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Eduard Hochbichler - Werner Meisinger (Hg.): Der Alpenwald#

Bild 'Alpenwald'

Eduard Hochbichler - Werner Meisinger (Hg.): Der Alpenwald. Eine Natur- und Kulturbeschreibung aus 20 Perspektiven. Benevento Verlag Salzburg. 408 S., ill., € 78,-

Über die Alpen gibt es viele Bücher, ebenso über den Wald. Aber dieses Werk über den "Alpenwald" ist einzigartig. In hochwertiger Ausstattung vereint es kompetente Texte von 15 AutorInnen, bestechend stimmungsvolle Fotos, informative Grafiken und Karten. Das Konzept entwickelten Eduard Hochbichler - er lehrt an der Universität für Bodenkultur im Bereich nachhaltiger Waldwirtschaft -, Zeitschriften-Chefredakteur Werner Meisinger und der Journalist Christoph Loidl. Die ansprechenden Grafiken stammen von den Architekten Lisa Mattanovich und Marius Nechvile. Zoran Trailovic von der Universität für Bodenkultur hat die Daten für die Karten vorbereitet. Der Designer und Fotograf Georg Kukuvec übernahm die Bildredaktion. Man merkt dem Werk an, dass die Gestaltung für Alex Stieg eine "Herzensangelegenheit" war, die er qualitätvoll umgesetzt hat. Nachdem einige der Beteiligten bereits Auszeichnungen für ihre Arbeiten erhalten haben, wäre hier die nächste Nominierung fällig.

Die Alpen, das zentrale Gebirge Mitteleuropas, umfassen eine Fläche von 190 700 km². Der Naturraum ist damit mehr als doppelt so groß wie Österreich, das unter den acht Staaten über den größten Anteil (28,7 %) verfügt. Die anderen sind Italien (27,2 %), Frankreich (21,4 %), Schweiz (13,2 %), Deutschland (5,8 %), Slowenien (3,6 %), Liechtenstein (0,08 %) und Monaco (0,001 %). 14 Millionen Einwohner leben in mehr als 5 000 Alpengemeinden. Das Gebirge erstreckt sich über 1 200 km und ist bis zu 300 km breit Die höchste Erhebung, der Mont Blanc, misst 4 809 m. Fast die Hälfte der Alpen (87 000 km²) ist bewaldet. Die Waldanteile reichen von 30 % in der Schweiz bis 68 % in Slowenien. In Österreich sind es rund 50 %. Bei den Waldbestandstypen lassen sich im gesamten Gebiet rund je ein Viertel Laubwald und Mischwald, sowie die Hälfte Nadelwald unterscheiden. Die überwiegenden Baumarten sind Fichte (49,5 %) und Buche (12,8 %).

Ein Hauptkapitel des faszinierenden Buches widmet sich den prägenden Baumarten des Alpenwaldes. Texte, Grafiken und Fotos stellen die Besonderheiten von Bergahorn, Bergkiefer, Edelkastanie, Esche, Fichte, Flaumeiche, Grünerle, Hopfenbuche, Lärche, Latsche, Rotbuche, Schwarzkiefer, Steineiche, Stieleiche, Traubeneiche, Tanne, Waldkiefer und Zirbe vor. Je nach Klima und Standort bilden sich Waldgesellschaften, die typisch für die verschiedenen Höhenstufen sind. Dabei ist alles in Bewegung und in der nahen Zukunft wird bezüglich der Waldgesellschaften deutlich mehr passieren als in der Zeit zwischen heute und der mittelalterlichen Warmzeit im ausgehenden 1. Jahrtausend. Von Waldgesellschaften im Klimawandel weiß man: Bei einem Temperaturanstieg von 2 bis 4 Grad Celsius verschieben sich die klimatischen Wachstumsbedingungen um 300 bis 700 Meter nach oben. Wälder sind auch der Lebensraum von Wildtieren wie Auerhahn, Rothirsch, Wintergoldhähnchen, Siebenschläfer, Baummarder und Schwarzspecht. Der Wald ist eine Konfliktzone. Menschen und Wildtiere sind darin als Parteien mit unterschiedlichen Interessen vertreten. Dies fällt besonders beim Alpintourismus auf, der meint,mit immer neuen Attraktionen aufwarten zu müssen.

Seit Jahrhunderten ist der Wald ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Da mehrere Autoren Forstfachleute sind, nimmt diese Thematik breiten Raum ein. So zeigt der Herausgeber Eduard Hochbichler die "Nutzung im Wandel" auf. Er schreibt, dass die Menschen seit 10000 Jahren die Landschaft der Alpen entscheidend verändern.Die Dimension des Holzbedarfs durch Bergbauunternehmungen war enorm. Beispielsweise waren für die Gewinnung von einer Tonne Salz rund sieben Festmeter Holz verschiedener Sorten erforderlich. … Neben dem Bergbau hatten auch Faktoren wie Waldweide, Streunutzung, Scheitelung und die Ausdehnung der Almflächen eine "Übernutzung" der Landschaft zur Folge. Jäger und Heger achten auf das Gleichgewicht. In 13 Nationalparks im Alpenraum steht die Natur unter Schutz. Langsam erkennt man Wege zur nachhaltigen Forstwirtschaft. Man entsinnt sich der Holzbringung mit Pferden oder transportiert die Stämme schonend mit Seilbahnen.

Architekten schaffen mit Hölz exzellenten modernen Wohnraum. Es wird zum "Rohstoff für Wohlbefinden". Instrumentenbauer finden im Alpenwald klangvolle Hölzer. Das "Wissen um die Haselfichte als Klangholz" steht seit 2011 auf der UNESCO-Liste des Immateriellen Kulturerbes. Gleichzeitig kamen die Köhlerei und die Pecherei auf die Liste. Pecher entziehen Nadelbäumen ihren Lebenssaft um das Harz als wertvollen Rohstoff und Heilmittel nutzbar zu machen. Dass früher auf einen Waldarbeiter 5 000 Bäume kamen, die er zweimal in der Woche bearbeiten musste, gilt heute als Raubbau - und es gibt nur noch wenige Pecher.

Ein Kapitel ist der Geschichte und Gegenwart der Alpenwälder gewidmet. Seit der letzten Eiszeit herrschen hier Temperaturen, in denen sich Bäume gut entwickeln können. Die Niederschlagsmengen des Alpenbogens von Nizza bis Wien begünstigen das Wachstum. Der Wald ist Lebensraum, Ressource, Schutz, Speicher und Erholungsraum. In jüngster Zeit rücken Biodiversität und Aspekte der Umwelt und Gesundheit in den Mittelpunkt des Interesses. Der Wienerwald bedeckt eine Fläche von 64.000 Hektar und besteht vorwiegend aus Buchen und Eichen. Diese produzieren pro Jahr circa 716 800 Tonnen Sauerstoff, also etwa genau so viel, wie die 2 Millionen Bewohner Wiens zum Atmen brauchen. "Shinrin yoku", die kontemplative Nutzung des Waldes, erobert, von Japan kommend, Europa. Studien belegen die gesundheitsfördernde Wirkung des "Waldbadens". Offensichtlich verstärkt der Waldaufenthalt die Fähigkeit des Körpers zur Regeneration, ähnlich wie dies der Schlaf tut.

hmw