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Rotraud A. Perner: Niemandsweib#

Bild 'Perner'

Rotraud A. Perner: Niemandsweib. Anstand. Standhaftigkeit. Widerstand. Bausteine (m)einer Resilienz. Ein Vermächtnis. Ibera Verlag Wien. 256 S., € 27,-

Prof. Dr. Rotraud A. Perner, MTh, feiert ihren 80. Geburtstag, zu dem ihr jüngstes Buch erscheint. Seit 1991 hat sie 65 Bücher und unzählige Artikel, Beiträge und Kolumnen verfasst. In ihrem neuesten Werk geht es um "Anstand. Standhaftigkeit. Widerstand". Der Verlag nennt es "Anleitung zu einem glückenden Leben". Doch unterscheidet sich Perners "Vermächtnis" wesentlich von den Lebenshilfe-Büchern, die seit einiger Zeit massenhaft erscheinen. In einzigartiger Weise verbindet es wissenschaftliche Erkenntnisse und eigene Erfahrungen. Die Autorin kann auf zwölf Berufe verweisen: Juristin, Kommunalpolitikerin, Sozialtherapeutin, Gemeinwesenarbeiterin/ Projektberaterin, Psychotherapeutin (sowie Psychoana¬lytikerin/ Gesundheitspsychologin/ psychosoziale Beraterin) Erwachsenenpädagogin Supervisorin, Medienarbeiterin/Autorin, Hochschullehrerin, Gerichtssachverständige, evangelische Fachtheologin, Pfarrerin. "Niemandsweib" ist ein ein sehr persönliches Buch. Stellenweise in Briefform an ihre Stieftochter geschrieben, dann wieder sachlich verallgemeinernd für alle, die lernen wollen, wie man Gewaltsituationen bewältigt. Perner machte schon als Siebenjährige Erfahrungen mit (Ver-)gewalt(igung), es blieben nicht die einzigen. Sie blickt zurück auf sechzig Jahre wissenschaftlich fundierte Auseinandersetzung mit Gewalt in allen Formen. Exkurse, Zitate und Fußnoten ergänzen die Texte.

Rotraud A. Perner wurde am 18. August 1944 in Orth an der Donau als einziges Kind eines Gymnasialdirektors und einer Pianistin geboren. Sie besuchte die Volksschule in Laa an der Thaya und Wiener Neustadt und maturierte mit Auszeichnung am Humanistischen (Knaben-) Gymnasium in Wiener Neustadt. Das Jusstudium an der Universität Wien beendete sie 1967 mit der Promotion. Der Heirat mit dem Journalisten Reinhold M. Perner folgten einige Semester Soziologie, ehe zwei Söhne zur Welt kamen. 1973 bis 1987 wirkte Rotraud A. Perner als Bezirksrätin und Landtagskandidatin in Wien-Favoriten. In diesen Jahren gründete und leitete sie eine Reihe von Initiativen, wie "Club Bassena", Verein "Familie und Beratung", und erreichte mit einigen KampfgefährtInnen die Bildung einer eigenen Berufsgruppe der Psychologischen Berater (Lebens- und Sozialberater) innerhalb der Wirtschaftskammer, deren Vorsitz sie bis 1990 übernahm. Weitere Gründungen bis zur Jahrtausendwende waren die 1. Wiener Sexualberatungsstelle und der Verein "Die Möwe" für misshandelte Kinder (gem. mit Elfriede Abt).

In der Ära Kreisky (Dr. Bruno Kreisky war 1970-1983 Bundeskanzler der Republik Österreich) waren Rotraud und Reinhold Perner in verschiedenen Positionen der SPÖ einflussreich tätig. Der Ehemann, im System der Wahlkampf-Spindoktoren verankert, pflegte intensive Kontakte zu anderen Mit- und Vordenkern. Die Aktivitäten der Ehefrau wurden trotz (oder wegen) ihrer Erfolge von IntrigantInnen schlecht gemacht. Unbeirrbar lernte sie Politik und Emanzipation. 1991 erfolgte die Approbation als Psychotherapeutin / Psychoanalytikerin, 1993 als Gesundheitspsychologin. Zahlreiche Seminare, Lehraufträge, Projekte und regelmäßige ORF-Sendungen folgten. In Matzen (Niederösterreich) betreibt Rotraud A. Perner das Institut für Stressprophylaxe & Salutogenese.

Mit 66 Jahren entschied die renommierte Expertin, sich einem weiteren Ziel zu widmen. Sie inskribierte an der Universität Wien evangelische Theologie und schloss das Studium als Master ab. 2016 als Pfarrerin im Ehrenamt ordiniert, wirkt sie nun auch als evangelische Hochschulseelsorgerin. Hier reicht der Platz nicht aus, um alle die bemerkenswerten Aktivitäten von Rotraud A. Perner auch nur aufzulisten. Dazu sei auf ihre Webseite und - vor allem - auf ihr neuestes Buch verwiesen.

In "Niemandsweib" beschreibt die Autorin weniger ihre Erfolgsgeschichte, als die Begleitumstände, die nur zu oft von der "österreichischen Krankheit" Neid, "Hinterfotzigkeiten" und Gewalt gekennzeichnet waren. Sie tut dies - immer der Wahrheit verpflichtet - mit schonungsloser Offenheit und Namensnennung der beteiligten Personen. Ein Begriff zieht sich als roter Faden durch die bemerkenswerte Autobiographie: Resilienz (resilient - schnell erholungsfähig, widerstandskräftig).Er bezeichnet ursprünglich die Fähigkeit bestimmter Materialien, nach Belastungen schnell in den ursprünglichen Zustand zurückzukehren, wie beispielsweise ein Gummiband. In der Psychologie findet sich der Begriff bei der US-amerikanischen Psychologin Emmy Werner (1929-2017). Sie betont, dass es sich nicht um eine angeborene Eigenschaft handelt, sondern um einen variablen, kontextabhängigen und beeinflussbaren Prozess. "Resilienz erwirbt man durch bewusste Erfahrung des körperlichen, seelischen bzw. sozialen Überlebens von schockierenden oder anderen Hochstress-Situationen," schreibt Perner. Resilienz bedeute, "bei Widerstand nicht gleich die Nerven zu verlieren, sondern nach alternativen Möglichkeiten zu suchen und eine Entscheidung zu treffen." Resilienz heißt, "dass man seine aufkeimende bzw. wachsende Stärke spürt und wertschätzt." Die Autorin wünscht sich, dass die Leserinnen und Leser, so wie sie, "die veralteten Rollenbilder hinter uns lassen und zusammen arbeiten, um gemeinsam eine gerechtere und damit gesündere Welt zu bauen."

hmw