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Margarete Kowall - Brigitte Karner-Fritz: Unser Gölsental#

Bild 'Gölsental'

Margarete Kowall - Brigitte Karner-Fritz: Unser Gölsental. Hainfeld – Kleinzell – Ramsau – Rohrbach – St. Veit. Kral-Verlag, Berndorf. 264 S., ill., € 9,90

Wie macht man ein Heimatbuch, das keines sein will und das auch nicht in die Kategorie Häuser- oder Höfechronik fällt? Margarete Kowall und Brigitte Karner-Fritz zeigen mit ihrem Buch "Unser Gölsental", wie es geht. Zunächst bringen sie Informationen, Berichte und Geschichten verschiedenster Art. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit werden Streiflichter auf die Orte geworfen. Dazu tragen wesentlich die großformatigen, stimmungsvollen Fotos von Brigitte Karner-Fritz bei, die das Buch, gemeinsam mit historischen Ansichten, illustrieren.

Das Gölsental ist ein von der Gölsen durchflossenes Tal im niederösterreichischen Mostviertel, Es erstreckt sich über 19 km vom ca. 600 m hohen Gerichtsberg westlich bis zur Traisen. Über den Gerichtsberg führt die Via sacra, die historische Pilgerstraße von Wien nach Mariazell (B 18). Die Region im Bezirk Lilienfeld umfasst die Gemeinden Hainfeld, Kleinzell, Ramsau, Rohrbach und St. Veit mit ihren 40 Katastralgemeinden. Die Gegend wirkt friedlich (was sie keineswegs immer war), als klassische Sommerfrische. Schon 1905 nannte sie eine Broschüre des Fremdenverkehrsverbandes "die Perle der Voralpen".

Die Autorinnen beginnen ihre Reise in der (seit 1928) Stadt Hainfeld. Ihr Name ist untrennbar verbunden mit dem zum Jahreswechsel 1888/1889 abgehaltenen Parteitag, auf dem die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Österreichs (später: SPÖ) gegründet wurde. Das (nach dem Erscheinen des Buches eröffnete) von der Historikerin Margarete Kowall geleitete Hainfeld Museum widmet sich ausführlich diesem Ereignis und erzählt über Geschichte und Leben in der Stadt. Seit 2004 gibt es in der Braustadt auch das aus einer Privatsammlung entstandene "Museum historischer Bierkrüge". Es zeigt rund 350 Krüge aus der Zeit von 1500 bis 1950.

Die zweite Station führt in die Ramsau, die zu mehr als 80 Prozent aus Wald besteht. Dort wächst viel Bärlauch, auch "Ramsel" genannt. Möglicherweise hat der Ortsname damit zu tun. Als Sehenswürdigkeit bietet sich die - auf private Initiative revitalisierte ehemalige "Hof- und Wagenschmiede" im Unterdörfl an. Im Oberdörfl befindet sich die gotische Pfarrkirche Mariae Empfängnis. In Fahrabach steht, in einer neuen Kapelle, eine barocke Statue des Pestheiligen Rochus. Verschollen ist hingegen einer der wenigen urzeitlichen Funde des Gölsentales, eine bronzezeitliche Axt.

Zur Gemeinde Kleinzell gehört die Kalte Kuchl an der Wegkreuzung zwischen Rohrer Sattel und Ochsensattel bei Rohr im Gebirge. Schon im 15. Jahrhundert bestand dort eine Raststätte. Das Freilichtmuseum auf dem Gelände einer ehemaligen Köhlerei erinnert an die Holzwirtschaft, den Philosophen Ludwig Wittgenstein und den "Raxkönig" Georg Hubmer. Hubmer war als gräflicher Schwemmmeister auch im Gölsental tätig. Er rodete die Wälder des Stiftes Lilienfeld und transportierte das Holz nach Wien. Der "Raxkönig" beschäftigte 500 Holzknechte. Außerdem engagierte er sich für die evangelische Glaubensgemeinschaft. Im 19. Jahrhundert, als die Region zur Sommerfrischengegend avancierte, war Salzerbad ein eleganter Kurort.

Die Gemeinde Rohrbach umfasst nur knapp 15 km². Hier fließt eine Wunderquelle anderer Art. Ein Bauer errichtete dort eine Votivkapelle, nachdem Mensch und Tier durch das Wasser geheilt worden waren. Noch heute holen sich Hilfesuchende das Quellwasser. Im Zentrum von Rohrbach erinnert die Kaiserlinde an das Regierungsjubiläum Franz Josephs anno 1898. Die Pfarrkirche ist dem hl. Bartholomäus geweiht, dessen Skulptur den gleichnamigen Platz ziert. Außen am Gotteshaus befindet sich eine mittelalterliche Ölberg-Darstellung.

Die letzte Station der Reise durch das Gölsental bildet die Marktgemeinde St. Veit mit ihren 14 Katastralgemeinden. Rainfeld verdankt seine Identität den ehemaligen Fabriken. Hier befand sich die größte Gießerei Österreichs. Ihr denkmalgeschützter Wasserturm ist ein Wahrzeichen des Ortes. Hingegen ist Kerschenbach seit dem 12. Jahrhundert bäuerlich geprägt. Auch die Pfarrkirche zum hl. Veit im Hauptort geht auf das 12. Jahrhundert zurück. Weithin sichtbar ist der wuchtige Nordwestturm der spätgotischen Staffelkirche. Die geschnitzte Figurengruppe "Christus und die zwölf Apostel" stammt aus er Zeit um 1370.

Den zweiten Teil bildet ein geschichtlicher Überblick, von der Frühzeit bis zu zeitgeschichtlichen Ereignissen und den gesellschaftlichen Veränderungen im 21. Jahrhundert. Ein umfangreicher Anhang ergänzt das repräsentative Buch. Seine Zielgruppe sind - wie schon der Titel sagt - in erster Linie die GölsentalerInnen, doch können alle LeserInnen etwas Interessantes erfahren.

hmw