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Richard Hübl: Heimatkunde Tulln#

Bild 'Tulln HK'

Richard Hübl: Heimatkunde Tulln - Mitteilungen XXXV, Hg. Heimatkundlicher Arbeitskreis für die Stadt und den Bezirk Tulln. Verlag Berger Horn. 56 S., ill., € 20,-

Es ist noch nicht lange her, dass die Stadt Tulln in Niederösterreich ihr 750-Jahr-Jubiläum feierte. Zu diesem Anlass gab sie das fast 500-seitige Buch Tulln, Monumente einer Stadt heraus. Und schon ist die nächste Publikation erscheinen, die bereits 35. Mitteilungen des Heimatkundlichen Arbeitskreises für die Stadt und den Bezirk Tulln. Der seit 1987 bestehende Verein erforscht die Geschichte der Region und veröffentlicht die Ergebnisse. Seit der Gründung ist Richard Hübl sein aktiver Obmann. Für die jüngste Publikation hat er alle fünf Beiträge verfasst.

Von der Urdonau bis zum Fliegerhorst reicht das Themenspektrum des reich illustrierten Bandes. Unter Urdonau (zuweilen auch "Vordonau") wird ein ca. 400 km langes und bis 14 km breites Flusssystem der Tertiärzeit (ca. 11 Millionen bis 5 Millionen Jahre vor heute) … verstanden, das sich von Bayern bis Niederösterreich erstreckte, wo es bei Mistelbach in das Restmeer de "Pannon-Sees" im Wiener Becken/Ungarn mündete. Gut sichtbar ist das Schotterhügelland der Urdonau zwischen Hadersdorf am Kamp und Mistelbach an der Zaya, mit der höchsten Erhebung, dem 411 m hohen Haberg südlich von Hollabrunn. Fotos und Karten verdeutlichen den Text .

Auf bronzezeitliche Gräber und römische Mauerreste stieß man in Fels am Wagram, Luftbildauswertungen bestätigten die Existenz eines römischen Marschlagers. Es befand sich an Stelle des Fliegerhorstes Fels am Wagram (1938-1945), welcher der Wehrmacht zur Ausbildung von Militärpiloten diente. Er bestand aus dem 140 ha großen Flugplatz südwestlich des Ortes und einem 20 ha großen Barackenlager für 1000 Personen. Der Flugplatz war nur mit den nötigsten Einrichtungen ausgestattet, schreibt der Autor, erwähnt aber auch Ställe für 1000 Angorahasen zur Wollgewinnung und ein Kino, das für die Ortsbevölkerung zugänglich war. Nach dem Staatsvertrag kamen die Pachtflächen 1957 an die Besitzer zurück, wobei die Flächen des Flugplatzes wieder als Äcker genutzt und jene des Ausbildungslagers - wo seit 1972 die Umfahrung von Fels am Wagram (Bundesstraße 43) durchführt - im Süden verbaut wurden.

In Postkurse in Niederösterreich vor 1843, speziell im heutigen Bezirk Tulln beschäftigt sich Richard Hübl mit der Entwicklung der Brief- und Personenbeförderung seit 1490. Damals beauftragte der spätere Kaiser Maximiian I. die Familie Taxis mit der Einrichtung einer regelmäßigen Nachrichtenstafette von seiner Innsbrucker Residenz in die burgundischen Niederlande. Das Zeitalter der Reitpost dauerte bis etwa 1730. In diese Ära fällt der Postritt Josephs I. von Tulln nach Wien anno 1699. Er empfing seine Braut in Tulln und führte sie, begleitet von 117 Postillionen, nach Wien. Zahlreiche Bilder und Karten illustrieren die Postkurse der Reitpost und der Fahrpost (ca. 1730 bis 1843). 1724 ordnete Kaiser Karl VI. den Ausbau von fünf Poststraßen zu befestigten "Reichsstraßen" (auch Kaiser- oder Kommerzialhauptstraßen genannt) an. Sie waren sechs bis zehn Meter breit. An ihnen lagen alle 15 bis 20 km Postsammel- und Verteilerstellen, Einkehrgasthäuser und Einrichtungen zum Wechseln der Pferde für die Postkutschen. Die Reisegeschwindigkeit lag bei drei bis zehn km/h, die Tagesleistung bei 20 bis 120 km. Posthäuser befanden sich u. a. in Tulln, Sieghartskirchen, Großweikersdorf, Gneixendorf und Klosterneuburg.

Die Stadtgemeinde Klosterneuburg zählt seit 2017 zum Verwaltungsbezirk Tulln. So fällt auch das berühmte und geschichtsträchtige Martinschlössl in den Interessensbereich des Autors. Er verfasste eine historische und baugeschichtliche Abhandlung über die Besitzung, die im Stadtteil St. Martin 15.500 m² umfasst. 1785 entstand eine spätbarocke, zweigeschossige Anlage. Sie hatte eine Reihe prominenter Besitzer. Der erste war Wihelm Freiherr von Ripke. Er errichtete im Auftrag Maria Theresias die Schiffswerft Klosterneuburg, wo die erste hochseetaugliche Donaufregatte ("Theresia") gebaut wurde. Als der norddeutsche Offizier den Auftrag erhielt, in Klosterneuburg ein Pionierbataillon aufzustellen, ließ er sich hier nieder. Die nächste Ära - "Gredler-Oxenbauer" dauerte von 1843 bis 1920. Der Hofadvokat und Politiker Andreas Gredler vererbte das Haus seiner Tochter. Wilhelmine Oxenbauer ließ es 1871 schlossartig ausbauen. 1920 kaufte es Alice Gräfin Hoyos. Sie war die Tochter des britischen Unternehmers Robert Whitehead, des Erfinders der Torpedos. Hoyos gab das Schlössl an ihren Neffen, Robert Whitehead jun. weiter. Dessen Schwester Agathe heiratete den Marineoffizier Georg Ritter von Trapp. Das Ehepaar hatte sieben Kinder, die den Kern der singenden "Trapp-Familie" bildeten. 1962 bis 1987 war das Schlössl als Luxushotel "Martinsschloss", ein Treffpunkt der Prominenz. Die derzeitige Besitzerin, Louise Kiesling erwarb den Besitz 2010 und ließ ihn generalsanieren. Die Kunsthistorikerin gehört als Enkelin von Ferdinand Porsche und Nichte von Ferdinand Piech zum engsten Kreis der Autobauer-Famile Porsche-Piech, und ist unter anderem einflussreiches Mitglied im Aufsichtsrat des Volkswagen-Konzerns.

Der letzte, kurze Beitrag ist dem Architekten Leopold Ernst (1808-1862) gewidmet. Der Schüler von Pietro Nobile und Dombaumeister von St. Stephan in Wien zählt zu den bedeutendsten österreichischen Architekten des 19. Jahrhunderts. … Er konnte sich insbesondere durch den neugotischen Ausbau des Schlosses Grafenegg und durch die Gestaltung des Herrn-, Ritter- und Prälatensaales im Niederösterreichischen Landhaus profilieren. Auch der mit 61 m dritthöchste Kirchturm des Landes, in Großweikersdorf, ist sein Werk.

hmw