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Parlamentsdirektion (Hg.): Parlament Österreich/Parliament Austria#

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Parlamentsdirektion (Hg.): Parlament Österreich/Parliament Austria. Edition Lammerhuber Baden. 264 S., ill., € 49,90

Das Gebäude des Parlaments zählt zu den markantesten der Wiener Ringstraße. Es ist ein Werk des Stararchitekten Theophil Hansen (1813-1891), des herausragendsten Vertreters des "Wiener Stils" der Neorenaissance. Bei dieser Art des strengen Historismus verfolgte er das Ideal des Gesamtkunstwerks. 2024 jährt sich der Baubeginn des Parlaments zum 150. Mal. Kurz vor dem Jubiläum war die Generalsanierung nach fast fünfjähriger Arbeit abgeschlossen (Generalplaner Jabornegg & Pálffy). Dabei wurden nicht nur 1.600 Räume technisch auf den aktuellen Stand gebracht und restauriert, sondern auch die Nutzfläche um 10.000 m² gesteigert. So entstanden u. a. ein 1.500 m² großes neues Besucherzentrum im Erdgeschoß, vier Treppenhäuser, 800 m² Gastronomiefläche, 400 m² große Terrassen und eine Glaskuppel über dem Nationalratssitzungssaal mit 28 Metern Durchmesser und einer Fläche von 550 m².

Lois Lammerhuber wurde dreimal zum besten Fotografen der Welt gewählt. Er publizierte bisher mehr als 80 Bücher und 1000 Magazingeschichten. Der vielfach ausgezeichnete Künstler erstellte die faszinierende Fotodokumentation des generalsanierten Parlaments. Kurz vor der Eröffnung, um den Jahreswechsel 2022/23, lichtete er jeden der Räume ab. 131 großformatige Bilder bilden das Herzstück des repräsentativen Bandes. Kompakte Texte in deutscher und englischer Sprache ergänzen sie. "Dieses Buch ist Hommage und Inspiration zugleich", heißt es in der "Tiefenschärfe" übertitelten Einleitung. "Wie die Fotografie lebt auch die Demokratie von der Balance zwischen unterschiedlichen Perspektiven und Blickpunkten - und von einem stets klaren Fokus."

Im ersten Kapitel - "Ein Gebäude wie eine Skulptur" - lädt die Parlamentsdirektion als Herausgeber ein: "Dieses Buch will Leserinnen und Leser an die Hand nehmen, sie durchs Haus führen - auch in Räume, die öffentlich nicht zugänglich sind -, sie mit dem Haus vertraut machen … Begleiten Sie Lois Lammerhuber bei seinem Streifzug durch das neu sanierte Parlamentsgebäude!" Er beginnt im dritten Obergeschoss, wo offene Räume für Kulinarik und Kommunikation zur Verfügung stehen. Details von Lustern im Restaurant wirken ebenso ungewöhnlich wie ein Blick in den Wintergarten. Justizpalast-Terrasse und Hofburg-Terrasse bieten überraschende Ein- und Ausblicke in die Umgebung. Neu ist die spektakuläre Glaskuppel, die den Nationalratssitzungssaal überspannt. Sie hat 28 Meter Durchmesser und eine Fläche von 550 m². Die Kuppel eröffnet erstmals den Blick ins Freie, etwa auf die Quadrigen am Dach, und lässt Tageslicht in den denkmalgeschützten Saal. Trotz technischer Modernisierung haben die Planer optisch behutsam eingegriffen. Der 650 kg schwere Wappenadler aus getriebenem Stahl wurde restauriert und die Wandverkleidung aus Walnussfurnier denkmalpflegerisch behandelt. Mit dem Blick über die Attikafiguren Richtung Stephansdom schließt der erste Rundgang.

Bei den Arbeits- und Versammlungsräumen im zweiten Geschoss korrespondieren Neues und Historisches. Perspektiven in Innenhöfe, Stiegenhäuser und Gänge erschließen sich. Wieder begeistern Bilder von unkonventionellen Blickpunkten und historistische Details. Der Bundesratssaal fasst 130 Personen. Die fixe Möblierung kann bei Bedarf ab- oder umgebaut werden. Fenster und ein Balkon Richtung Reichsratsstraße gewährleisten Tageslicht. Zwei von Theophil Hansen entworfene Radluster wurden restauriert und mit LED-Technik ausgestattet.

Die Beletage dient als Repräsentations- und Verhandlungsraum, gestaltet mit Marmor, Gold und vielen symbolischen Details. "Zeitgenössisches akzentuiert historisches Ambiente und Nachkriegsmoderne". Die Räume tragen Namen prominenter Österreicherinnen und Österreicher wie Lise Meitner, Ludwig Wittgenstein oder Theophil Hansen. Die repräsentative Säulenhalle ist 41 mal 25 Meter groß. 24 monolithischen Säulen aus Adneter Rot-Grau-Schnöllmarmor tragen ihr Gebälk und das Glasdach. Jede Säule misst 8,5 Meter und hat einen Durchmesser von 1,10 Metern. Die 1,5 Meter hohen, vergoldeten, korinthischen Kapitelle sind aus Untersberger bzw. istrischem Marmor.

Über das Erdgeschoß als Informations- und Inspirationsraum liest man: "Das Plätschern des Athenebrunnens ist zu hören. Auf dem roten Teppich geht es ins Demokratium. Cleanes Design dominiert historisches Dekor. Information, Interaktivität, Cafékulinarik, Bibliothekswissen und der Parlamentsshop sind hier zentral. Moderne Kunst akzentuiert neue Versammlungsräume. Die Untergeschosse umfassen Betriebs- und Arbeitsräume. Durch Lois Lammerhubers künstlerisches Auge erschließt sich die seltsame Schönheit von Gängen, Stufen, Schleusen, Ventilen, Rohren, Kabelsträngen, Regalen und Drehgittern. Mit diesem Buch ist ein überaus qualitätvoller Band über ein repräsentatives Haus gelungen, der dessen Bedeutung mehr als gerecht wird.

hmw