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Karin Schneider-Ferber: Die Schönborns#

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Karin SCHNEIDER-FERBER: Die Schönborns. Fürstbischöfe zwischen Macht und Kunst. Verlag Friedrich Pustet Regensburg. 168 S. ill., € 17,50

Vor genau 350 Jahren erblickte Friedrich Karl von Schönborn (1674-1746) das Licht der Welt. Er stand „im Zenit des Ruhms“ der berühmten deutschen Dynastie, und er war derjenige mit den stärksten Verbindungen zu Österreich. Das vorliegende Buch ist eine Art Geburtstagsgeschenk. Ein Buch, das in jeder Hinsicht Lob verdient: kompakt und kompetent, umfassend und angenehm zu lesen. In den Jahren zwischen 1642 und 1756 besetzten sechs Mitglieder der Familie Schönborn zum Teil gleichzeitig und in Ämterkumulation bedeutende geistliche Erz- und Fürstbistümer. … Sie stellten zwei Reichskanzler, einen Reichsvizekanzler und drei Kurfürsten. … Damit besaßen die Schönborns über vier Generationen und 150 Jahre hinweg maßgeblichen Einfluss auf die Germania Sacra.“

Die Autorin, die Historikerin Karin Schneider-Ferber, bezeichnet Friedrich Karl von Schönborn, Fürsterzbischof von Würzburg und Bamberg, Vollender des Rohbaus der Würzburger Residenz und Reichsvizekanzler in Wien als eines der bedeutendsten Mitglieder des Adelsgeschlechts. Obwohl begabt, fleißig und bestens ausgebildet, war er in Wien nicht gerade willkommen. Wichtige Entscheidungen liefen an ihm vorbei, er sah sich mit Intrigen und Kompetenzstreitigkeiten konfrontiert, „Dennoch bemühte er sich mit kluger Zurückhaltung das Beste aus seiner Lage zu machen.“ Der Graf engagierte sich für die Pragmatische Sanktion, um die Erbfolge der Kaisertochter Maria Theresia zu ermöglichen und bot Karl VI. dazu auch militärische Hilfe an. „Der Reichsvizekanzler sah sich auf verlorenem Posten. … Genervt von den jahrelangen Mühen und Querelen gab Friedrich Karl sein Amt 1734 schließlich auf und widmete sich fortan ganz seinen Aufgaben als geistlicher Landesherr.“ In Wien hatte er den barocken Bauboom nach der Zweiten osmanischen Belagerung miterlebt und gute Kontakte zu Prinz Eugen geknüpft. Es war die große Zeit der in kaiserlichen Diensten stehenden konkurrierenden Stararchitekten Fischer von Erlach und Johann Lucas von Hildebrandt. Schönborn beauftragte Hildebrandt, mit dem Gartenpalais (Volkskunde-Museum) und Schloss Schönborn in Göllersdorf (Niederösterreich). Die jährlichen Einnahmen des Grafen waren die höchsten aller Reichsvizekanzler, außerdem übertrug ihm der Kaiser Ländereien in Ungarn. Auch als Fürstbischof von Bamberg und Würzburg „begrüßte Friedrich Karl als alter österreichischer und treuer Patriot“ 1745 die Wahl Franz Stephans von Lothringen zum neuen Kaiser.

Der Kirchenfürst sanierte die Finanzen, erließ strengere Gesetze, förderte Sozialeinrichtungen, Bildung und Wissenschaft. Wie viele in seiner Familie vom „Teufelsding“ der Bauwut befallen, betrieb er den Bau der Würzburger Residenz. Das als schönstes Schloss Deutschlands gepriesene Bauwerk wurde 1981 zum UNESCO- Welterbe erklärt. Die überaus prächtige Innenausstattung verzögerte sich. Als Schönborn das Kaiserpaar Franz Stephan und Maria Theresia durch die Residenz führte, bestand die Dekoration aus Attrappen. Die Fertigstellung blieb seinem Nachfolger (und Cousin) Karl Philipp von Greiffenclau vorbehalten. Er beauftragte Giambattista Tiepolo (1696-1770) mit der Ausmalung des Kaisersaales. Der beste Maler Venedigs meisterte diese in eineinhalb Jahren zur vollsten Zufriedenheit des Auftraggebers. Kaum war das Werk vollendet, schuf Tiepolo im Treppenhaus 1752/53 das mit 677 m2 größte zusammenhängende Deckenfresko der Welt.

