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Ernst Lauermann: Die Kelten im Weinviertel#

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Ernst Lauermann: Die Kelten im Weinviertel. Von Kriegern, Heiligtümern und Druiden. Edition Winkler-Hermaden Schleinbach. 132 S., ill., € 24,90

2023 steht das MAMUZ (Mistelbach-Asparn-Museums-Zentrum) im Zeichen einer großen Keltenausstellung. Das Buch dazu verfasste der im Urgeschichtemuseum Asparn an der Zaya tätige, em. Landesarchäologe Ernst Lauermann, der in der Edition Winkler-Hermaden mehrfach publiziert hat. In der Einleitung schreibt er: Kelten erfreuen sich in unserer Alltagskultur eines wesentlich höheren Bekanntheitsgrades als andere Vertreter der frühen Menschheitsgeschichte Europas. Allein die Römer sind in der Öffentlichkeit vergleichbar gut vertreten, doch umgibt sie eine andere Aura. … Durch ihre Bedeutung für die völkische Bewegung und später für die Nationalsozialisten sind die Germanen bis heute diskreditiert. Kelten und Druiden hingegen sind unbelastet, wirken sympathisch und weise, auch im Gegensatz zu den ewig kriegführenden Römern.

Lange bevor Rom zur Weltmacht aufstieg, war Europa von Kelten besiedelt. Sie bewohnten ein Gebiet, das von Spanien bis in die Türkei reichte. "Die Kelten" waren kein vereintes Volk, sondern bestanden aus einzelnen Stämmen. Der Begriff meint entweder eine mittel- und westeuropäische Sprachengemeinschaft mit ähnlicher Kultur oder Volksstämme mit den selben Gebräuchen und Glaubensvorstellungen. Für den Sprachwissenschaftler Helmut Birkhan ist das Sprechen keltischer Sprache ausschlaggebend, unter dem Motto "Kelte ist, wer keltisch spricht". Archäologen bringen die Kelten vor allem mit der Hallstattkultur (ca. 800 - 450 v. Chr.) und der in drei Phasen gegliederten Latènekultur (um 480 v. Chr. bis Christi Geburt) in Verbindung.

Im 18. Jahrhundert fand man in der Gegend von Eggenburg (Niederösterreich) latènezeitliche Münzen. Das erste Körpergrab wurde 1853 beim Anninger entdeckt und beschrieben. In den 1890er Jahren gelang dem Göttweiger Benediktinerpater Lambert Karner (1841-1909) ein Sensationsfund. Er barg die latènezeitliche "Situla von Kuffern" aus dem 5. vorchristlichen Jahrhundert. Das Bronzegefäß zählt zu den wichtigsten Objekten jener Zeit. Der ca. elf Liter fassende Eimer zeigt auf einem Bildstreifen ein Gastmahl, einen Boxkampf und ein Wagenrennen. Heute gelten das Weinviertel, das Wiener Becken und das Traisental als besonders gut erforschte Gebiete.

Die wichtigste Höhensiedlung in Ostösterreich befand sich auf dem Oberleiserberg (Bezirk Korneuburg, Niederösterreich). Die Fundstücke - neben Fragmenten von auf der Töpferscheibe hergestelltem Geschirr, bunt bemalter Keramik, Glas- und Metallgegenstände - sind von außergewöhnlicher Qualität. Archäologen datieren das Oppidum auf dem Oberleiserberg von der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts bis zum Beginn der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts vor Christus.

Eine der am besten erforschten Anlagen dürfte die "Burg" bei Schwarzenbach in der Buckligen Welt sein. In der Höhensiedlung Schwarzenbach bei Wiener Neustadt wurden in den letzten Jahren mehrere Grabungen durchgeführt, die unter anderem auch spätlatènezeitliches Material erbrachten. Bei der mit einer mächtigen Wallbefestigung umgebenen Anlage wurden die Werkstatt eines Schmiedes und ein Schmuckdepot gefunden. Auf dem Leopoldsberg in Wien ist der Kern der latènezeitlichen Besiedlung im Bereich der heutigen Burg anzunehmen. Anfang der 1990er Jahre leitete Univ. Prof. Otto Urban hier die Grabungen und fand Hinweise auf Eisen- und Buntmetallverarbeitung.

