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Volker Viechtbauer: Dietrich Mateschitz - Flügel für Menschen und Ideen#

Bild 'Viechtbauer'

Volker Viechtbauer: Dietrich Mateschitz - Flügel für Menschen und Ideen. Mit Red Bull auf den Spuren von Viktor Frankl. Benevento Verlag München - Salzburg. 224 S., € 27,-

Red Bull steht an 79. Stelle der 500 wertvollsten Marken Europas. Brand Finance Branddirectory 2023 gibt den Wert mit 6,7 Milliarden Euro an. Der Firmengründer Dietrich Markwart Eberhart "Didi" Mateschitz (1944-2022), im Unternehmen "DM" genannt, definierte die "Welt von Red Bull" als Philosophie oder Weltanschauung. Er hielt es mit Viktor Frankl (1905-1997), dem Gründer der Dritten Wiener Schule der Psychotherapie. Der Psychiater bezeichnete das Recht auf Eigenverantwortung als das ureigenste Menschenrecht. Mateschitz' langjähriger Weggefährte Volker Viechtbauer nimmt im Untertitel seines Buches darauf Bezug: "Auf den Spuren von Viktor Frankl".

Mit dem 2020 verfassten Buch wollte Volker Viechtbauer - damals im Unternehmen zuständig für Personal und Recht - neuen Mitabeitern die Firmenphilosophie erklären und darüber hinaus ein breiteres Publikum ansprechen. Im Vorwort erinnert sich der Autor: "Ich denke, ihm (DM) war das Projekt von Anfang an nicht ganz geheuer". Nach genauer Durchsicht meinte dieser, das Buch könne nicht erscheinen und überreichte es Viechtbauer mit den Worten. "Schmeiß es aber nicht weg. Leg es in den Safe. Vielleicht ist es so etwas wie ein Nachruf." Dietmar Mateschitz starb im Oktober 2022. Genau ein Jahr später erschien das Buch. Da war Volker Viechtbauer nicht mehr in der Firma.

DM wuchs im steirischen Mürztal auf. Seine Mutter, eine Lehrerin, erzog ihn wertkonservativ. "Bescheidenheit, Geradlinigkeit und gutes Benehmen waren ihm immer sehr wichtig." In Wien studierte er an der Hochschule für Welthandel und hörte auch Vorlesungen von Viktor Frankl. Nach dem Abschluss seines Studiums als Diplomkaufmann wollte er nach Kalifornien auswandern, entschied sich aber für eine Marketing-Karriere bei internationalen Unternehmen wie Jacobs-Kaffee oder Blendax. In Bangkok besuchte er den thailändischen Geschäftspartner Chaletm Yoovidhva. Dieser kredenzte dem Gast, der unter Jetlag litt, das von seiner Firma hergestellte Getränk Krating Daeng ("roter Stier") und erinnerte sich: "Der Jetlag war überwunden und Dietrich regeneriert - und beeindruckt." Der Energydrink sollte das Leben der beiden grundlegend ändern.

Ende der 1980er Jahre versuchte Mateschitz, das "diätische Lebensmittel" in Europa zu etablieren - und scheiterte an der Sturheit der deutschen Gesundheitsbehörde. In Österreich hatte er mehr Glück. 1987 genehmigte das Gesundheitsministerium das Getränk mit den Zutaten Taurin, Glucuronolactone und Koffein. Hier sollte es, anders als im Ursprungsland, als Luxusware vermarktet werden. In Thailand wurde das Medizinprodukt von Arbeitern konsumiert. Rasch eroberte die neue Getränkekategorie die Welt: 1993 Ungarn, 1994 England. Die Nachfrage in Deutschland ließ die Dosen ausgehen. 1997 folgte Italien. Immer wieder machten die Zulassungsbehörden Probleme, doch Studien über die Unschädlichkeit gaben dem Erzeuger recht. Nach Australien und den USA war 2014 mit Uruguay die weltweite Zulassung des Produkts abgeschlossen.

