Erich Wonka: Der Donauraum von Klosterneuburg und Korneuburg bis Wien#
Erich Wonka: Der Donauraum von Klosterneuburg und Korneuburg bis Wien
Ein Bild– und Kartenband der Siedlungsausdehnung von der Urgeschichte bis in die Gegenwart und ihre Auswirkungen auf die Landschaft. Verlag Berger, Horn. 128 S., ill., € 25,-
Es ist ein mutiges Unterfangen, die Geschichte einer Region während 17 Millionen Jahren in einem Buch darzustellen. Erich Wonka - er war als Klosterneuburger Gemeinderat für Bau und Stadtentwicklung zuständig - hat es gewagt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Das atlasartige Werk ist übersichtlich gegliedert, mit klaren Texten, vielen Zeichnungen, Fotos, Plänen und Grafiken versehen. Besondere Erwähnung verdienen die Karten zur Siedlungsgeschichte. Der Autor hat sie, automationsunterstützt, auf der Grundlage der topographischen Karten, für dieses Buch erstellt.
Der erste Teil erzählt, "Wie die Donau nach Wien kam" und von ihrem Verlauf durch die Erdzeitalter seit dem Karpatium (vor 17 Mio. Jahren). Die folgende Chronologie behandelt die Urgeschichte. Seit der Bronzezeit überschritten Händler mit ihren Waren den Strom über eine Furt zwischen Klosterneuburg und Korneuburg. 80 n. Chr. entstand in Klosterneuburg auf der Stiftsterrasse ein römisches Kastell, die Zivilbevölkerung lebte südlich davon im Lagerdorf. Rekonstruktionen zeigen, wie diese Siedlungen ausgesehen haben könnten. Das Wiener Legionslager bestand bereits seit dem Jahr 70. Ab dem Kapitel "Frühmittelalter" behandelt das Buch nach einer allgemeinen Einführung die Entwicklung der einzelnen Städte des Donauabschnitts: Klosterneuburg, Korneuburg, Langenzersdorf, Wien (später auch Kahlenbergerdorf). Ab der Neuzeit sind die Kapitel bis zur Gegenwart in Zeitabschnitte von etwa 100 Jahren geteilt. Die Überblickskarten zu Beginn jeder Epoche zeigen die damalige Größe Österreichs, wobei auch die heutigen Staatsgrenzen eingezeichnet sind.
Der zweite Teil befasst sich mit aktuellen Sachthemen wie Siedlungsdruck von Wien auf das Umland, Zweitwohnsitze, Landschaftsschutzgebiete oder Straßenverkehr. Dramatisch zeigen die Karten die Veränderung. Am Beispiel Klosterneuburgs wird sie besonders deutlich. Um 1930 war das Siedlungsgebiet nicht groß. Bei der Umwidmung von Grünland in Bauland ging der Gemeinderat damals großzügig vor. Spätere Rückwidmungen waren gering. Heute gibt es nur sehr wenige unverbaute Baulandflächen.
Abschließend steht wieder die Donau im Mittelpunkt. "Kein Strom Europas vermag eine derart weit in die Vorzeit zurückreichende Geschichte der Schifffahrt aufzuweisen wie die Donau. So diente sie in frühgeschichtlicher Zeit als Transportweg", schreibt Erich Wonka und erinnert daran, dass bis ins Mittelalter meist nur talwärts fahrende Schiffe, Flöße, Plätten und Zillen unterwegs waren. Stromaufwärts wurden sie von Menschen oder Pferden gezogen. Ein Schiffszug mit 40 bis 60 Rössern, die auf dem Treppelweg gingen, schaffte 20 bis 30 km am Tag. Seit dem 16. Jahrhundert war Nussdorf ein wichtiger Hafen. Hier wurden die Waren auf kleinere Schiffe oder Wagen umgeladen, weil die Schifffahrtsrinne des Wiener Arms sehr schmal war. Dampfschiffe verkehrten seit den 1830er Jahren. Ihre Anlegestelle war beim Gänsehäufel. Die Stromlandschaft veränderte sich ständig. Hochwässer, Eisstöße und Trockenperioden veränderten den Lauf des unberechenbaren Flusses. Nach der Donauregulierung (1870 bis 1875) ging die Hochwasserbedrohung wesentlich zurück. Am linken Ufer legte man ein Überschwemmungsgebiet an und sicherte es durch den Hubertusdamm. Das ehemalige Hauptbett wurde als "alte Donau" zum Erholungsgebiet mit Bädern und Rudervereinen.
Der unregulierte Strom war nicht nur für den Handel wichtig, sondern auch eine Lebensader der Müller und Fischer. Schiffsmühlen, bei denen sich das Wasserrad und das Mühlhaus auf einem Schiff befanden, sind seit dem 12. Jahrhundert nachgewiesen. Vor allem im 18. Jahrhundert bis zur Donauregulierung ankerten zahlreiche davon an den Ufern. Sie verarbeiteten das Getreide aus der Kornkammer Marchfeld und versorgten die Wiener Bevölkerung mit Mehl. Seit dem 11. Jahrhundert bildeten die Donauschiffer einen wichtigen Berufsstand. Die Bewohner der Fischerdörfer (z.B. Oberer Werd - Rossau im 9. Bezirk) betrieben Daubelfischerei. Von vertäuten Kähnen senkten sie über Seilrollen ihre Netze tief in das Wasser. Der älteste bekannte Fischmarkt befand sich im 13. Jahrhundert beim Fischhof in der Stadt. 1904 eröffnete der Zentralfischmarkt am rechten Donaukanalufer bei der Salztorbrücke.
Brücken gab es im Wiener Raum seit dem 15. Jahrhundert, zunächst waren es vier Holzkonstruktionen: Die Wolfbrücke (Nähe Floridsdorfer Brücke), die Lange und die Kleine Brücke (beim Augarten) und die Schlagbrücke (Nähe Schwedenbrücke). Auch das vorliegende Buch schlägt Brücken, zwischen den Epochen, Wien und dem Umland, Naturräumen und Zivilisation.