Klassische Autoren liefern eine Fülle von Angaben über die Religion der Kelten, Opferzeremonien und Glaubensinhalte. Schon früh versuchte man, das Geheimnis der Druiden zu enträtseln. Die Druiden waren eine kultische und geistige Elite in der keltischen Gesellschaft und Mythologie. Sie gelten als wichtigste Personen des Kultpersonals der keltischen Religion, waren die religiösen Würdenträger. Man achtete sie wegen ihrer Weisheit und als Vermittler zwischen Menschen und Göttern. Hoch gebildet, waren sie für Opferriten ebenso verantwortlich wie für die Rechtssprechung. Die Ausbildung dauerte bis zu 20 Jahre, weil sie ihr Wissen nur mündlich weitergeben durften. Schriftliche Selbstzeugnisse gibt es kaum und die archäologischen Befunde sind noch schwieriger zu lesen als die schriftlichen Quellen. Eines ist jedoch eindeutig festzustellen: Weder archäologische noch schriftliche Quellen belegen weise, friedliebende, in Harmonie mit Mensch und Natur lebende Druiden. Trotzdem blühen Kelten- und Druidenmythen.

Ernst Lauermann widmet deren Entwicklung und den "Keltenklischees heute" ein eigenes Kapitel. Die modernen Vorstellungen zum Wissen der Druiden kreisen jedoch weniger um Gelehrsamkeit, Bildung und Ausbildung als vielmehr um Begriffe wie "uralt", "geheimnisvoll" und "magisch". … Viele Neuheiden glauben fest an eine ungebrochene Kontinuität zwischen der Vergangenheit und Gegenwart und sehen sich als Nachfolger der urgeschichtlichen Druiden. Sie zelebrieren Feste wie zur Sonnenwende - deren älteste Belege erst aus dem 12. Jahrhundert stammen. Von den Festen Imbolc, Beltane, Lughnasad und Samain (Halloween) behaupten sie, diese seien keltischen Ursprungs. Doch ob es sich hier um die Bräuche und Riten der jüngeren Eisenzeit handelt, ist unter Archäologen, Historikern und Sprachwissenschaftlern zutiefst umstritten.

Die moderne Museumspädagogik weiß die Begeisterung zu nützen. Ausstellungen und Keltenfeste sind ein Garant für hohe Besucherzahlen, wie die Feste in Asparn an der Zaya, Schwarzenbach und Mitterkirchen in Oberösterreich jährlich beweisen. Das erste dieser Art fand 1997 im Museum in Asparn (jetzt MAMUZ) statt. Eine ideale Symbiose aus Wissenschaft im Museum und Wissenschaft im Freigelände mit Experimentalarchäologen. Seit 2002 wurden in der Zentralsiedlung Roselsdorf (Gemeinde Sitzendorf an der Schmida, Niederösterreich) drei Heiligtümer entdeckt. Das MAMUZ hat es gewagt, das "große Heiligtum des keltischen Gottes Cerrunus" zu rekonstruieren. Die Umsetzung übernahm der Experimentalarchäologe Wolfgang Lobisser. Der Versuch der Errichtung eines keltischen Heiligtums im Freigelände des MAMUZ Schloss Asparn an der Zaya kann als gelungen angesehen werden. Es … trägt sowohl den Ansprüchen der Wissenschaft wie auch dem Interesse des Publikums Rechnung. Bei den Aktivitäten im Freigelände wird das Traditionelle mit dem Modernen verbunden und das Publikum von "keltischem Flair" mitgerissen. Das beweisen die hohen Besucherzahlen dieser Feste.

Ein solcher Erfolg ist auch dem Begleitbuch zu wünschen, das in sympathischer und kompetenter Weise aktuelles Wissen verständlich vermittelt und Vorurteile entkräftet.

hmw