Ein Zitat von Viktor Frankl, dessen Grundsätze DM beflügelten, ist dem Kapitel "Wertschätzung, Zuversicht und Vertrauen" vorangestellt: "Das große Heilmittel für die seelische Not dieser Zeit ist das Vertrauen." Das Buch macht deutlich, wie Frankl den Grundstein legte für ein an Sinn und Talent orientiertes Unternehmertum, für eine von Selbstverantwortung geprägte moderne Arbeitswelt. "Das Red-Bull-Spezifkum war … sicher Mateschitz selbst. Mateschitz war durch und durch Unternehmer, er gestaltete und verfolgte seine Ziele beharrlich, bestimmt und unbeirrbar. … er arbeitete rastlos, ja besessen, mit dem Ziel vor Augen …. Mitarbeiter mit Ideen erhalten bei Red Bull einen breiten Spielraum und maximale Gestaltungsfreiheit, neue Mitarbeiter einen Vertrauensbonus." Der Biograph verschweigt auch negative Eigenschaften des Chefs nicht: wenig kompromissbereit, nicht ohne Vorurteile, nicht immer pünktlich.

Dietrich Mateschitz galt als reichster Österreicher. "Geld und Macht waren nie Selbstzweck, sondern immer nur Mittel zum Zweck. Nicht Gewinnmaximierung stand im Vordergrund, sondern Aufgaben und Ziele. … Geld, das noch nicht eingenommen ist, wird auch nicht ausgegeben." Nahe liegend, dass viele - Athleten, Künstler, Mitarbeiter, Kunden und Geschäftspartner - versuchten, ihn für ihre Ideen zu begeistern. "Und Mateschitz liebte es, diesen Ideen, wenn sie denn zu Red Bull passten, Flügel zu verleihen. Als geduldiger Zuhörer war er immer auf der Suche nach dem Ungewöhnlichen." Solche Ideen gab es genug.

Wie bei Viktor Frankl spielte der Sport bei Red Bull eine nicht unwesentliche Rolle. Flugtage, Formel 1, Motocross, Fußball und Extremsportarten, wie Windsurfen, fanden den passenden Sponsor. Sensationell war das Projekt Stratos. 2012 sprang der Basejumper Felix Baumgartner aus der Stratosphäre. Es war der bis dahin längste, höchste und schnellste Flug. Die Kosten für das Projekt beliefen sich auf 25 Millionen Euro, der Werbewert auf eine Milliarde Euro.

1999 begann die Planung des "Hangar 7" an der Ostseite des Flughafens Salzburg als multifunktionelles Gebäude. Baubeginn der spektakulären Architektur war im Jänner 2001, Fertigstellung im August 2003. Die elliptische Halle aus Stahl und Glas sollte Mateschitz' private Flotte historischer Flugzeuge, Helikopter und Formel-1-Rennwagen aufnehmen. Dazu kommen Räumlichkeiten für Gastronomie und Veranstaltungen. Hangar 7 kann bei freiem Eintritt besichtigt sowie für Events gemietet werden. 2007 gründete Dietrich Mateschitz das Red Bull Media House als Produktions- und Verlagsgesellschaft. Zum Medienimperium zählen das monatlich erscheinende Magazin "The Red Bulletin" (seit 2007), der Fernsehsender ServusTV (seit 2009), ein YouTube-Kanal, die Zeitschrift "Servus in Stadt & Land" (seit 2010) und der Ecowin-Verlag (seit 2013).

Volker Viechtbauer gibt Einblicke in ein ganz besonderes Unternehmen, seinen Gründer und dessen Weltanschauung. Er lässt auch eigenen Überlegungen breiten Raum und schließt philosophisch: Viktor Frankl war tiefgläubig, Dietrich Mateschitz Atheist. "Ein nur scheinbarer Widerspruch, ist doch der wahre Atheist nach Dostojewski ohnehin nur einen kleinen Schritt vom Gläubigen entfernt. Beide, den wahrhaft Gläubigen und den zweifelnden Atheisten, vereint der unbedingte Glaube an die Freiheit des Willens und den Willen zu Freiheit und Sinn. "