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Ernest Zederbauer: Die Stadtmauerstädte im Waldviertel#

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Ernest Zederbauer: Die Stadtmauerstädte im Waldviertel. Drosendorf, Eggenburg, Horn, Waidhofen/Thaya, Weitra, Zwettl. Kral Verlag Berndorf. 288 S., ill., € 34,90

Die älteste Stadtmauer der Welt steht seit 8000 Jahren in Jericho (Palästina). In Mitteileuropa sicherten Kelten ihre Siedlungen mit Erdwällen, Palisaden und Schanzen, wie man z. B. im Oppidum Schwarzenbach (Niederösterreich) sehen kann. Im Schatten von Burgen entstanden im Mittelalter Städte. Im Waldviertel zählten sie rund 300 bis 500 Einwohner. Die Stadtmauer war ein fester und wichtiger Bestandteil einer Stadt, Abgrenzung und Ausgrenzung zugleich. … In den unruhigen Zeiten des Mittelalters war die Mauer, welche die Stadt nach allen Seiten hin umgab, nicht nur eine absolute Voraussetzung, sondern auch ein Prestigeobjekt für die Herrschaft. … Die Bürger, die zum Großteil Handwerker und Kaufleute waren, genossen den Schutz und die Gemeinschaft innerhalb der Mauern, waren aber gleichzeitig auch verpflichtet, diese im Kriegsfalle zu verteidigen und in Friedenszeiten zu ihrer Erhaltung und Ausbesserung beizutragen.

In Niederösterreich haben sich elf Gemeinden zum Verein Stadtmauerstädte zusammengeschlossen. Sie bieten geführte Spaziergänge, Informationen und eine kostenlose Smartphone-App an. Sechs dieser Städte liegen im Waldviertel. Drosendorf, Eggenburg, Horn, Waidhofen/Thaya, Weitra und Zwettl kann man jetzt auch anhand eines schönen und klugen Buches kennen lernen. Texte und Fotos stammen vom Weitraer Volkshochschul-Direktor Ernst Zederbauer, der im Kral-Verlag schon einige Bücher publiziert hat. Als Nachtwächter "Zedi" führt er Touristen und Einheimische durch seine historische Heimatstadt. Weitra gehörte einst, wie Waidhofen an der Thaya und Zwettl, zur Verteidigungskette des Waldviertels.

Das informative Buch stellt die sechs Städte in alphabetischer Reihenfolge vor, jedes Kapitel umfasst ein doppelseitiges typisches Bild, gefolgt von einem "Portrait", der Geschichte des Ortes, einem Plan für den Rundgang und dessen ausführlicher Beschreibung sowie einer Zeittafel. Statistische Angaben am Ende des Bandes runden die einzelnen Darstellungen ab.

Drosendorf zeichnet sich durch seine idyllische Lage hoch über der Thaya aus. Es besteht aus zwei Teilen, der Stadt und der Altstadt, die im Tal liegt. Das Gebiet ist seit etwa 6000 Jahren besiedelt, es gibt auch hallstattzeitlich/keltische Funde. Die Anfänge von Drosendorf liegen in der Zeit um 1100. Damals gründeten die Grafen von Pernegg hier an einer Furt über die Thaya an der "Böhmstraße" eine Streusiedlung mit Burg und Pfarrkirche. Dem hl. Martin geweiht, wurde sie 1153 erwähnt. Das Sakramentshäuschen und die reich verstäbte Sakristeitür erinnern an den gotischen Bau. Das Hochaltarbild wird Paul Troger zugeschrieben. Eine kurios wirkende Seltenheit ist das Heilige Grab, das ganzjährig zu sehen ist. Eine Olmützer Manufaktur hat es 1881 angefertigt. Die transparenten Glasmosaike sind von hinten beleuchtet. Die Kosten von umgerechnet 6000 Euro haben die Gläubigen selbst aufgebracht. In Drosendorf gerät nicht nur der Autor ins Schwärmen: Man fühlt sich im selben Augenblick heimisch hier, alles ist wohltuend stimmig, keine Bausünde zu entdecken. Von der 1239 m langen Stadtmauer mit einst zwei Toren und vier Türmen sind 1126 m erhalten.

