Siegfried Hetz: Mit Macht und Pracht#
Siegfried Hetz: Mit Macht und Pracht. Burgen, Schlösser und Klöster im fürsterzbischöflichen Salzburg. Verlag Anton Pustet Salzburg 2018. 304 S., ill., € 45,-
Dieser Prachtband über Prachtbauten ist beeindruckend. Mit klugen Texten und ausdrucksstarken Bildern hat er das adäquate Format für sein Thema. Der Verlag Pustet und der Kulturjournalist Siegfried Hetz, Autor zahlreicher Reiseführer, hätten die 74 Sehenswürdigkeiten auch in ein kompaktes Taschenbuch verpacken können. Zu Recht haben sie sich aber für die repräsentative Variante entschieden.
"Prächtig baut, wer mächtig ist", stellt der Autor einleitend fest und erläutert die Phasen der knapp 600-jährigen Geschichte des eigenständigen Salzburger Kirchenstaates. 1803 befahl Napoleon die Auflösung der geistlichen Herrschaften. 1816 kam ein Teil des jahrhundertelang zwischen Österreich und Bayern hin- und hergerissenen Salzburg zum Kaisertum Österreich, der links der Salzach gelegene "Rupertiwinkel" zu Bayern. "Eine weitere wesentliche Zäsur fand statt, nachdem die Nationalsozialisten an die Herrschaft kamen und beides pervertierten: die Macht wie die Pracht", schreibt Siegfried Hetz.
Am Anfang stand die Burg. Am Übergang vom 10. zum 11. Jahrhundert hatten die herrschaftlichen Wohnsitze eine wehrhafte Funktion. Diese trat ab dem späten 15. Jahrhundert in den Hintergrund, doch die Bezeichnung "Schloss" verweist auf Distanz zu allem, was außerhalb der Schlossmauern lag. Herrenhaus oder Ansitz nannte man schlossähnliche Gebäude des niederen Adels. Nicht nur an bemerkenswerten profanen, sondern auch an sakralen Anlagen ist Salzburg reich. Der Autor erläutert die Unterschiede zwischen Abtei - in der Mönche oder Nonnen unter der Leitung eines Abtes oder einer Äbtissin leben - und Stift - meist von Königen, Herzögen oder begüterten Adelsfamilien - gestiftete Institutionen. Die Erzabtei St. Peter ist das älteste, kontinuierlich tätige Kloster im deutschen Sprachraum. Bischof Rupert gründete es anno 696. Seit 798 war der Abt von St. Peter in Personalunion Salzburger Erzbischof. Derzeit gehören 20 Mönche und 80 Angestellte zur Klostergemeinschaft.
Die Erzabtei St. Peter ist eine von 16 Sehenswürdigkeiten in der Stadt Salzburg, die Siegfried Hetz kenntnisreich beschreibt. Dem informativen Text und den großformatigen Fotos fügt er kurze Spezialkapitel bei, hier: "Ora et labora et lege. Die Erzabtei St. Peter ist in der Hauptsache ein Benediktinerkloster, in dem seit über 1200 Jahren nach den Regeln des hl. Benedikt von Nursia gelebt wird. Sie ist darüber hinaus ein Hort der Kunst und der Wissenschaft, ein kirchliches Zentrum und … ein Wirtschaftskörper. …"
Zwei Landkarten, eine der Stadt und eine der Umgebung bis hin nach Bayern und Osttirol, zeigen die Standorte der vorgestellten Objekte. Diese sind systematisch nach Gegenden gegliedert, wobei sich fast die meisten in Bayern befinden. Über die Jahrhunderte hinweg bestimmten das Salz und der Einfluss der Metropolitankirche Salzburg die Beziehungen. Mit Burghausen und Tittmoning werden zwei für Bayern und Salzburg wesentliche Burgen beschrieben. Das (immer bayerisch gewesene) Burghausen verfügt weltweit über eine der größten Burganlagen, sie erstreckt sich über einen Kilometer. Die "Königin aller Festungen" diente den mächtigen bayrischen Herzögen der Landshuter Linie als Wohnstatt. Hingegen war Tittmoning seit dem Mittelalter ein Bollwerk gegen die Bayern. Fürsterzbischof Markus Sittikus ließ die Grenzburg als Jagdschloss und Sommerresidenz umbauen. Die barocke Kapelle mit dem Altarbild von Johann Michael Rottmayr zählt zu den kunsthistorischen Highlights des Rupertiwinkels.
