Wir freuen uns über jede Rückmeldung. Ihre Botschaft geht vollkommen anonym nur an das Administrator Team. Danke fürs Mitmachen, das zur Verbesserung des Systems oder der Inhalte beitragen kann. ACHTUNG: Wir können an Sie nur eine Antwort senden, wenn Sie ihre Mail Adresse mitschicken, die wir sonst nicht kennen!
unbekannter Gast

Beppo Beyerl - Thomas Hofmann: Wien entdecken mit der Bim#

Bild 'Beyerl'

Beppo Beyerl - Thomas Hofmann: Wien entdecken mit der Bim. Styria Verlag Wien 2019. 176 S., ill., € 21,-

Mit 172 km hat Wien das sechstgrößte Straßenbahnnetz der Welt. Die meisten Städte im Vergleich (Melbourne, Sankt Petersburg, Sofia, Berlin und Moskau) sind allerdings größer als Wien. Rund 400 Straßenbahnen von 30 Linien sind täglich zu 1000 Haltestellen unterwegs. 1865 verkehrte die erste Pferdestraßenbahn zwischen Schottenring und Dornbach. In der Pionierzeit bedienten mehrere Firmen verschiedene Strecken, die Bürgermeister Karl Lueger 1902 kommunalisierte. Im alten Wien nannte man die Straßenbahnen "Tramway" oder "Elektrische" - seit 1897, als man mit Strom fuhr. "Bim" ist seit den 1970er Jahren eine lautmalende umgangssprachliche Bezeichnung.

Der Schriftsteller Beppo Beyerl und der Bibliothekar Thomas Hofmann, beide produktive Viennensia-Autoren, folgen mit ihrem Straßenbahn-Reiseführer einem einfachen Konzept: "Einsteigen, abfahren und aus dem Fenster schauen!" Dabei sehen sie und ihre imaginären Reisegefährten viel Bekanntes und Unbekanntes. Wie bei der raschen Tramwayfahrt kann das Erblickte nur kurz betrachtet werden, aber gerade das macht neugierig, das Wissen über frisch Entdecktes zu vertiefen. Als "schönste Fahrt" bezeichnen die Autoren ihre Tour mit dem D-Wagen: "Auf der Strecke, die über die Ringstraße führt, liegen die geschichtsträchtigsten Orte des Landes." In einer knappen dreiviertel Stunde erkennt man zwischen Hauptbahnhof und Nussdorfer Heurigen unter anderem das "Belvedere 21" (früher Zwanzigerhaus), Belvedere, Hochstrahlbrunnen, die Highlights der Ringstraßenarchitektur und der Siebzigerjahre, wie das jetzt Althan Quartier genannte Viertel um den Franz-Josefs-Bahnhof und die "von Friedensreich Hundertwasser behübschte Müllverbrennungsanlage" Spittelau. Am 1 km langen Karl-Marx-Hof vorbei, hat man das Ziel, den Heurigenort Nussdorf, bald erreicht.

Die Linie D ist neben dem O-Wagen die einzige mit einer Buchstabenbezeichnung, wie sie für die Durchgangslinien bestimmt waren. Einst gab es auch noch E2, G2 und H2 und J - aber für zu viel Geschichte ist auf der raschen Fahrt kein Platz. Erklärt wird das früher ausgeklügelte System der Tangentiallinien (die Linien 1 bis 20 führten annähernd kreisförmig um das Stadtzentrum) und der Radiallinien, die meist von der Ringstra0e ausgehend, die Peripherie erschlossen und ab Nummer 21 bezeichnet wurden. Einige Nummern fehlen, weil man die geplanten Strecken nicht baute.

Jedes der 29 Kapitel, die eine Linie beschreiben, beginnt mit einer Grafik, die an einen Fahrplan erinnert. Sie informiert über die Zahl der Stationen, Fahrtdauer, Streckenlänge, erste Fahrt und Beginn der derzeitigen Streckenführung. Die längste Linie ist der 6er, seit 2012 überwindet er fast 15 km Distanz zwischen der Hauptbücherei und Kaiser-Ebersdorf. Die kürzeste (O) ist rund halb so lang, beginnt auf dem Praterstern und endet auf dem Wienerberg. Mit der Fertigstellung des Stadtentwicklungsgebiets Nordbahnviertel wird sie dort starten. Umschichtungen in der Stadtstruktur haben schon bisher zu Veränderungen geführt, wie beim 26er, der seit 2013 bis zur U-Bahn in Hirschstetten verkehrt. Die älteste Straßenbahnlinie, der 5er, wurde 1897 als erster elektriiziert und befährt fast noch die damalige Route.

"Der 5er repräsentiert die klassische transversale Bahnhofslinie" - vom Westbahnhof, vorbei am Franz-Josefs-Bahnhof, zum Praterstern. Hier finde man, meinen die Autoren, gut einen Sitzplatz. An Sehenswürdigkeiten nennen sie u. a. das ehemalige Kaufhaus Stafa, Volkskundemuseum, Uni-Campus Altes AKH, Schubertbrunnen, Friedensbrücke, das alte Mauthaus und die Kirchen am Tabor. Was kann man sonst noch alles sehen, wenn man aus den Fenstern der diversen Linien blickt? Gemeindebauten des Roten Wien und moderne Architektur, Denkmäler und Kunstwerke, Parkanlagen und Kaffeehäuser, Fabriken und Abbruchobjekte, Theater und Museen, und, und, und … Schließlich gilt auch für die Passagiere, was die Autoren für die Ausblicke versprechen: "Eine unterhaltsame Begegnung mit dem echten, unverfälschten Wien, wie es in dieser Intensität sonst nicht möglich ist."



hmw