Vor Millionen Jahren befand sich an Stelle von Eggenburg ein Meer. Ein geologischer Zeitraum wird "Eggenburgium" genannt. Eine Seekuh (Metaxytherium krahuletzi) und Fossilien sind im Krahuletz-Museum ausgestellt. Der Lokalforscher Johann Krahuletz (1848-1928) war ein Pionier der prähistorischen Archäologie. Er sammelte ur- und frühgeschichtliche Bodenfunde und volkskundliche Gegenstände. Ein reichhaltig ausgestattetes Museum und die ausgestorbene Seekuh sind nach ihm benannt. Geologen meinen, dass durch sein Wirken "kein ähnlich großes Gebiet Österreich-Ungarns … so bekannt ist". Der Hauptplatz von Eggenburg bietet Sehenswürdigkeiten wie eine barocke Dreifaltigkeitssäule, einen Renaissancebrunnen, eine Mariensäule, einen Pranger und ein "bemaltes Haus". Seine Sgraffitofassade zeigt antike, mythologische, biblische und allegorische Figuren. Seit 1995 bildet der Platz alljährlich die Kulisse der "Zeitreise in das Mittelalter", eines international bekannten Reenactment-Events. Weithin sichtbar überragt die Pfarrkirche St. Stephan die Stadt. Die gotische Architektur erinnert an den Wiener Stephansdom, die Kanzel an jene von Meister Pilgram. Die Stadtmauer steht fast zur Gänze (1713 m von 1830 m), auch mehrere Türme sind erhalten.

Horn, die östlichste der Stadtmauerstädte, ist als Schulstadt und durch den "Horner Bund" bekannt. Im Rahmen der Auseinandersetzung um die Erbhuldigung für den neuen Landesherrn Matthias schlossen sich, am 3. Oktober 1608, 166 Adelige des Landes unter der Enns zum Horner Bund zusammen. Sie bezeugten damit Entschlossenheit, ihre religiösen Privilegien erhalten zu wollen." 1620 setzte die Rekatholisierung mit voller Gewalt ein. 70 Adelige wurden geächtet, ihre Güter eingezogen und die Kirchen wieder katholisch. Ein Denkmal aus dem 20. Jahrhundert erinnert an den Flugpionier Karl Illner. Ihm gelang, der erste Überlandflug Wien - Horn - Wien mit einer "Etrichtaube". Ein Modell ist im Stadtmuseum ausgestellt. Horn wird auch "Stadt der Türme" genannt. Acht sind im Verlauf der Stadtmauer erhalten, die im Lauf der Zeit rund ein Drittel ihre Länge (einst 1476 m) eingebüßt hat.

Das Wahrzeichen von Waidhofen an der Thaya ist das Rathaus mit Turm und Stufengiebel. 1520 erbaut, diente es als Schüttkasten, Salzlager und lutherisches Gotteshaus. Die moderne evangelische Kirche nach Plänen von Makis Warlamis wurde 2003 geweiht. Die Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt, der prächtig ausgestattete "Dom des Waldviertels", beinhaltet die größte Orgel der Region. Das Schloss liegt im Osten der Altstadt an der Nase des Geländesporns über der Vorstadt Niedertal und der Thaya. Die mittelalterliche Burg stand hier als Abschluss und Verstärkung der Stadtbefestigung. Von 1225 m Länge sind 899 erhalten, dazu zwei der ehemals acht Türme.

In Zwettl stehen sieben Stadttürme. Hier herrschten im 11. und 12. Jahrhundert die Kuenringer. Sie stifteten das Zisterzienserkloster, das im Buch nicht beschrieben wird, weil es sich außerhalb der Mauern in einer eigenen Katastralgemeinde erhebt. Die erste Pfarrkirche in Zwettl befand sich auf dem Propsteiberg, wo auch die Kuenringerburg gestanden sein soll. Im Jahr 2000 feierte die drittgrößte Gemeinde Österreichs ihr 800-Jahr-Jubiläum, 2008 folgte die Brauerei Zwettl, die seit 300 Jahren bestand. Mit der … offiziellen Bezeichnung "Braustadt" wurde versucht, Tradition und ökonomischen Fortschritt als die zentralen Elemente des Selbstverständnisses des sich auch gern als "heimliche Hauptstadt des Waldviertels" bezeichnenden Bezirkshauptortes herzustellen.

Die "älteste Braustadt Österreichs" ist jedoch Weitra. Die Braugerechtigkeit geht auf ein königliches Privileg von 1321 zurück. So konnte man 2021 das Jubiläum mit zahlreichen Attraktionen begehen. Als Nachwächter Zedi kennt der Autor jeden Stein seiner Heimatstadt und teilt sein Wissen gern mit Interessierten. 2020 hat er der "faszinierenden Kleinstadt" einen Band in gleicher Ausstattung wie das vorliegende Buch gewidmet. Man sollte beide lesen und dann, ausgestattet mit viel Information und schönen Bildern im Kopf, die Exkursionen beginnen. Es lohnt sich!