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Ingrid Koch und Claus Hamberger (Hg.): St. Mauritius zu Spitz#

Bild 'Spitz'

Ingrid Koch und Claus Hamberger (Hg.): St. Mauritius zu Spitz. Geschichte und Geschichten der Pfarrkirche. Katholisches Bildungswerk Spitz. 256 S., ill., € 36,-

Es ist immer zu bewundern, wenn "Laien" ein Buchprojekt verwirklichen. Sie investieren viel Begeisterung und Engagement, doch oft fehlt es an Professionalität und wissenschaftlicher Zugangsweise. Letzteres ist beim vorliegenden Bild-Text-Band ganz anders. Hier gilt dem Herausgeberteam nur die Bewunderung. Das Werk bietet eine gelungene Mischung aus Wissenswertem und Unterhaltsamem über die Spitzer Kirche. Ihre Innenrestaurierung gab den Anlass zum Erscheinen des Buches, dessen Erlös für die Fortsetzung der Arbeiten bestimmt ist.

Ingrid Koch (Idee und Koordination) und Claus Hamberger (Redaktion und Konzeption) ist die Herausgabe eines ebenso schönen wie interessanten Buches gelungen. Sie schreiben einleitend: Aus einer anfangs bewusst nicht allzu weit gefassten Konzeption entwickelte sich nach und nach eine spannende kulturgeschichtliche Entdeckungsreise, die den Umfang des Buchprojekts ständig anwachsen ließ. Letztlich haben sich 26 Autorinnen und Autoren auf unsere Einladung hin dem Thema "St. Mauritius in Spitz" aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln genähert. Literarische Beiträge, zahlreiche historische und aktuelle Illustrationen ergänzen die Fachartikel.

Den in diesem Fall "grüne Faden" (im perfekten Layout von Waltergrafik, Langschlag, farblich hervorgehoben) bilden Anekdoten und Geschichten aus dem Pfarrleben. Der Herausgeber Claus Hamberger, Pädagoge, Vereinsvorstand des Wachau-Chores und Museumsleiter, hat sie aus erzählten Erinnerungen und schriftlichen Quellen ausgewählt und redigiert. In sechs Abschnitten gliedern die Merkwürdigkeiten aus früheren Jahrhunderten die Fülle der Fachartikel. So liest man Unterhaltsames aus dem Alltagsleben in der Pfarre, während sich die historischen Expertenbeiträge anfangs mit Pfarre und Propstei im Mittelalter und der frühen Neuzeit, im konfessionellen Zeitalter und im Barock beschäftigen. Sie beleuchten u. a. die Beziehungen zwischen Herrschaft, Stift und Markt, den Erlahof und das in Österreich seltene Patronat St. Mauritius. Dem Märtyrer ist auch das bayerische Benediktinerkloster Niederaltaich geweiht. 812 schenkte Kaiser Karl der Große das Locus Wahova, die Wachau, der kolonisatorisch tätigen Abtei. Vermutlich 1111 gründete sie in Spitz eine Kirche zu St. Mauritius. 140 Jahre später kaufte Kloster Niederaltaich den Erlahof. Anfangs Sommerresidenz der Äbte, wurde er ihr wichtigster Wirtschafts- und Lesehof, den sie bis 1803 betrieb. Nach der Säkularisierung kam der Erlahof in den Besitz des österreichischen Staates und beherbergt seit 1970 das Schifffahrtsmuseum Spitz.

