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Elfriede Iby - Anna Mader-Kratky (Hg.) Schönbrunn#

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Elfriede Iby - Anna Mader-Kratky (Hg.) Schönbrunn. Die kaiserliche Sommerresidenz Kral Verlag Berndorf. 552 S., ill., € 49,90

Schloss Schönbrunn ist der Spitzenreiter der Wiener Touristenattraktionen. Jährlich kommen mehr Besucher in die kaiserliche Sommerresidenz, als die Bundeshauptstadt Einwohner zählt. Seit 1996 ist Schloss Schönbrunn UNESCO-Weltkulturerbe. Was bisher gefehlt hat, war ein wissenschaftlich fundierter Prachtband auf Basis aktueller Forschungen. Die Kunsthistorikerinnen Dr. Elfriede Iby und Dr. Anna Mader-Kratky legen ihn jetzt - mit mehr als 500 Seiten und großzügig illustriert - vor. Die langjährige Leiterin der wissenschaftlichen Abteilung der Schönbrunn Group und ihre Nachfolgerin sind ausgewiesene Fachleute auf ihrem Gebiet. Ihr Buch entstand in einer Kooperation der Schönbrunn Group mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

Der Zeitrahmen reicht von der ersten Erwähnung von Chatternberch (Katterburg) anno 1157/58 bis in die Gegenwart. Das Anwesen stand im 12. Jahrhundert im Eigentum des Stiftes Klosterneuburg. Das Zinsgut besaß eine Mühle, im 15. Jahrhundert dazu Weingärten, Äcker, Wiesen, Krautgärten und Fischgruben. Im folgenden Jahrhundert bewirtschaftete das Stift die Gründe von Katterburg und verdoppelte das Areal.

1569 zog der Kaiser das Gut ein, ohne die Chorherren zu entschädigen. Gleichzeitig errichtete Maximilian II. (1527-1576) sein - unvollendet gebliebenes - Renaissanceschloss Neugebäude und erweiterte Schloss Ebersdorf. Das nun kaiserliche Lust- und Jagdschloss Katterburg ließ er um- bzw. neu bauen. Der Monarch soll dort den Schönen Brunnen entdeckt haben, der dem Besitz seit 1642 den Namen gab. Nach dem frühen Tod Maximilians II. ging Katterburg zunächst auf die Kaiser Rudolf II., Matthias, Ferdinand und der Kaiserinwitwe Eleonora d. Ä. über. Nach der Zweiten Osmanischen Belagerung sollte Schönbrunn als Jagdort des römischen Königs Joseph, des ältesten Sohnes und Thronfolgers Kaiser Leopold I., ausgebaut werden.

1695 begannen die Arbeiten nach Plänen Johann Bernhard Fischer von Erlachs, der damals zum führenden Architekten Wiens aufstieg. Das "markiert auch aus kunsthistorischer Sicht einen neuen Abschnitt in der Geschichte von Schönbrunn." Fischers utopischer Idealentwurf "Schönbrunn I" zeigt eine weitläufige Anlage mit dem Schloss auf der Anhöhe. Ausgeführt wurde jedoch sein Projekt "Schönbrunn II" in der Ebene des Wientals. "Fischer konzipierte die Schlossanlage von Schönbrunn weit großzügiger als man es von einem Jagdanwesen erwarten würde, und der residentielle Anspruch wird schon beim Eintritt durch das von Obelisken flankierte Haupttor klar. Dahinter weitet sich ein Ehrenhof von bedeutender Größe, gerahmt von einst ebenerdigen Trabantflügeln", schreibt Anna Mader-Kratky.

