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Rudolf Maurer: Geschichte der Stadt Baden bei Wien (1)#

Bild 'Maurer'

Rudolf Maurer: Geschichte der Stadt Baden bei Wien (1). Von der Urzeit bis zum Ende der Babenberger (7500 v. Chr. bis ca. 1260). Kral Verlag Berndorf. 296 S., ill., € 39,90

Dieser stattliche Band ist ein posthumes Geburtstagsgeschenk. 2024 wäre der Autor 70 Jahre alt geworden. 2020 ist Dr. Rudolf Maurer viel zu früh verstorben. Er war der Stadthistoriker von Baden bei Wien, langjähriger Leiter des Archivs und des Rollettmuseums sowie für die Abteilung Museen der Kurstadt verantwortlich, so zählten auch Kaiserhaus, Beethovenhaus und Puppenmuseum zu seinen Agenden. Eine umfassende "Geschichte der Stadt Baden" - die erste seit einem Jahrhundert - sollte sein Lebenswerk werden. Dabei konnte er auf seine zahlreichen Forschungsergebnisse und Publikationen zurückgreifen (was nicht zuletzt die Literaturliste dieses Buches zeigt). Das opus magnum gedieh nur bis ins Mittelalter, hat aber hervorragende Herausgeber gefunden: Jakob Maurer, Archäologe und Neffe des Autors, sowie Thomas Aigner, der das Diözesanarchiv St. Pölten leitete und u.a. "Matricula online" (Kirchenbücher online) initiierte. Beide loben Maurers Arbeitsweise. Er habe seinen Text (anders als die meisten Autoren) "Kapitel für Kapitel gleich fertig ausformuliert - ein Glücksfall für die Nachwelt!"

Das Werk ist "im typischen Erzählstil Rudolf Maurers verfasst, in dem sich sein Anspruch zeigt, neue wissenschaftliche Inhalte so aufzubereiten, dass sie für ein breites Publikum spannend zu lesen sind," schreiben die Herausgeber in ihrem Vorwort. Das Buch umfasst eine fast 8000-jährige Geschichte, reicht aber wesentlich weiter zurück. Vor 200 Millionen Jahren entstanden der Sooßer Lindkogel, der Badener Lindkogel und der Rauheneckerberg. Vor 50 Millionen Jahren begannen sich Alpen und Karpaten aus einem ausgedehnten Meer aufzuwölben. Vor 20 Millionen Jahren bildete sich das Wiener Becken. Dieses senkt sich bis heute - "daher die relativ häufigen Erdbeben , … daher die heißen Mineralquellen. … Der sogenannten "Westlichen Thermenlinie" verdankt Baden seine Heilbäder". Vor etwa 5 Millionen Jahren waren die letzten Reste des Badener Meeres ausgetrocknet. … "In Zyklen von rund 100.000 bis 120.000 Jahren wechselten Kalt- und Warmperioden … wobei die Temperaturen mit den heutigen vergleichbar oder sogar höher waren."

Die ersten Bauern lassen sich im Badener Gebiet vor 7500 Jahren am Spitzerriegel (Harterberg) nachweisen. Bald folgten weitere Siedler, die wohl die warmen Quellen zu schätzen wussten. Zugewanderte und einheimische Bevölkerung entwickelten vor 5600 Jahren eine neue Zivilisation, die "Badener Kultur". Vor 4300 setzte die Bronzezeit in Baden ein. Der Autor behandelt die drei Epochen Frühbronzezeit (Hockergräberkultur, ca. 2200-1600 v. Chr.), Mittelbronzezeit (Hügelgräberkultur, ca. 1600-1250 v. Chr.) und Spätbronzezeit (Urnenfelderkultur, ca. 1250-800 v. Chr.). Vor 2750 Jahren begann die Eisenzeit, vor 2400 Jahren kamen die Kelten nach Baden. Sie siedelten am Eingang des Helenentals und bei der Römerquelle im heutigen Stadtgebiet.