Die folgenden Beiträge behandeln kunstgeschichtliche Aspekte. Der Bauhistoriker Peter Aichinger-Rosenberger berichtet über Bekanntes und Neuentdecktes zur Pfarrkirche von Spitz, die auf eine Wehrkirchenanlage zurückgeht. Bei der Restaurierung bestätigte sich die Errichtung des Turmes anno 1499.. Dessen charakteristische bunte Ziegeldeckung stammt noch aus dieser Zeit. Der Kulturvermittler Norbert Hauer und der Campanologe Jörg Wernisch haben - nicht nur - diesen Turm bestiegen, um den mächtigen Tongebern nahe zu sein. Als ausgewiesene Experten referieren sie über die "Glockenlandschaft Wachau" und das Spitzer Geläute. Es besteht aus fünf Glocken, dessen älteste aus dem Jahr 1690 stammt. Der Kunsthistoriker Herbert Giese erklärt, dass der Hochaltar in Niederaltaich ausgemustert und 1718 in Spitz aufgestellt wurde. Später malte der berühmte "Kremser Schmidt" ein neues Altarblatt, das den Märtyrertod des Kirchenpatrons zeigt. Die Kuratorin der Mittelalter-Sammlung im Belvedere, Veronika Pirker-Aurenhammer, beschreibt Christus und die Apostel - ein bedeutender Figurenzyklus des Weichen Stils in der Spitzer Pfarrkirche. Sie nennt die Skulpturen eines der schönsten Zeugnisse mittelalterlicher Kunst. Das um 1420 entstandene Ensemble an der Westempore zählt zu den wenigen Beispielen von komplett erhaltenen Christus-Apostel-Gruppen im mitteleuropäischen Raum. Bemerkenswert ist auch die künstlerische Qualität. 2020 war der expressive Christus Salvator das Motiv einer Sonderbriefmarke der österreichischen Post.

Mit künstlerischen Darstellungen der Wachau beschäftigen sich der Kustos der Kunstsammlung des Landes Niederösterreich, Wolfgang Krug - Spitz an der Donau, ein Zentrum der Wachaumalerei - und Ralph Andraschek-Holzer, der die topographische Sammlung der Landesbibliothek leitet. Dort fand 2007 eine Ausstellung des "Biographen der Heimat", Erich Schöner (1901-1979) statt, von dem zahlreiche Holzschnitte im Buch zu finden sind. Schöner lebte und lehrte in Spitz. Seit den 1950er Jahren schuf er Holzschnitte, vorwiegend mit Wachau-Motiven, und Exlibris. Als verdienstvoller Heimatforscher verfasste er die zweibändige Geschichte des Marktes Spitz. Den hiesigen Dechant Anton Bruckner (1868-1922) interessierten Gartenbau, Himmelskunde, Zeichnen, Sprachen und Geschichte. Außerdem verfasste der Geistliche Lyrik, die er in mehreren Bänden veröffentlichte. Einige Gedichte sind im Kapitel Ein wirklicher Poet im Buch abgedruckt. Mit großer Leidenschaft widmete sich dieser Anton Bruckner der Musik und wirkte als Cellist und Sänger in Kirchenchor und -orchester mit. Claus Hamberger, selbst Kantor, der Bruckner im Buch würdigt, schreibt auch über die Geschichte der Musikpflege in der Pfarrkirche.

Artikel zur Volkskunde - Kirchenbräuche und Feste in Spitz, Die Spitzer Kastenkrippe, Tracht und Kirchgang in Spitz - bilden den nächsten Block. Der Wiener Universitätsprofessor Karl Vocelka ist nicht nur als Historiker und Ausstellungskurator, sondern auch als Weinfachmann bekannt. Hier ist Spitz an der Donau und der Weinbau sein Thema. Die folgenden Beiträge sind der Denkmalpflege und der Innenrestaurierung der Kirche 2020/21 gewidmet. Noch bleibt viel zu tun … wurde als Restaurierziel die konservierende Erhaltung des überlieferten Erscheinungsbildes festgelegt. … Die Umsetzung kann nun auch, situationsbedingt und im Einklang mit den finanziellen Möglichkeiten, in kleineren Schritten erfolgen, schreibt Christoph Tinzl, Fachreferent im Bundesdenkmalamt. Das Buch endet mit einer tabellarischen Chronik, stellt die bisherigen Pfarrer, die jetzt aktiven Personen und die AutorInnen vor. Bildnachweis, Anmerkungen, Quellen und Literatur bilden den Abschluss.

Erfahrungsgemäß sind Restaurierungsprojekte von vielen Diskussionen und finanziellen Herausforderungen begleitet. In Spitz hat man nicht nur diese gemeistert, sondern auch ein Buch geschaffen, das einem der schönsten Wahrzeichen der Wachau gerecht wird.

hmw