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Markus Kristan (Hg.): Josef Hoffmann#

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.Markus Kristan (Hg.): Josef Hoffmann. Essays und Texte. Verlag Bibliothek der Provinz Weitra. 192 S. ill., € 24,-

"Über den bedeutenden österreichischen Architekten und Kunstgewerbler Josef Hoffmann wurde schon viel geschrieben, worauf sich zum Teil auch die große Bekanntheit seines Werkes und seiner Person begründet. Weitaus weniger bekannt ist, was er selbst über sein Schaffen und sein Leben dachte und erzählte," schreibt Markus Kristan als Herausgeber von Hoffmanns Essays und Texten. Der Kunsthistoriker, seit drei Jahrzehnten Kurator der Architektursammlung in der Albertina, hat sich auf die Suche von Artikeln aus Hoffmanns Feder gemacht. Nun stellt er zwei Dutzend ausgewählter Schriften vor, darunter etliche erstmals publizierte. Sie kreisen um die größten Interessen des Autors: Architektur, Kunstgewerbe, Mode, Möbel, Architektenausbildung. Fanatisch verfolgte er das Ideal, in jeder Hinsicht Hochwertiges zu produzieren und war überzeugt, "Kunsthandwerk kann die Menschen besser machen." Sein Leben lang bekämpfte er den historistischen Fassadenschmuck, was sich aus seiner Biographie erklärt. Als Hoffmann 1892 das Studium an der Akademie der bildenden Künste begann, war der prominente Ringstraßenarchitekt Carl von Hasenauer deren Rektor und sein Lehrer. Hasenauer vertrat einen dekorativen Stil des strengen Historismus im Geschmack der Makart-Zeit. Sein Nachfolger wurde Otto Wagner, zu dessen Mitarbeiter Hoffmann beim Stadtbahnprojekt zählte.

Josef Hoffmann (1870-1956) war der Sohn des gleichnamigen Textilfabrikanten und Bürgermeisters von Pirnitz (Brtnice) in Mähren. Die solide biedermeierliche Einrichtung des Elternhauses inspirierte seine künstlerische Entwicklung. Im Gymnasium von Iglau (Jhilava) war der nur wenige Tage ältere "ewige Widersacher" Adolf Loos (1870-1933) Hoffmanns Klassenkamerad. Markus Kristan meint, dass die Architekten einander als "eine Art Reibebaum" brauchten, was "offenbar für beide kreativitätsanregend" wirkte. Hoffmann erreichte das höhere Alter. Es war ihm vergönnt, 60 Jahre lang beruflich aktiv zu sein. "Hoffmann war kein Objekt , das er zu gestalten hatte, zu klein oder zu groß - vom kleinen Schmuckgegenstand bis zur großen kommunalen Wohnhausanlage entwarf er alles - und, was wichtig ist, immer nach den gleichen Gestaltungsprinzipien." Die Entwürfe pendelten "zwischen Zweck und Zierde", stellt der Herausgeber fest und nennt drei Einstellungen als Konstanten: Optimismus, Wandlungsfähigkeit und Einfallsreichtum.

Man kennt Josef Hoffmann als Schöpfer der Villen auf der Hohen Warte (Wien 19, 1900-1911), Gründer und künstlerischen Leiter der Wiener Werkstätte (1903-1932), Architekten des Sanatoriums Purkersdorf (1904-1906), des Palais Stoclet in Brüssel, weiterer Villen sowie Gemeindebauten (1924-1953). Berühmt sind von ihm entworfene Gegenstände, die heute im Kunsthandel Preise von mehreren tausend Euro erreichen. Er war Mitglied des Künstlerhauses, der Secession, des Werkbundes und des Bundes österreichischer Künstler, auch Gründungsmitglied und Präsident. Der Designer wirkte als Professor der Kunstgewerbeschule, der späteren Universität für angewandte Kunst (1899-1937) und hielt Rundfunk-Vorträge. Josef Hoffmann erhielt zahlreiche hohe Auszeichnungen im In- und Ausland.

In den 1890 er Jahren war er einer der wenigen Kunststudenten, die alle wichtigen Preise gewonnen hatten. Das Staatsstipendium ermöglichte einen Studienaufenthalt in Italien. Die Architektur der Insel Capri beeindruckte ihn stark: "Dort stimmt der malerische Baugedanke in seiner glatten Einfachheit, frei von künstlerischer Überhäufung mit schlechten Dekorationen … und spricht für jedermann eine offene, verständige Sprache." Der programmatische Aufsatz "einfache Möbel", entstand 1901, zugleich mit dem Bau der ersten Villen der Künstlerkolonie Hohe Warte. 1913, als Josef Hoffmann für die Jubiläumsgabe der Zeitschrift "Wiener Mode" über "modernes Kunstgewerbe" schrieb, war er seit kurzem Regierungsrat und hatte das Angebot einer Berufung nach Dresden. Gleichzeitig baute er die Villenkolonie Kaasgraben. Einmal mehr brachte er in dem Artikel Forderungen zum Ausdruck, wie "Wir wollen wenige, aber gediegene Dinge, welche auch unsere Enkel benützen können, und die ihren ästhetischen Werk behalten, auch wenn sie ausgedient haben." Nach dem Ersten Weltkrieg, 1919, äußerte er für die Musik- und Theaterzeitschrift "Der Merker" Ideen über "Wiens Zukunft": "Es gilt das Werk des Zerstörens durch das Werk des Aufbaues abzulösen und die große kulturelle Tat zu beginnen. Wir haben diese Macht und daher doch auch die Hoffnung auf wirkliches Leben in der Zukunft."

Seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts beschäftigte das Gegensatzpaar "Pathos" und "Sachlichkeit" Philosophen, Literaten und Architekten. Josef Hoffmann ging es um die Gratwanderung zwischen Qualität und Wirtschaftlichkeit. Einem seiner wenigen utopischen Essays gab er den bezeichnenden Titel "Wiener im Jahre 2000. Stadt und Menschen ohne Kitsch." Als er 1924/25 "neue Ziele der Innenarchitektur" formulierte, hatte er bereits Gemeindebauten wie den Winarsky-Hof (mit)entworfen. Dieser Gemeindebau mit mehr als 500 Wohnungen wird, so Wikipedia, "als gleichzeitig monumental und schlicht beschrieben. Es handelte sich um ein Prestigeprojekt des 'Roten Wien', für dessen Gestaltung die Elite der Wiener Architektur aufgeboten wurde." Hoffmann erinnerte damals: Es kann und darf nicht vergessen werden, daß die Farbe der wichtigste Faktor in einem Raum ist."

1929/30 schuf er das Denkmal für seinen Lehrer Otto Wagner. Der rund zehn Meter hohe Steinpfeiler war im Sinne einer typischen Hoffmannschen Reduktion einer Triumphsäule mit einem in Augenhöhe angebrachten Schriftblock gestaltet. Das Denkmal wurde anlässlich der Werkbundtagung auf dem Heldenplatz aufgestellt, doch bald von den Nationalsozialisten abgetragen. Andererseits zeigte das NS-Regime Hoffmann, der nie "ein glühender Anhänger der Partei" war, seine Wertschätzung, als sie ihn zum Sonderbeauftragten für die künstlerische Neubildung des Wiener Kunsthandwerks und Leiter der Versuchswerkstätte für künstlerische Formgebung des Wiener Kulturamtes bestellte. Seine in dieser Zeit veröffentlichten Artikel ("Die Pause", 1942, "Völkischer Beobachter", 1944) sind, wie Markus Kristan festhält, rein fachspezifisch und enthalten keinerlei politische Äußerungen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg machte sich Hoffmann in der "Wiener Zeitung" Gedanken zum Wiederaufbau. In den Zerstörungen sah er eine Chance für die Zukunft. Historisch und künstlerisch Wertvolles sollte wieder hergestellt und dabei bedacht werden, Ergänzungen "in taktvoller, aber doch zeitgemäßer Art " durchzuführen. Er spricht sich für die Revitalisierung der Innenstadt als Wohnviertel für "besonders originelle Menschen" aus. Kulinarische und kulturelle Attraktionen würden in- und ausländische Gäste anziehen und "das Befahren dieser Stadtteile sollte in gewissen Stunden verboten sein." Weitere Vorschläge waren "Neuerungen im Stadtpark", ein "Stadtteil direkt an der Donau", die Umgestaltung des Theseustempels zur Würdigungsstätte berühmter Komponisten, ein Hanak-Museum im Augarten und die Nutzung von Teilen des Praters als Künstlerviertel. Sein "Haupt- und Lieblingsthema Kunstgewerbe" verfolgte er noch im fortgeschrittenen Alter. Schon die Jugend müsse "zum guten Geschmack erzogen werden. Wenn sie nur das Gute wählt, wird bald aller Schund verschwinden. … sehen wir oft mit Schrecken, wie von den vermögenden Kreisen große Beträge für leibliche Genüsse und meist minderwertige Vergnügungen ausgegeben werden, dagegen … für die wertvolle Arbeit unseres Kunsthandwerks nichts übrig hat." Neben den Texten Hoffmanns sind die Erläuterungen des Herausgebers - "Gedankensplitter" und "Josef Hoffmann als Autor" - sowie die Zeittafel im Anhang äußerst aufschlussreich. Erst nach dieser Lektüre kann man den - oft als "Qudratlhoffmann" belächelten - Künstler verstehen und richtig einschätzen. Markus Kristan bezeichnet ihn als einen "der unbestreitbar berühmtesten österreichischen Architekten weltweit!"

hmw