Das folgende Hauptkapitel verfasste Elfriede Iby. Es behandelt die wohl wichtigste Phase, das Residenzschloss Maria Theresias. Unter Einbeziehung ihrer Ideen verwirklichte der spätere Hofarchitekt Nicolaus Pacassi eine repräsentative Sommerresidenz, die Maria Theresia (1717-1780) ab 1742 nützte. Sie änderte das Patrozinium der Schlosskapelle und ließ das Altarbild (Maria Magdalena von Michael Rottmayr) durch die "Vermählung Mariens" von Paul Troger ersetzen. Ein weitreichender Umbau des Schlosses begann 1743 und nahm 18 Monate in Anspruch. Kaiser Franz I. Stephan war damit nicht zufrieden. Der Hofbaumeister Emanuel Silva-Tarouca wollte sein Amt aufgeben, hätte nicht die Herrscherin eingestanden, selbst an der "üblen Austheilung" schuld zu sein. Änderungen wurden durchgeführt und später weitere Umbauten vorgenommen. Während die Habsburger-Fürstin in den Siebenjährigen Krieg verwickelt war, ließ sie die Beletage ihrer Sommerresidenz mit einer weiß-goldenen Rokoko-Ausstattung versehen, "die den Höhepunkt kaiserlicher Repräsentation und höfischer Wohnkultur am Wiener Hof markiert." Von besonderer Kostbarkeit waren die "Chinesischen Kabinette" mit hunderten japanischen Gefäßen und Figuren, chinesischen Lackarbeiten und frühem Wiener Porzellan. Die dritte Ausstattungsphase folgte 1765 bis 1780. Nach dem Tod Franz Stephans, 1765, wollte seine Witwe die gemeinsam genützten Zimmer nicht mehr bewohnen und gestaltete sie zu Erinnerungsräumen um. Sie übersiedelte in den südöstlichen Trakt im Erdgeschoß. Mit der Gestaltung der "Landschaftszimmer" beauftragte sie Johann Baptist Wenzel Bergel, einen Schüler Paul Trogers. Er malte zwischen 1769 und 1778 illusionistische exotische Pflanzen- und Tierwelten in drei Raumensembles. "Maria Theresia bewohnte Schönbrunn bis an ihr Lebensende und der von ihr initiierte Ausbau zur Sommerresidenz vor den Toren Wiens war ihr ein ganz persönliches Anliegen", schreibt Elfriede Iby. "Schönbrunn war Residenz und Familienschloss zugleich, die Grenzen zwischen zeremoniellen Abläufen, höfischen Festen und privaten Vergnügungen … waren durchlässig und ließen den jährlichen Sommerséjour neben allen politischen Verpflichtungen auch zu einem unterhaltsamen Aufenthalt werden." Der Katalog am Ende des bemerkenswerten Buches stellt die Räume nochmals kurz in Wort und Bild vor.

Kaiser Franz Stephan interessierte sich weniger für das Gebäude und dessen Ausstattung. Er setzte wichtige Akzente im Schlosspark, wie die Ausweitung des großen Parterres, das Alleesystem, die Menagerie und der botanische Garten. In den 1770er Jahren beauftragte Maria Theresia ihre letzte große Bauinitiative. Dem Hofarchitekten Johann Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg oblag die Parkanlage, Johann Wilhelm Beyer schuf mit einem Team von Bildhauern einen Skulpturenzyklus von 32 allegorischen Figuren. Als Bekrönung des Schönbrunner Berges konzipierte Hohenberg die Gloriette als Aussichtspavillon, für den Säulen aus dem Schloss Neugebäude verwendete. Damit korrespondieren der Neptunbrunnen und der Obeliskenbrunnen. Mit der Römischen Ruine setzte der Architekt einen "spektakulären Akzent in der Ausgestaltung des Schönbrunner Schlossparks."

Kaiser Joseph II. hielt sich lieber in seinem Refugium im Augarten auf, die ehemalige Sommerresidenz ließ er nur erhalten. Die letzten baulichen Eingriffe erfolgten zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als die Fassaden ihr heutiges Erscheinungsbild erhielten. Franz Joseph und Elisabeth begründeten den Mythos Schönbrunn. Zwischenzeitlich logierte Napoleon im Schloss, in dem Franz Joseph geboren worden war und starb. Die Franzisko-Josephinsche Epoche brachte umfangreiche Veränderungen an der Ausstattung im Neo-Rokoko. 1880 begann der Bau des Großen Palmenhauses. Mit einer Grundfläche von 2500 Quadratmetern ist es bis heute eines der größten der Welt. "Mit dem Tod Kaiser Franz Josephs … ging die letzte glanzvolle Epoche in der über 300-jährigen Geschichte des Schlosses zu Ende", konstatiert Elfriede Iby. Kaiser Karl I., der Schönbrunn zu seiner Hauptresidenz machen wollte, ließ die technische Infrastruktur modernisieren. Aufzüge und Sanitärräume sollten eingebaut, elektrisches Licht eingeleitet und die Appartements umgestaltet werden. Das Ende der Monarchie verhinderte die komplette Ausführung.

In der Ersten und Zweiten Republik entwickelte sich Schönbrunn zum Touristenziel nach dem Motto "Kaiserkult für alle". Schönbrunn stand in der Kompetenz verschiedener Ministerien. Es war ihnen nicht möglich, die für die Restaurierung nötigen Mittel aufzubringen, obwohl jährlich bis zu 1,7 Millionen Besucher kamen. Abhilfe brachte 1992 die Gründung der privatwirtschaftlich geführten Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebs Ges.m.b.H (SKB) als Betrieb der Schönbrunn Group, zu der auch Schlosshof, das Sisi- und das Möbelmuseum gehören. Die SKB etablierte neue Veranstaltungen wie Kultur-, Weihnachts- und Ostermärkte, ein Kindermuseum und musikalische Veranstaltungen. Besonders spektakulär ist seit 2005 das von zahlreichen Fernsehanstalten übertragene Sommernachtskonzert der Wiener Philharmoniker. Die Schönbrunn Group richtete eine eigene wissenschaftliche Abteilung ein. Ihr ist auch das Jahrhundertwerk der eindrucksvollen, vorliegenden Publikation zu danken.