Adolf Baier: Schloss Obersiebenbrunn und seine Geschichte#
Adolf Baier: Schloss Obersiebenbrunn und seine Geschichte. Verlag Berger, Horn. 102 S., ill. , € 15,-
"Das Marchfeld ist nicht nur das größte und fruchtbarste Agrarland Niederösterreichs, sondern auch Schauplatz zahlreicher Schlachten. Schloss Obersiebenbrunn nimmt in der Geschichte des Marchfelds einen besonderen Status ein, wobei das Haus Habsburg und das Geschlecht der Grafen von Kollonitz weitgehend die tragenden Säulen bilden", schreibt Adolf Baier. Der Autor absolvierte nach seiner beruflichen Laufbahn das Studium der Kultur- und Sozialanthropologie, sein Interesse an Obersiebenbrunn hat persönliche Gründe.
Der "Historische Überblick" ist kurz gehalten. "Der öde Burgstall" war ein landesfürstlicher Besitz der Babenberger. 1151 erwähnt eine Grenzbeschreibung erstmals den Edelmannssitz, der auch den Bewohnern der unmittelbaren Umgebung bei Gefahren Schutz bot. Im 14. Jahrhundert wurde an seiner Stelle ein Freihof errichtet. 1579 übernahmen die Freiherren von Herberstein das Anwesen. Durch einen Umbau entstand das frühbarocke Schloss. In der Folge kam es an die Grafen Kollonitz. Der Wiener Fürstbischof Sigismund Graf von Kollonitz kümmerte sich nicht nur um den Umbau des Schlosses. Er ließ auch die in der osmanischen Belagerung zerstörte Pfarrkirche von Obersiebenbrunn wieder errichten. Nach zwei Jahren konnte er den Neubau einweihen.
Kaiser Karl VI. erwarb die Herrschaft Obersiebenbrunn mit den Dörfern Lassee und Oberweiden und schenkte sie 1726 Prinz Eugen. Dieser ließ das Schloss nach seinem Geschmack umbauen und eine Zufahrtsstraße trassieren. Mit der Gartenanlage betraute er Dominique Girard. Er entwarf einen Park mit künstlichen Wasserläufen, auf denen man mit Booten fahren konnte, und einem Pavillon als Blickpunkt. Johann Lucas von Hildebrandt war der Architekt des Gartenhauses, das Jonas Drentwett mit Jagdmotiven ausstattete. Alle drei Künstler arbeiteten am Wiener Belvedere.
1937 richtete die katholische Schwesternkongregation "Zum guten Hirten" das in der Zwischenzeit arg vernachlässigte Kunstdenkmal für ihre Bedürfnisse ein. Bis 1973 betrieben die Schwestern einen Kindergarten und Schulen. 2001 kaufte die koptische Gemeinschaft in Österreich den Besitz. Die ägyptischen Christen begannen mit der Restaurierung. Im Kloster St. Antonius leben nun koptische Mönche, die Nebengebäude dienen kulturellen Zwecken. Der weitläufige Schlosspark wird zum Teil als solcher gepflegt zum Teil landwirtschaftlich genutzt.
Leider weckt der Titel der Abhandlung falsche Erwartungen. Über die bauliche Gestaltung des Schlosses erfährt man fast nichts. Dafür um so mehr über die Kopten, das Grafengeschlecht der Kollonitz und Prinz Eugen von Savoyen. Seine Bedeutung ist nicht nur an militärischen Erfolgen zu messen, sondern auch an seiner Aufgeschlossenheit gegenüber sozial motivierten Reformen. So zeichnet das Buch, neben ausführlicher Darstellung der Schlachten und Siege, stückweise das Bild eines unbekannten Prinzen Eugen. Er liebte es, Jagdgesellschaften nach Niederweiden einzuladen und mit den Gästen französische Konversation zu halten. Mit ausländischen Diplomaten pflegte er im Schlosspark vertrauliche Gespräche. Als größter Gutsherr im Marchfeld zeigte sich Prinz Eugen sozial. Er beschäftigte mehr als 1000 Bauern in der Landwirtschaft, hunderte Handwerker und Taglöhner bei seinen Bauprojekten. Einem Verwalter, der Arbeiter entlassen wollte, soll er entgegnet haben: "Meint Er, ich brauche vielleicht ihn ?"
"Bemerkenswert ist", bemerkt der Autor, "dass Prinz Eugen von Savoyen … in seinem Lieblingsgebet jene humanistische Lebensmaxime verdeutlichte, die sich …mit den Werten der Kopten deckt und von diesen umgesetzt wird."