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Int. Stifung Mozarteum (Hg.): 111 mal Mozart#

Bild 'Mozart'

Int. Stifung Mozarteum (Hg.): 111 mal Mozart. Verlag Pustet Salzburg. 248 S., ill., € 20.-

Mozarts Geburtshaus in der Salzburger Getreidegasse zählt zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten Österreichs, mit jährlich einer halben Million Besuchern. "Wir freuen uns, dass sich in den beiden vergangenen Jahrzehnten der Tourismus verändert hat," schreibt Dr. Ulrich Leisinger, der wissenschaftliche Leiter der Internationalen Stiftung Mozarteum im Vorwort zum neuen Buch. "Statt Großgruppen mit der Destination 'Europa in sieben Tagen' kommen heute - bei gleichbleibenden, tatsächlich noch immer wachsenden Gesamtzahlen - vor allem Individualtouristen, die sich auf ihren Besuch gründlich vorbereiten." Sie stellen viele Fragen über Mozart. 111 mal gibt das Buch Antwort. Es ist handlich, klar und kompetent - wie schon sein 2005 erschienener Vorgänger. Seit damals sind neue Erkenntnisse und weitere Themen dazu gekommen. Noch nicht berücksichtigt ist die "Ganz kleine Nachtmusik" (KV 648). Die Echtheit des Streichtrios aus den 1760-er Jahren, das sich unbeachtet in der Leipziger Städtischen Bibliothek befand, wurde erst im September 2024 bestätigt.

Joannes Chrysostomus Wolfgangus Theophilus Mozart wurde am 17. Jänner 1756 geboren und am folgenden Tag im Salzburger Dom getauft. Erst die Nachwelt nannte ihn Wolfgang Amadeus. "Die Stadt Salzburg zählte im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts 16.000 Einwohner. … Zwischen Adel und Bürgertum herrschte ein zwangloserer gesellschaftlicher Umgang als in anderen großen Residenzstädten. So pflegten auch die Mozarts gute Kontakte zu adeligen Familien wie den Lodrons oder den Lützows, für die Wolfgang zu verschiedenen Anlässen Kompositionen schrieb." Sein aus Augsburg zugewanderter Vater (Johann Georg) Leopold Mozart, Geiger und Violinlehrer, zuletzt Vizekapellmeister der Salzburger Hofkapelle, erkannte früh das Talent seines Sohnes und dessen fünf Jahre älterer Schwester Maria Anna. Er unternahm mit ihnen strapaziöse und kostspielige Konzertreisen, um ihnen internationale Berühmtheit zu verschaffen. Oft wurde ihm Eigennutz und Geldgier vorgeworfen. Die Autoren zeigen jedoch, dass Leopold Mozart überzeugt war, er sei es Gott schuldig, das Wunder des musikalischen Talents seiner Kinder öffentlich bekannt zu machen.

1763 unternahm der Vater mit den Wunderkindern und einem Diener im eigenen Wagen eine dreieinhalbjährige Tournee durch Westeuropa. "Die Reise führte sie durch die deutschen Staaten, Belgien, Frankreich bis nach England und von dort in die Niederlande. … Die Kinder traten dabei vor allen gekrönten Häuptern dieser Länder auf." Außerdem besuchten die Mozarts Wissenschaftler und Künstler. Im Lauf seines Lebens unternahm Wolfgang Amadeus 17 Reisen, u. a. nach Italien und Prag. Sie füllten fast ein Drittel seiner Lebenszeit aus. Bei seinem ersten Auftritt war er erst sechs Jahre alt. Es war die viel zitierte Audienz am Kaiserhof in Schönbrunn, bei der der Bub Maria Theresia küsste. Diese revanchierte sich mit wertvollen Kleidern für die jungen Künstler. Der körpernahe, lange Herrenrock (Justaucorps) war eigentlich für ihren mit Wolfgang gleichaltrigen jüngsten Sohn, Max Franz, den späteren Kölner Erzbischof, bestimmt. Ein Ölgemälde zeigt Wolfgang Amadeus im violetten "Galakleid" mit Spitzenjabot und Perücke. Das Maria Anna zugedachte weiße Kleid war ihr zu klein und nur als Unterrock umgearbeitet zu brauchen. Leopold Mozart erhielt 100 Dukaten, was dem Wert eines Hammerflügels entsprach.