Das dritte der fünf großen Kapitel übertitelt Rudolf Maurer "Aquae". Es beschreibt die Zeit zwischen 15 v. Chr. und 791 n. Chr., während der "ein Kurort geboren" wurde. "Das römische Baden bestand aus zwei deutlich getrennten Teilen: einerseits der Badeanlage in der Nähe der Ursprungs- oder Römerquelle … andererseits der daran anschließenden Zivilsiedlung. Zum Bad gehörte auch eine Art Kaserne für die kurbedürftigen Legionäre." Das Bad war ein 53 m lange und 8-10 m hohes Bauwerk. Es enthielt einen Turnsaal, Kaltwasser-Badesaal, Warmwasser-Badesaal und Sauna. Mosaiken bedeckten die beheizten Fußböden. Der Quellhügel hinter dem Bad blieb als heiliger Hain unverbaut. Dort opferte man den Quellnymphen und der Göttin der Gesundheit. Aus dem 1. bis 4. Jahrhundert kam eine Reihe von Münzfunden zu Tage. "Die letzten historischen Zeugnisse für das römische Baden sind Münzen, eine des Kaisers Constantinus (337-361) aus Baden und vier des Kaisers Gratian (367-382) aus dem Dorf in Bärenschwanzeln. … Das erste schriftliche Zeignis für das nachrömische Baden ist eine Nachricht, … dass im Jahre 869 in der Pfalz Baden ein Gerichtstag des Köngssohnes Karlmann stattgefunden habe." Den Römern folgten Langobarden, Slawen und Awaren.

Nach dem Ende des Awarenreiches entstand "Padun", dem das vierte Kapitel (791-991) gewidmet ist. In jedem Abschnitt des gut gegliederten Werkes finden sich nicht nur zahlreiche Illustrationen, sondern auch interessante Exkurse. Oft geht es darin um die kritische Auseinandersetzung mit phantasievollen Erzählungen aus der Zeit vor der wissenschaftlichen Volkskunde. Viele stammen vom Schriftsteller Gustav Calliano, den Maurer als "alten Flunkerer" und "skrupellosen Heimatforscher" bezeichnet. So überlieferte Calliano Sagen vom "Karlstisch bei der Veste Rohr", den er fälschlich mit Karl dem Großen in Verbindung brachte.

Schließlich beschäftigt sich der Abschnitt über die Epoche 991 bis 1260 mit "Padan - Paden". Diese Bezeichnungen lassen sich anno 1113 nachweisen. Es war das Jahr der Fertigstellung des von Markgraf Leopold III. (genannt "der Heilige") gestifteten Klosters Klosterneuburg. Wie man dessen Traditionsbuch entnehmen kann, schenkte der Landesherr fünf Weingärten in Baden zum Unterhalt der Geistlichen. Nicht nur Wein, auch Wasser, spielte damals eine wesentliche Rolle. Außerhalb der Stadt entwickelten sich im Hochmittelalter die sieben Quellhöfe: Heiligenkreuzerhof, Peregriniquelle, Merkensteinerhof, Schloss Gutenbrunn, Sauerhof, Engelsbad und Peterhof. In der "Gründerzeit der Ministerialen" (1136-1192) wurde die Herrschaft Leesdorf ausgebaut und gründete die Herrschaft Rohr, auch Rauheneck und Rauhenstein entstanden. Die Reformen Herzog Heinrich II. ("Jasomirgott") beendeten in Baden diese Gründerzeit.

Die Jahre 1192 bis 1246 werden "Erntezeit des Mittelalters" genannt. "Nach 150 Jahren stürmischer Entwicklung war das Land im Wesentlichen aufgesiedelt, eine Infrastruktur geschaffen, die wirtschaftlichen Grundlagen waren gelegt - nun konnte man die Früchte ernten: Bevölkerungswachstum und Wohlstand stellten sich ein." Das Dorf Baden war von fünf repräsentativen Burgen eingerahmt und besaß eine markante Doppelturmkirche. Nach dem Friedensvertrag von 1254 rief der Herzog von Österreich und König von Böhmen Přemysl Ottokar II. (um 1232-1278, Dürnkrut) einen österreichweiten Landfrieden aus. "Mit Recht durfte man ein goldenes Zeitalter für seine Länder erwarten." Wohl mit seiner Unterstützung wurde die bei den Kampfhandlungen ausgebrannte Kirche als dreischiffige romanische Basilika erneuert. Sie war "fast wie ein Dom gestaltet" und fasste 1000 Personen. Die um die Jahrtausendwende begonnene Kolonisationsperiode war um 1260 im Wesentlichen abgeschlossen.

Mit diesem Jahr endet Rudolf Maurers erster Band der "Geschichte der Stadt Baden bei Wien". Der zweite "Von den frühen Habsburgern bis zum Ausgang des Mittelalters (1260 - 1500)" wird demnächst erscheinen. So erfreulich diese Tatsache ist, bleibt doch sehr zu bedauern, dass der Autor sein Lebenswerk nicht vollenden konnten. Rudolf Maurer hat in seiner Zeit als Archivar und Museumsdirektor mehr als 100 Beiträge verfasst, die er als Quellengrundlage für seine große Stadtgeschichte verstand. Es wäre schön, könnten auch diese verstreut erschienenen Arbeiten zusammengefasst publiziert werden.

hmw