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Suzie Wong und Thomas Mießgang (Hg.): Griaß eich die Madln, servas die Buam!#

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Suzie Wong und Thomas Mießgang (Hg.): Griaß eich die Madln, servas die Buam! Das Phänomen Heinz Conrads – Conférencier, Schauspieler, Medienstar. Wienbibliothek im Rathaus - Residenz Verlag Wien. 312 S., ill., € 29,90

Vor 35 Jahren ist der Schauspieler Heinz Conrads (1913-1986) verstorben. Für die Wienbibliothek, die einen Teilnachlass verwahrt, ist dies der Anlass für eine Ausstellung und ein Buch - der erste Versuch, die Karriere einer in Österreich zeitweise nahezu omnipräsenten Medienfigur mit wissenschaftlichem Anspruch mentalitätsgeschichtlich, historisch und kulturell einzuordnen. Der Titel spielt auf die fast sprichwörtlich gewordene Begrüßung seiner Sonntagmorgensendung an. Dieser lautete allerdings etwas anders: Guten Morgen, meine Damen, guten Morgen, meine Herren, guten Morgen die Madln, servas die Buam.

Mehr als 15 AutorInnen haben 21 Kapitel zu dem stattlichen, reich illustrierten Band beigetragen. Darin finden sich freundliche Charakterisierungen wie "Fast-Nationalheiligtum", "Herz-Spezialist", "Ikone der Unterhaltung", "Mann der Mäßigung und der edlen Einfalt", "Medienphänomen", "Milde lächelnder Patriarch", "Publikumsliebling", "Regionalgigant", "ungekrönter televisionärer Regent" oder "vermarktbare Universal-Prominenz". In einzelnen Kapiteln und besonders bei den Kommentaren im Anhang findet aber auch Kritisches Platz: "brillantiniertes Idol", "grauenvoll - wie ein eingerextes Marillenkompott, dem man zu viel Operette vorgespielt hat".

Als im Februar 1946 Heinz Conrads' Sendung "Was machen wir heute" (später "Was gibt es Neues") vom russisch dominierten Sender Radio Wien gespielt wurde, stand Österreich unter der Kontrolle der vier Besatzungsmächte, die Manuskripte wurden zensuriert. Für eine verunsicherte Nachkriegsgeneration sollte ein neues Österreichbewusstsein geschaffen werden. Niemand konnte das besser als Conrads, der Chronist des Alltags mit Wiener Schmäh. Politik wurde ausgeklammert, korrekt, sauber, nicht ordinär und frei von Sex war die Zielrichtung. Der Entertainer, der auf ein breites Stammpublikum zählen konnte, garanierte Stabilität und Optimismus. "Was gibt es Neues" ereichte meist über eine Million HörerInnen und fand als "am längsten existierende Radioshow der Welt" Aufnahme in das Guinness-Buch der Rekorde. Dennoch scheint der "Girardi des 20. Jahrhunderts" heutzutage fast vergessen.Jüngere Leute, die nach 1980 geboren wurden, haben bestenfalls schattenhafte Vorstellungen von seinem Wirken und seinem Einfluss, die Millenials wissen nicht einmal mehr, wer er war.

Heinrich Hansal wuchs als uneheliches Kind bei einer Pflegefamilie in Niederösterreich auf. Als er sieben Jahre alt war, heiratete seine Mutter Marie Hansal, eine Weißnäherin aus Böhmen, den aus Deutschland stammenden Modelltischler Heinrich Conrads. Die plötzliche Namensändderung war für den Volksschüler schwer zu verkraften. Später sollte er den Beruf seines Vaters ergreifen und legte 1931 in dessen Firma die Gesellenprüfung ab. In dem ungeliebten und für ihn ungeeigneten Beruf sah er keine Zukunft. Auch seine schauspielerischen und musikalischen Talente mussten zunächst zurückstehen. In der Hoffnung auf einen sicheren Job wurde Heinrich Conrads jun. 1933 Funker beim Telegraphenbataillon Nr. 2 in der Meidlinger Kaserne. 1939 erkrankte er an der Polnischen Front und wurde nach Wien zurückgeschickt. Überliefert ist seine Tätigkeit als Conférencier und Organisator von Festen und bunten Kompanieabenden in den Kasernen während des Zweiten Weltkrieges. Conrads performte Quodlibets, Parodien und Persiflagen, die ihm sehr viel Zuspruch und Sympathie eintrugen, schreibt die Herausgeberin Suzie Wong. Nach der Schauspielausbildung, die ihm der Kamerad und spätere Bühnenpartner Heinz Sandauer vermittelte, bestand er 1942 die Reifeprüfung für den Bühnenberuf mit "Sehr gut". Rasch erhielt Conrads sein erstes Engagement am Wiener Stadttheater, wo er in 500 Vorstellungen auftrat. Obwohl er auf der Bühne und im Film gut beschäftigt war, gehörte er nie zu den ganz großen Namen im Schauspielfach. Seine Position als unangefochtener Medienstar erwarb er nicht auf den Brettern, die die Welt bedeuten, sondern vor Rundfunkmikrophonen und Fernsehkameras.

Heinz Conrads moderierte Modeschauen und Hausfrauennachmittage, agierte als Quizmaster bei "Fass das Glück", der ersten Radio-Werbesendung beim Sender Rot-Weiß-Rot, trat bei den Salzburger Festspielen, den Mörbischer Operettenfestspielen auf und mimte und in der Staatsoper den "Frosch" in der "Fledermaus". Diese Rolle verkörperte er 126 mal in der WienerVolksoper, deren Enemblemitglied er 1973 wurde. Dazu kamen Engagements in Heimatfilmen, Schallplattenaufnahmen, Fernsehproduktionen und Werbefilmen für die Stadt Wien. Bis 1955 spielte Conrads im Theaterkabarett Simplicissimus bei Karl Farkas mit Hugo Wiener, Cissy Kraner und Fritz Muliar. "Nicht leichten Herzens" nahm das Multitalent Abschied vom Kabarett, um sich seinen anderen Aufgaben zu widmen.

Untrennbar mit Heinz Conrads verbunden ist die Radiosendung "Was gibt es Neues". 1946 bis 1986 produzierte er jeden (!) Sonntag von 8.15 bis 9 Uhr eine unterhaltsame Morgenplauderei in Radio Wien, deren Konzept sich im Lauf der Jahrzehnte kaum änderte: Er schrieb die Texte (10 Seiten) und trug sie, wie auch drei Couplets oder Wienerlieder vor. Heinz Sandauer (später andere "Professoren am Geflügel" wie Gustl Zelibor, Carl de Groof, Herbert Seiter oder Norbert Pawlicki) spielte zwei Musikstücke, dazu kamen drei Auftritte von Studiogästen. Ab 1959 fand "Was gibt es Neues ?" vor Publikum statt. Bei der Einführung des Fernsehens war Heinz Conrads mit "Guten Abend am Samstag" sein erster Star. Der langjährige Redakteur Günter Tolar erinnert sich, dass Generalintendant Gerd Bacher 1966 die populäre Fernsehsendung abschaffen wollte, aber am Widerstand des Publikums scheiterte. Angesichts der Rekordzuseherzahlen wäre dies auch unklug gewesen. Im Laufe seines Lebens bestritt Conrads rund 1600 Fernsehsendungen und rund 3000 Radiosendungen und er schaffte es, rund 40 Jahre lang der Publikumsliebling Nummer 1 in Österreich zu bleiben - zumindest, was das Unterhaltungsgeschäft betraf.

hmw