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Danielle Spera: Le Chaim!#

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Danielle Spera: Le Chaim! Mit Danielle Spera durch das jüdische Jahr. Amalthea Verlag Wien. 224 S., ill., € 29,-

Es gibt wohl keinen besseren Wunsch als "Auf das Leben!" Le Chaim! sagt man zu den jüdischen Feiertagen. Die frühere ORF-Redakteurin und Museumsdirektorin Danielle Spera stellt sie in ihrem jüngsten Buch vor. Sie gestaltet die Reise durch das jüdische Jahr ebenso professionell wie persönlich, mit kompakter Information und Bibelzitaten, Humor und vielen Illustrationen. Die Journalistin öffnet ihr Familienalbum für Festtagsfotos und verrät Küchengeheimnnisse. Zwei Dutzend Rezepte laden zum Nachkochen bzw. -backen ein. Ein Glossar wichtiger Begriffe trägt zum Verständnis bei.

Einige Feiertage sind bereits in der Bibel vorgegeben. Im dritten Buch Mose heißt es: "Sage den Israeliten und sprich zu ihnen: Dies sind die Feste des Herrn, die ihr ausrufen sollt als heilige Versammlungen; dies sind meine Feste." Es handelt sich dabei um den Shabbat, die hohen Feiertage Rosh haShana (Neujahr), den Versöhnungs- und Fasttag Jom Kippur sowie die Wallfahrts- und Erntefeste Pessach, Sukkot und Shawuot. Dazu kommen die rabbinischen Feiertage Chanukka und Purim und neuere wie der israelische Unabhängigkeitstag und zusätzliche Trauertage. Der Kalender folgt dem Mond und der Sonne, manche Jahre haben 13 Monate. Er ist also "einfach kompliziert". Die Zeitrechnung beginnt mit dem - auf das Jahr 3761 v. Chr. festgelegten Zeitpunkt der Schöpfung. Der wichtigste Tag der Woche, der Shabbat trägt als einziger einen Namen, die anderen sind durchnummeriert. Der dritte (Dienstag) gilt als Glückstag, daher wird gerne an ihm geheiratet. So hielten es auch Danielle Spera und Martin Engelberg. Das einwöchige Pessach stellt einen der wichtigsten Feiertage des Jahres dar. Zahlreiche Rituale begleiten "das" Familienfest im Frühjahr.

Der Herbst ist die Zeit der hohen Feiertage. Sie beginnen im September mit Rosh haShana. Beim Gottesdienst in der Synagoge soll man die Töne des Shofars, eines Widderhorns, hören. Zu Hause isst man süße Speisen. Wir tauchen Äpfel und Brot in Honig, damit das neue Jahr süß und angenehm wird. Und wir essen Granatäpfel, weil sie angeblich 613 Kerne haben. 613 ist die Zahl der Gebote und Verbote, die Juden erfüllen sollen. Im Anschluss an Neujahr verbringen sie zehn Tage der Buße und Reue, die im höchsten Feiertag, Jom Kippur, gipfeln. Ihm gehen ein 25-stündiges Fasten, Entzünden von Kerzen und spezielle Segenssprüche voraus, ehe man sich am Abend in die Synagoge begibt. Dort wird wieder das Shofar-Horn geblasen. Sukkot ist ein Freudenfest, bei dem man sich für die Ernte bedankt. Es erinnert an die 40-jährige Wüstenwanderung der Israeliten, während derer sie in Laubhütten wohnten. Für das siebentägige Fest werden geschmückte Sukkot errichtet. Durch das Dach aus grünen Zweigen soll man die Sonne und die Sterne sehen können. Hier kommt man mit Gästen zum Essen zusammen. Als Zeichen dient der Lulaw aus Zweigen mit symbolischer Bedeutung (Zitrone, Palme, Myrthe, Weide). Am achten Tag, dem Fest der Gesetzesfreude, Simchat Tora, finden fröhliche Umzüge mit den Torarollen statt.

In die dunkle Jahreszeit (November/Dezember) fällt das Lichterfest Chanukka. Es erinnert an das Ölwunder beim Makkabäeraufstand im zweiten vorchristlichen Jahrhundert. Chanukkaleuchter haben neun Arme (nicht sieben wie die Menora). Seit einigen Jahren stehen, auch in Wien, Chanukka-Leuchter in der Öffentlichkeit. Für den häuslichen Gebrauch gibt es sie in vielerlei Ausführungen, für Kinder bunt und lustig. Chanukka ist ein Familienfest, bei dem man spielt, singt und gut isst. Etwa zur gleichen Zeit wurde auch Weihnachten - als säkulares Fest - begangen. Ein bekannter Beleg ist der erste Wiener Christbaum, der sich 1814 bei der aus Berlin kommenden Salonière Fanny von Arnstein befand. Der Begründer des Zionismus, Theodor Herzl, stellte zum Missfallen des damaligen Oberrabbiners einen Weihnachtsbaum auf.

Die hier erwähnten sind nicht alle Feste, die das Buch beschreibt. Beispielsweise gibt es in Israel ein "Neujahrsfest der Bäume", Tu bi Shwat, an dem Aufforstungen stattfinden und an die Umwelt erinnert wird. Wichtige Tage im Lebenslauf sind die Hochzeit - die Autorin beschreibt sehr persönlich ihre eigene, die 1994 unter dem Sternenhimmel von Eilat stattfand. Sie erklärt, welchen hohen Stellenwert die Ehe im Judentum einnimmt, wie sie angebahnt und die Trauung durchgeführt wird. In der Folge sind Brit Mila (Beschneidung) der acht Tage alten Söhne und Bar Mitzwa, deren religiöse Mündigkeit bzw. Bat Mitzwa, das Pendant für die Töchter, wichtige Zäsuren im Lebenslauf.

Als ORF-Korrespondentin (u. a. stellvertretende Leiterin des ORF-Büros in Washington) ist Danielle Spera viel herumgekommen. Sie erzählt von privaten Reisen, und wie sie die verschiedensten Synagogen in aller Welt erlebte. Die Autorin gibt auch Antwort auf viele Fragen nach dem koscheren Leben. Allgemein bekannt ist, dass Schweinefleisch nach den Speisegesetzen nicht dazu gehört. Wie zu vielen Themen erzählt sie dazu einen Lieblingswitz: Kohn geht in ein Delikatessengeschäft und fragt: "Was kostet der Schinken?" Draußen zieht ein Gewitter auf und im gleichen Augenblick gibt es einen mächtigen Donnerschlag. Kohn erhebt daraufhin beschwichtigend seine Augen zum Himmel und meint: "Nu, fragen wird man wohl dürfen?"

hmw