An Jagd- und Lustschlössern mangelt es auch dem Flachgau nicht. "Im Sog der Residenz" befinden sich höchst unterschiedliche Bauten. Schloss Anif im Süden der Stadt erinnert an ein englisches Wasserschloss im Tudor-Stil. 1838-1848 neogotisch umgebaut, gilt es als frühester und reinster Bau der Romantik im Land Salzburg. Architekt des im Westen der Stadt gelegenen Barockschlosses Kleßheim war Johann Bernhard Fischer von Erlach, der auch die Kollegienkirche, Dreifaltigkeitskirche und Ursulinenkirche plante. Dass das Schloss in der NS-Zeit als "Empfangssalon des Reiches" dienen sollte, fand den Gefallen Hitlers und Goebbels'. Seit 1992 ist die Casinos Austria AG eingemietet. Die vor kurzem abgeschlossene Renovierung brachte der Schlossfassade ihr ursprüngliches Aussehen zurück.
Im Tennengau hatte die Burg Golling eine wichtige Wach- und Schutzfunktion für den Pass Lueg. Da sie den Erzbischöfen strategisch wichtig schien, wurde sie immer wieder ausgebaut. Unter den Schlössern entlang der Salzach ragt Schloss Rif heraus. Der Gewerke und Pionier der Salzach-Schifffahrt Christoph Perner ließ es 1533, zur Blütezeit des Bergbaus, anlegen. Nach dem Konkurs des Unternehmers kaufte Fürsterzbischof Jakob von Khuen-Belasy das Anwesen und machte es zu einem feudalen Sommer-, Jagd- und Lustschloss. Seit 2003 gehört es, entsprechend adaptiert, zur Universität Salzburg.
Die Baugeschichte der Pongauer Profanbauten ist ebenfalls eng mit dem Bergbau verknüpft. Zwischen Hohenwerfen, Höch und Goldegg besuchte der Autor etliche Prachtbauten an Salzach und Enns. Er schreibt: "Die Schlösser Goldegg, Schernberg, Höch in der Flachau, Tandalier in Radstadt und das Weitmoser Schlössl im Gasteiner Tal wurden entweder von Gewerken erbaut oder in die Form gebracht, wie wir die Gebäude heute kennen. Der markanteste Bau ist zweifellos das hufeisenförmig angelegte Renaissanceschloss Höch." Vorbildlich saniert, wurde es zum Kultur- und Veranstaltungszentrum.
Im Lungau, der "strategisch wichtigen Einöde", werden drei einstige Grenz- und Mautburgen vorgestellt: Burg Finstergrün, Burg Mauterndorf und Schloss Moosham. Nach der Auflösung des Kirchenstaates Salzburg wurden sie dem Verfall preisgegeben, doch schließlich durch vermögende Persönlichkeiten gerettet.
Die Pinzgauer Profanbauten zeichnen sich durch besondere Vielfalt aus. Schloss Grubhof in St. Martin bei Lofer präsentiert sich als historistische Villa vor den schroffen Felsen der nordöstlichen Kalkalpen. "Ein bisschen Hollywood an der Saalach", meint der Verfasser. Schloss Mittersill charakterisiert er "zwischen Absturz, Glanz und Glamour". Mit dem letzten Kapitel überschreitet er die Bundesländergrenzen und führt die faszinierten Leser "über die Tauern und hinter den Pass" nach Nord- und Osttirol. Auch hier befanden sich Salzburger Besitzungen: Schloss Itter, 902 erstmals urkundlich erwähnt, Schloss Lengberg, nun von einem sozialen Verein genützt, und Schloss Weißenstein in Matrei, dessen Besitzer einst über umfassende Hoheitsrechte verfügte.
"Burgen, Schlösser und Klöster zu präsentieren, heißt immer auch, an Mauern zu klopfen, sie zu überwinden und zum Öffnen - in unserem Fall zum Erzählen zu bringen. Wenn Mauern sprechen könnten, was hätten sie uns nicht alles zu berichten. … Die beschriebenen Profanbauten - die Klöster eingeschlossen - prägen die Landschaft und repräsentieren das große kulturelle Erbe des Landes. Gleichzeitig sind sie für viele Menschen aber auch intime Orte, die mit sehr unterschiedlichen persönlichen Erinnerungen gefüllt sind. Mauern können aber auch schweigen." Dem Schlusswort des Autors ist eigentlich nichts hinzuzufügen, außer dem Dank, dass er diese Schätze dem lesenden Publikum in so großartiger Weise erschlossen hat.