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Eva Gruber: Zeit am Fluss#

Bild 'Gruber'

Eva Gruber: Zeit am Fluss. Landart mit Natur und Licht. Verlag Anton Pustet Salzburg. 208 S., ill., € 29,-

André Heller nennt Eva Grubers Werke "Verwehende Glückskunst erster Klasse". Die Autorin mehrerer Bücher versteht sich als "freischaffende landartistin, Gehende und Schreibende". Ihr Anliegen ist es, poetische Hommagen an die Natur zu schaffen, die den Betrachtern einen achtungsvollen Umgang damit vor Augen führen. Sie hat sich aus leitenden Positionen im Verlagswesen zurückgezogen und lebt nun in Gloggnitz, eine Autostunde von Wien und wenige Kilometer von Rax und Schneeberg entfernt. Seither arbeitet sie im wildromantischen Höllental, dem Quellgebiet der Ersten Wiener Hochquellenwasserleitung. Bis zu zwölf Werke zugleich präsentieren dort eine sich ständig wandelnde Open-air-landart-show. "Die Schotterufer der Schwarza waren mir elf Jahre lang 'Zeichenblätter', auf denen ich meine Bilder aus Naturmaterial gestalte. Sie waren bis zu 1.500 Quadratmeter groß und vergänglich … Ich fühle mich grenzenlos reich, wenn ich meine Pigmente unter herbstlichen Bäumen auflese, Bleistiftstriche im Wald sammle und meine Canvas im Winter mit Schritten bemale." Da die Gestaltungen "nur jetzt" da sind, gemahnen sie an die Vergänglichkeit. Wetter, Himmel, Fluss und Naturmaterialien unterliegen saisonalen Bedingungen.

Das Verständnis für Werden, Wandel und Vergehen im Lauf der Jahreszeiten teilt die Künstlerin mit der japanischen Philosophie. Viele ihrer Werke, die sie in beeindruckenden Fotos festhält, erinnern an Ikebana. Dies wird zwar nicht angesprochen, aber klassische Haiku sind den Fotos beigestellt. Issa, einer der großen vier Haikudichter, schrieb um 1800: "Voreilig glaubt man / Das Rot des Abends käme: / Es ist das Herbstlaub." Für ihre 4 mal 1,70 m große Installation "Eine Spitze" verwendete die Künstlerin die intensiv-roten Blätter des japanischen Bergahorns.

Den Winter liebt sie am meisten, auch wenn ihre Arbeitsbedingungen dann extrem sind. Schnee ist für Eva Gruber "ein herrliches und herausforderndes Gestaltungsmaterial." Wenn die Sonne scheint, glitzert er in allen Farben, und das Spiel mit dem Licht zeitigt einmalige Effekte. Dazu ein Text des Haikumeisters Shida Yaha (1663-1740): "Sogar das Licht steht / Ganz unbewegt und kreisrund: / Die Winterstille."

Auch aus anderen archaischen Kulturen holt sich die Künstlerin Anregungen für ihre Landart im Schwarzatal. "Ein provisorischer Landgang im späten Devon" ist einer Zeichnung australischer Aborigines nachempfunden. Als Haiku dazu hat sie ein Kurzgedicht von Toyo ausgewählt: "Der nahe Frühling / Verschleiert den ganzen Tag / Die Schlucht mit Regen." Immer wieder faszinieren Kreise und Linien aus Kieselsteinen. An einem 140 m langen Kiesgarten hat sie 35 Stunden gearbeitet, wobei der wechselnde Wasserstand für ständigen Wandel sorgt. Auch Shòu, das wichtigste chinesische Glückssymbol, oder ein Gordischer Knoten entstehen und versinken im kristallklaren, smaragdfarbenen Wasser.

Im Sommer muss die Landartistin ihr Revier mit den Badegästen teilen. Sie sammelt Blüten und gestaltet sie zu Blumenflößen oder lustig-bunten Tieren. Die Umgebung liefert das Pflanzenmaterial in unerschöpflicher Fülle. Die blaue Wegwarte wirkt im Wasser durchscheinend. "An den Mond" heißt die Komposition daraus, die das Titelbild ziert. Das Springkraut leuchtet dunkelrosa, am Ende schwimmen die Blütenblätter davon. "Der Sommer kam doch / So einzig zu den Blättern: / In allen einzeln." Es war der Samurai Basho, der Ende des 17. Jahrhunderts die Haikudichtung in den Rang ernsthafter Literatur erhob. Er wurde ein Wanderer und kontemplativer Poet. Ebenso versucht Eva Gruber, die großen, weltbewegenden Themen durch einfache Naturbilder auszudrücken.

Am Beginn jedes der vier Kapitel widmet die Autorin eine Seite einem persönlichen Stimmungsbericht. Zum Abschluss lässt sie die Leser an der Entstehung der 126 vorgestellten Werke teilhaben. Bisher hat sie mehr als 800 im In- und Ausland realisiert. Eva Grubers Repertoire ist breit gefächert, ihrer Phantasie und der Umsetzung der Ideen scheinen keine Grenzen gesetzt: Aus Kieseln gelegte Buchstaben und Worte, schattierte Laubteppiche, auf denen Schwemmholz Akzente setzt, magisch wirkende Zeichen aus dunkler Erde auf hellem Sand, afrikanisch inspirierte Ornamente, Halmzeichnungen, Skulpturen aus Ästen und Zweigen, Moosmonster nach dem Vorbild prähistorischer Felszeichnungen, "Seelenkörbe" aus Weidenruten, sinnreiche Schneespuren, inszenierte Eisschollen, geheimnisvolle Linien, Steinkreise und Labyrinthe, oder eine Schlange aus roten Beeren. Diese folgt einer Anregung von André Hellers Publikation "Jagmandir". Man kann seinen Worten nur zustimmen, wenn er zum Buch "Zeit am Fluss" schreibt: "Meine Augen und meine Sinnlichkeit sagen 'danke."