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Karl Rieder: K. u. k. Sehnsuchtsort Schneeberg #

Karl Rieder: Der Kaiser auf dem Schneeberg #

Bild 'Rieder'

Bild 'Rieder Kaiser'

Karl Rieder: K. u. k. Sehnsuchtsort Schneeberg - Reichenau, Puchberg, Payerbach. Von "Östreichs Chamouny" zum Hausberg der Wiener. Kral Verlag Berndorf. 268 S., ill., € 26,90

Karl Rieder: Der Kaiser auf dem Schneeberg und die bemerkenswerte Geschichte der Kaiserin Elisabeth Gedächtniskirche. Kral Verlag Berndorf. 132 S., ill., € 19,90




Von Sehnsuchtsorten und Nostalgie ist in letzter Zeit oft die Rede. Dem "Sehnsuchtsort Schneeberg " hat Karl Rieder im Kral Verlag zwei Bücher gewidmet. Der emeritierte Hochschulprofessor ist Gemeindearchivar in Puchberg und Kustos des Schneebergmuseums. Er beschäftigt sich intensiv mit der Vergangenheit seiner Wahlheimat und hat dort ein umfassendes Dokumentationsarchiv zur Ortsgeschichte aufgebaut.

Das sehr ansprechend gestaltete Buch über die k. u. k. Sehnsuchtsorte Reichenau, Puchberg und Payerbach erzählt mit zahlreichen historischen Illustrationen und Texten vom "König der norischen Alpen". Die nostalgische Reise beginnt zu jener Zeit, als der Stadtoberkämmerer und Magistratsrat Franz Xaver Embel (1770 - 1856) seine Reisebeschreibungen "Fußreise von Wien nach dem Schneeberg" (1801) und "Schilderung der Gebirgs-Gegenden um den Schneeberg" (1803) veröffentlichte, durch die er sich als Topograph Verdienste erwarb. Er verglich die Gebirgsgegenden mit ihren engen Tälern, Wildbächen und schroffen Felsen mit heroischer Musik. Wie diese löste die Fußreise nach Puchberg bei ihm freundliche, romantische und fürchterliche Gefühle aus, doch überwog letztlich die Harmonie. Der Arzt und Naturwissenschaftler Joseph August Schultes (1773-1831) verfasste einen "Cicerone" mit nützlichen Hinweisen für Schneeberg-Wanderer. Sein Buch beeindruckte den Geographen Adolph Schmidl (1802-1863) als Jugendlichen so stark, dass er Jahre später selbst über den Schneeberg und seine Umgebungen publizierte. Dabei betonte er die Wichtigkeit guter Ausrüstung und die "gehörige Vorsicht".

Der erste bekannte Besteiger des Schneebergs war der flämisch-niederländische Gelehrte und kaiserliche Botaniker Carolus Clusius (1526-1609). Er entdeckte dort die nach ihm benannten Varietäten von Enzian und Primel. Die erste Vermessung des Berges erfolgte 1764, die exakte Höhenbestimmung 1811. Es war die Zeit, in der Geologen in Frankreich und in der Schweiz wissenschaftliche Bergtouren unternahmen und der europäische Alpintourismus begann. Schultes nannte Puchberg am Schneeberg "Oestreichs Chamouny", eine Bezeichnung, die spätere Reiseschriftsteller gerne übernahmen und die Werbung zu nutzen wusste. Doch, so meint Karl Rieder, Puchberg blieb das seinen alten Traditionen und Fortkommen verbundene kleine Gebirgsdörfchen. Seine Einwohner, Wald- und Ackerbauern, zeigten sich wenig beeindruckt vom neuen Interesse an ihrer Heimat. Es gab nur drei Gasthäuser, wo Schultes die Erfahrung "elender Bewirtung" und hoher Preise machen musste. Am besten wohne man beim gastfreundlichen Pfarrer, empfahl er. Dies änderte sich in folgenden Jahrzehnten, 1839 inserierte ein neuer Pächter in der Wiener Zeitung, wobei er sich auch für Transportdienste mit Wagen, Pferden und Eseln empfahl.

Die große Zäsur brachte die Eisenbahn. 1842 wurde der Bahnhof Gloggnitz der Wien-Raaber-Bahn festlich eröffnet. An schönen Wochenenden reichten 260 Waggons für die tausenden Passagiere nicht aus. Allein zu Pfingsten 1842 waren es 34.260 Personen. Die Blütezeit der Sommerfrische in der Schneeberggegend folgte zwischen 1890 und 1930. Während in Gloggnitz die aufstrebende Industrie vom Ausbau des Verkehrsnetzes profitierte, entwickelte sich Reichenau zum Prominentenbahnhof. Für die Mitglieder der kaiserlichen Familie, die den Aufenthalt im Thalhof, in der Rudolfsvilla und die Jagd "am Fuße der österreichischen Schweiz" schätzte, gab es einen eigenen Warteraum. Puchberg fehlten noble Gäste, aber bald durfte es sich einer anderen Attraktion erfreuen. 1897 nahm die Zahnradbahn auf den Schneeberg den Betrieb auf. Die Zahnradstrecke mit einer Spurweite von einem Meter hatte auf einer Länge von 9,3 km einen Höhenunterschied von 1219 m zu überwinden. Die Höchststeigung war 200 %o auf einer Strecke von 1,6 km.