Zu Mozarts Zeit wurde Salzburg von Fürsterzbischofen regiert. Diese übten in Personalunion mit ihrer geistlichen Macht auch die weltliche Herrschaft über das geistliche Territorium aus. Fürsterzbischof Sigismund Graf von Schrattenbach war als Kunst- und Kulturliebhaber ein großzügiger Dienstherr Leopold Mozart. Sein Nachfolger, Hieronymus Graf Colloredo, war als Aufklärer ein sparsamer Herrscher. Auch er unterstützte die Mozarts, entzweite sich aber zunehmend mit dem provokantiven und arroganten Komponistensohn. 1781 eskalierte der Streit, der mit der Beleidigung des Personalchefs endete, sodass dieser den aufmüpfigen Dienstnehmer wörtlich zur Tür hinauswarf. Mozart ließ sich in Wien nieder. In der 200.000 Einwohner zählenden Kaiserstadt lebten 20 fürstliche und 70 gräfliche Familien. Mozart pflegte freundschaftliche Kontakte mit ihnen und den Bürgern, gab Konzerte, komponierte und lehrte Klavierschüler. In seinem Wiener Jahrzehnt hatte er 13 Wohnungen, von denen nur das "Figarohaus" in der Domgasse erhalten - und als Museum "Mozarthaus Vienna" zu besichtigen - ist.

1782 heiratete der 26-Jährige freischaffende Komponist die 20-jährige aus einer Musikerfamilie stammende Constanze Weber. "Constanze wurde in der Literatur immer als leichtfertig und verschwenderisch geschildert. Die Quellen zeigen dagegen das Bild einer Frau, die in Lebensführung und Interessen in hohem Maße mit ihrem Ehemann übereinstimmte. Sie war musikalisch gebildet und Mozart eine sehr wichtige und ihn ergänzende Partnerin. Viele Briefe Wolfgangs zeugen von der großen Liebe zu Constanze."

Wenn das neue Mozart-Buch den Untertitel "Fakten, Mythen, Halbwahrheiten" trägt, zählt der schlechte Ruf der Ehefrau wohl zu den Mythen. Ebenso wie Überlieferungen zum Aufttrag des Requiems und Mozarts Bestattung. Längst ist bewiesen, dass der musikalische Dilettant Franz Graf von Walsegg seiner verstorbene Gemahlin ein Requiem widmen wollte. Da er nicht komponieren konnte, ließ er es anonym bei Mozart beauftragen, um es unter seinem Namen herauszugeben. Mozart starb aber vor dem Abschluss des Werkes, das schon bezahlt war. Constanze ließ es daher von einem Schüler Mozarts vollenden. Sicher ist auch, dass er weder vergiftet, noch in einem Armengrab verscharrt wurde. Die Beerdigung auf dem St. Marxer Friedhof fand, für einen Bürger standesgemäß, als "Begräbnis 3. Klasse" statt. Für Mehrfachbestattungen waren einfache Schachtgräber vorgesehen, die nach zehn Jahren neu belegt wurden. Bei dieser Gelegenheit soll Mozarts Schädel gerettet worden sein. Er gelangte auf Umwegen nach Salzburg, wo er bis 1940 im Geburtshaus ausgestellt war. Jetzt vertritt die internationale Stiftung Mozarteum, die das Cranium verwahrt, den Standpunkt, "dass ein Nachweis, den erhaltenen Schädel Mozart zuzuordnen, nicht möglich ist." Der Geniekult um den Meister begann nicht erst posthum, sondern schon zu seiner Zeit als Wunderkind. In der Romantik des 19. Jahrhunderts erreichte der Kult seinen Höhepunkt. Noch in jüngster Vergangenheit sollte eine Studie zeigen, dass sich Mozarts Musik positiv auf die Intelligenz auswirke, sogar schon bei Babys. Doch erkannten andere Forscher. "Es gibt keinen wissenschaftlichen Beweis dafür, dass das Hören von Mozart die kognitiven Fähigkeiten von Kindern verbessert."

hmw