelt der Fotojournalist "Graz lässt mich nicht los". Seit 1960 richtet er sein "drittes Auge" auf die steirische Landeshauptstadt und kann, wie wohl nur wenige ihrer Bewohner, die Veränderungen des Stadtbilds verfolgen und dokumentieren. Sein Lehrherr gab ihm einen Satz mit auf den Berufsweg, den Peter Philipp noch immer treu befolgt: "Schau dich um und fotografiere alles, was interessant ist."

Nach dem Motto "Graz gestern und heute" beginnen die Streifzüge in der Inneren Stadt. An den Bürgerhäusern mit ihren roten Ziegeldächern und futuristisch anmutenden Teilen der Dachlandschaft wird deutlich, wie man hier Alt und Neu zu verbinden versteht. Nostalgische Bilder wecken Erinnerungen an Bauwerke und prominente Besucher, unter ihnen der erste Mensch im Weltraum, Juri A. Gagarin, 1962, oder der Skistar Hermann Mayer, 1999. Pittoreske Innenhöfe, der historische und doch so lebendige Stadtpark, Schlossberg, Burg, Dom, die großzügigen Plätze - wie der Verkehrsknotenpunkt Jakominiplatz, den die Einheimischen "Jacky" oder "Jako" nennen, das Landhaus und das Franziskanerviertel erzählen vielfältige Bildgeschichten.

Den Kontrapunkt zur gepflegten Tradition bilden "Die neuen Wahrzeichen", allen voran die "Blaue Blase" der britischen Architekten Peter Cook und Colin Fournier, das Kunsthaus und die vom New Yorker Künstler Vito Acconci designete Murinsel. In Bahnhofsnähe entsteht die "Smart City" mit dem 60 m hohen "Science Tower". Das Styria Media Center dominiert die Skyline im Süden.

Als "Drehscheiben und Treffpunkte" gelten der Hauptbahnhof mit dem "Golden Eye" genannten neuen Vorplatz und der Flugplatz. Er erfuhr wohl die größte Veränderung des Aussehens. In den 1970er Jahren mussten sich die Passage noch zu Fuß zu den Maschinen begeben. 1981 war die Landung des britischen Überschall-Passagierflugzeugs "Concorde" eine Sensation. Der VIP-Flug nach Linz wurde allerdings langsamer durchgeführt, sonst hätte der Pilot beim Abheben schon die Landung einleiten müssen. Das Viertel des 1811 von Erzherzog Johann gestifteten Landesmuseums Joanneum erfuhr zu seinem 200-Jahr-Jubiläum einen großzügigen Umbau. Früher befand sich beim Stammhaus ein Botanischer Garten. Seine Nachfolger, die Glashäuser aus den 1990er Jahren präsentieren sich in der Flugaufnahme als extravagante Gebilde.

Peter Philipp widmet die Fotos seiner Stadt und ihren Menschen. Dies kommt besonders bei "Alltag im Wandel" zum Ausdruck. Den Einstieg bilden gut gelaunte Gäste eines multikulturellen Festes im Augarten, auf der gegenüberliegenden Seite tummeln sich die Massen im Augartenbad, einem beliebten Freizeitareal der 1960er Jahre. Ein weiteres klassisches Ausflugsziel war und ist der Hilmteich. Aus einem Ziegelteich, auf dem man früher auch eislaufen konnte, wurde nach mehr als 160 Jahren mit dem neuen Schlössel ein elegantes gesellschaftliches Zentrum. Marktszenen und Bilder von Stadtfesten machen die Distanz der Jahrzehnte deutlich, nicht nur wegen des Unterschieds von Farbe und Schwarz-Weiß.

"Gestern Avantgarde, heute Tradition" widmet sich den Vorreitern für kreative, innovative und oft auch provokante Bewegungen, die nach dem Zweiten Weltkrieg von Graz ausgingen, wie 1959 das Forum Stadtpark und das 1968 begründete Festival "steirischer herbst". Bis in die Gegenwart engagiert man sich auch in Kirchen, im Opernhaus und Schauspielhaus für zeitgenössische Kunst. Der Schlossberg wurde als "Dom im Berg" zur Bühne für Veranstaltungen aller Art. Die "Zeittafel mit ausgewählten Ereignissen", die von 1960 bis 2017 reicht, gibt noch einen zusammenfassenden Überblick.

Der vielfach ausgezeichnete Fotografenmeister Peter Philipp verfolgt mit diesem wunderbaren Buch eine "zweifache Stoßrichtung. Es ist eine zarte Retrospektive, ein Rückblick auf längst vergangene Zeiten einerseits … und andererseits zeigt es als bewusster Kontrapunkt, als Brücke und Spannungsbogen das aktuelle, lebendige, pulsierende und moderne Graz von heute. Dieser Doppelcharakter des Buches geht konform mit einer bewussten Mischung und 'Gegenüberstellung' von alten SW-Bildern und aktuellen Farbaufnahmen … Und zudem wird deutlich, wie sich auch meine Fotografie verändert hat."