Die Züge wirkten als Motor der Entwicklung. An beiden Endpunkten der Zahnradbahn entstanden Hotels, geplant von den Stararchitekten Hermann Helmer und Ferdinand Fellner und mit Josef Panhans als prominentem Pächter. Nun musste auch Puchberg nicht länger auf adelige Gäste warten, unter ihnen Erzherzog Heinrich Ferdinand mit Mutter und Schwester, König Alexander von Serbien sowie Erbprinz Danilo und Prinz Mirko von Montenegro. Weitere Kapitel des interessanten Buches beschäftigen sich mit dem Berg- und Wintersport und dem Elisabethkirchlein auf dem Schneeberg.

Die bemerkenswerte Geschichte der Kaiserin-Elisabeth-Gedächtniskirche beschrieb Karl Rieder in einer eigenen Publikation. Darin zeichnete er den steinigen Weg vom ersten Plan bis zur Generalsanierung anlässlich des 110-Jahr-Jubiläums, 2010. Das Elisabeth-Kirchlein erweist sich durch seine exponierte Lage und sein zunehmendes Alter als dauernde Baustelle. Eigentlich sollte auf dem Schneeberg eine Sternwarte mit zwei Kuppeln entstehen. Die Zahnradbahn schien das Vorhaben zu erleichtern. 1899 konstituierte sich an der Akademie der Wissenschaften ein "Club der Schneebergfreunde" konstituiert, um das Projekt zu realisieren. Entwürfe für "das erste ständige astronomische Berg-Observatorium Europas" zeigen eine Sternwarte mit zwei Kuppeln oder einen 35 m hohen Turm mit Wohnungen für Forscher. Am Todestag der 1898 ermordeten Kaiserin Elisabeth sollte in der Halle jeweils ein Gedenkgottesdienst stattfinden. Die Pläne fanden ein rasches Ende, einerseits wegen der Finanzierung, andererseits wegen Macht- und Interessenskonflikten der beteiligten Astronomen, Meteorologen, Hydrologen, Geophysiker, Seismologen, Ornithologen und Botaniker. Noch im Gründungsjahr löste sich der Club auf.

Mehr Erfolg hatte der Plan einer Gedächtniskirche für Kaiserin Elisabeth auf dem Hochschneeberg. Architekt Rudolf Goebel (1872-1952) verfasste die Pläne unentgeltlich. Goebel, einer der meist beschäftigten Wiener Architekten an der Schwelle von Historismus und Jugendstil, plante Villen, Zinshäuser und Sozialwohnungen. Als Schüler von Otto Wagner war während seines Studiums "katholischer Kirchenbau" ein Pflichtthema, wobei der Professor den überkuppelten Zentralbau bevorzugte. Die Ähnlichkeit des Elisabethkirchleins mit Wagners Johanneskapelle am Währinger Gürtel fällt auf. Leider ist über die Künstler der Ausstattung - Jugendstil-Hochaltar, Zierfenster am Übergang zur Kuppel und Figuren - nichts zu erfahren. Die Kuppelkonstruktion und Gitter fertigte der als Schöpfer des Rathausmanns bekannte Alexander Nehr an.

Das erste Baukkomitee scheiterte an den Finanzen. Der Puchberger Pfarrer Anton Falk (+ 1929) übernahm die Kontrolle über den eingestellten Bau. Er wollte der keine "4 Meter hohe Ruine" und fand prominente Mäzene, wie den Bierbaron Anton Dreher jun. und seine Frau Käthe. Ihr wurde die Ehre zuteil, beim Besuch des Kaisers auf dem Schneeberg neben Franz Joseph zu tafeln. Der 18. Juni 1902 war ein Freudentag für die Gebirgsgemeinde - ein dreiviertel Jahr nach der Kirchenweihe. Damals befand sich der Monarch beim Herbstmanöver, ein späterer Besuchstermin musste wegen Schlechtwetters abgesagt werden. Doch dann folgte ein Ereignis, bei dem kein Element monarchistischer Eventkultur fehlen durfte. Rieder schildert es anhand zeitgenössischer Chroniken und Zeitungsberichte in allen Einzelheiten. Pfarrer Anton Falk empfand es als Krönung seines Lebenswerks, das der Landesherr zu ihm sprach: Danke sehr für ihre große Mühe mit dem Bau dieser Kirche; sie ist sehr schön und ein würdiges Denkmal für unsere arme Kaiserin.

hmw