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Margaretha Mazura: Kunst u. Koketterie#

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Margaretha Mazura: Kunst u. Koketterie. Wiener Fächer 1860-1916. Verlag myMorawa Wien. 226 S., ill., € 19,50

Im Lauf des 17. Jahrhunderts wurde der Fächer zum Lieblingsobjekt der adeligen Damenwelt, die ihn zu Spiel und Koketterie vereinnahmte. … Im 18. Jahrhundert bildete sich Paris als Zentrum der Fächerproduktion heraus. … Ab Ende des 18. Jahrhunderts sind auch Wiener Fächer nachweisbar, es ist die erste "Hoch-Zeit" der Fächermanufaktur, schreibt Margaretha Mazura. Die Autorin, promovierte Juristin "mit internationalem Flair", nennt ihr Buch doppelsinnig Kunst u. Koketterie, wobei sie das K u. K an Cover dezent hervorgehoben hat. Es geht in dieser beispielhaft gestalteten Publikation schwerpunktmäßig um Wiener Fächer der k. u. k. Zeit, allerdings noch um viel mehr. Schon auf den ersten Blick bestechen die zahlreichen Fotos der Exponate, die mit den kompetenten Texten eine perfekte Synthese eingehen.

Margaretha Mazura kam durch Zufall zum Thema Fächer. Den ersten erwarb sie in einer Kunstgalerie in Kuba. Als sie dann einen antiken geschenkt bekam, "erwachte die Neugier, die sich bald zu einer Leidenschaft entfaltete." Inzwischen ist sie eine anerkannte Expertin, Mitglied von Fan circles und Museen, kuratiert Ausstellungen und schreibt Fachbücher. Dabei lernt man nicht nur die Vielfalt der Fächer kennen, sondern findet auch historische Fakten und Anekdoten. Die Autorin listet rund 80 Produzenten, sowie Drucker, Fotografen und Maler auf und zeigt etliche Signaturen. Der Anhang enthält u. a. ein Glossar und praktische Informationen.

Die ersten Faltfächer kamen im frühen 16. Jahrhundert mit portugiesischen Handelsschiffen nach Europa. Einfach zu handhaben und künstlerisch gestaltet, lösten sie hier Federwedel und Fahnenfächer ab. Außerdem waren sie das perfekte Medium der koketten "Fächersprache". Faltfächer entstanden in Arbeitsteilung, einerseits wurde das Gestell aus Stäben hergestellt, andererseits das bemalte oder bedruckte Blatt aus Seide, Papier, Pergament oder Leder.

In Wien war der Drucker Hieronymus Löschenkohl (1753-1807) Marktführer. Er produzierte mehr als 80 Modelle mit aktuellen Sujets und übertraf damit andere Kupferstecher und "Waderlmacher" bei weitem. Um 1800 waren 25 in dieser Branche tätig. Manche spezialisierten sich auf Qualitätsware und meldeten Patente an, die im Anhang verzeichnet sind.. Der Hoflieferant Franz Theyer (1809-1871) applizierte Fotos von adeligen Kindern auf seine Fächer, die er in edlen Schatullen nach London exportierte. Franz Podany (1818-1892) hielt ein Patent für Holzmosaike.

Bei der Weltausstellung 1873 machten "Wiener Schmuckfächer" mit farbigen Steinen Furore. Dieser Ausstellung und der Ringstraßenzeit ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Beispiele zeigen u. a. Brisé-Fächer, deren Lamellen aus Schildpatt, goldgeziertem Juchtenleder, Perlmutt oder Elfenbein bestehen. Ende des 19. Jahrhunderts waren Fächer zu Ausstellungen und Pferderennen en vogue. Da gab es "offizielle Erinnerungs-Fächer" an die internationale Theater- und Musikausstellung 1892, für die nicht nur ein eigenes Gebäude, sondern auch eine Nachbildung von "Alt-Wien" errichtet wurde, eine "Erinnerung an die Jubiläums-Gewerbe-Ausstellung in Wien 1888" oder an das "Internationale Dorf 1894". Diese Events fanden ebenso im Prater statt, wie die Pferderennen, die auf Fächern ihre Darstellung fanden. Souvenirfächer zeigten Fotos der Promis von anno dazumal. Allen voran Fürstin Pauline Metternich, die großartige Benefizveranstaltungen organisierte. Auf Theaterfächern waren Publikumslieblinge wie Katharina Schratt abgebildet. Sie erhielt von ihrem Freund Franz Joseph wertvolle Geschenke. Ein sehr persönliches war ein Adlerfedernfächer, dessen Deckstab die Initialen des Kaisers und eine Krone trägt.

Zu den prominenten Hoflieferanten zählten die Galanteriewarenerzeuger Gebr. Rodeck, die ihre Firma auf dem Kohlmarkt betrieben. Sie belieferten das Kaiserhaus, adelige und wohlhabende Familien wie Rothschild oder Oppenheim. Ihre Spezialitäten waren "Etrennes" mit Neujahrs-Glückssymbolen, Leder-, Brisé-, Visitkarten- und Federfächer, mit Federn von Straußen oder Eichelhähern. Ballfächer waren eine Kombination aus Damenspende und Fächer. Auf den Lamellen oder in einem angehängten Büchlein konnten sich die Herren für Tänze vormerken.

Der Phantasie der Hersteller waren kaum Grenzen gesetzt. Sie erzeugten Produkte in unterschiedlichen Formen - Fahnen-, Steif-, Feder-, Brisé- oder Radfächer. Außer professionellen Kunsthandwerkern waren Künstler, unter ihnen Rudolf von Alt (1812-1905) tätig. Er bemalte für die Fächerausstellung Karlsruhe 1891 ein Exemplar mit Wiener Ansichten. Auch in den Kronländern blühte das Kunstgewerbe. Aus dalmatinischer Spitze wurden in Heimarbeit kostbare Fächer hergestellt. In Bosnien und der Herzegowina förderten Vereine das Kunstgewerbe und vertrieben es über ihr Wiener Büro. Orientalische Stadtszenen und Sehenswürdigkeiten wie das Schloss Miramare von Erzherzog Maximilian zierten Fächer. Seine Gemahlin, Charlotte von Belgien bemalte eigenhändig einen mit Veduten ihrer Erinnerungsorte. Das Schloss bei Triest diente aber auch als Motiv billiger Souvenirstücke.

Um 1900 ging die galante Epoche der Fächer zu Ende zu. Noch gab es kostbare Exemplare, wie jenes aus weißen Straußenfedern, das Erzherzog Franz Ferdinand seiner Frau schenkte, Liebesgaben im Jugendstil oder einen Fächer in Ballonform aus Perlmutt und mit Pailletten besticktem, bemaltem Seidenorganza. Doch schon dienten Fächer als Reklame - für das Kaufhaus Herzmansky, ein Panoptikum im Prater oder Fiumaner Reisstärke. Das letzte der 106 in exzellenten Fotos vorgestellten Beispiele ist der "Rot-Kreuz-Fächer des Ersten Weltkriegs". Er zeigt Portraits und Autogramme von Herrschern und Militärs, der Erlös kam dem Roten Kreuz zu Gute. Abschließend verrät die Autorin, dass sie weitere Bücher plant. So darf man sich schon auf ihre Fächer-Fachbücher über Jugendstil und Art Deco freuen.

hmw