Dessen Fertigstellung erlebte Friedrich Karl von Schönborn nicht, doch konnte er seine Hofkapelle einweihen. „Für die reichhaltige Innenausstattung wirkten die besten Künstler des Residenzbaus zusammen. Lucas von Hildebrandt lieferte die Entwürfe für die wuchtigen Seitenaltäre aus schwarzem und gelbem Marmor, Tiepolo fertigte die Seitenaltarblätter … Die der ´Allerheiligsten Dreifaltigkeit´ geweihte Hofkirche gilt heute als einer der vollkommenen Sakralbauten des 18. Jahrhunderts.“ Als der Fürstbischof 72-jährig in Würzburg starb, hatte er in Franken mehr als 100 Kirchen erbauen oder renovieren lassen und weihte sie gerne selber ein. Er förderte Wallfahrten und Volksfrömmigkeit, liebte prächtige Liturgien, war aber kein konfessioneller Hardliner. So erwarb er sich Anerkennung weit über das katholische Lager hinaus und blieb als positiver Landesfürst in Erinnerung.

„Die Schönborns waren nicht nur prunkliebende Bauherren, sondern auch politische Visionäre. Als Inhaber bedeutender geistlicher Ämter bestimmten sie wesentlich die Reichspolitik mit und versuchten, das Reich aus den europäischen Konflikten des 18. Jahrhunderts herauszuhalten“, fasst Karin Schneider-Ferber zusammen. Die Familie, deren Wurzeln sich bis ins 13. Jahrhundert verfolgen lassen, stammte aus dem Rhein- und Taunusgebiet. Ihr reiches kulturelles Erbe hinterließ sie jedoch in Franken. Als „fulminanten Auftakt in schwieriger Zeit“ bezeichnet die Autorin das Wirken des Johann Philipp von Schönborn (1605-1673). Von Anfang an bewährten sich die familiäre Arbeitsteilung in Kirchenkarriere beziehungsweise Ehe und Elternschaft, die Kunst der Diplomatie und Vernetzung. 1642, mitten im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648), wählte das Domkapitel Johann Philipp von Schönborn zum Fürstbischof von Würzburg. Man erwartete, dass er für einen raschen Friedensschluss eintreten und dem Bistum weitere finanzielle Belastungen ersparen werde. Er setzte energische Initiativen für einen Friedensschluss und ging als „deutscher Salomon“, „Friedensfürst“ und „Vater des Vaterlandes“ in die Geschichte ein. 1647 wurde er zusätzlich zum Erzbischof von Mainz gewählt und damit zum Kurfürsten und Erzkanzler erhoben. Jedoch huldigte der allseits geachtete und bewährte Würdenträger der Vetternwirtshaft, protegierte Geschwister und Neffen.

Als „vielversprechender Neffe“ setzte Lothar Franz von Schönborn (1655-1729) das Werk fort. 1693 wurde er zum Fürstbischof von Bamberg gekürt und gestaltete dieses zur glänzenden Barockstadt um. Mit seiner Wahl zum Erzbischof von Mainz trat Lothar Franz 1695 an die Spitze des deutschen Episkopats. Nach seiner Devise „Pro Deo, Caesare et Imperio“ (Für Gott, Kaiser und Reich) sorgte er dafür, dass die Königs- und Kaiserwahl des Habsburgers Karl VI. reibungslos vonstatten ging. Voraussetzung für dessen Heirat mit Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel war der Übertritt der Braut von der evangelischen zur katholischen Konfession. Die festliche Konversion der erst 17-jährigen fand 1707 im Bamberger Dom statt. Zwei Wochen später reiste sich nach Wien und ehelichte ein Jahr später Karl VI. Das berühmteste Kind des Ehepaares war Kaiserin Maria Theresia. Lothar Franz von Schönborn gilt als „Vater des fränkischen Barock“. In seinen Bauten paarten sich barocke Frömmigkeit und fürstlicher Repräsentationswille, wie beim Familiensitz Schloss Gaibach bei Volkach am Rhein, der Bamberger Residenz und Schloss Weissenstein bei Pommersfelden mit seiner berühmten Gemäldegalerie.

Zur dritten Generation zählten die sieben Neffen des Lothar Franz von Schönborn, darunter Friedrich Karl. Mit seinem Bruder Franz Georg (1682-1756), der den Jubilar um zehn Jahre überlebte, ging die Ära der großen Fürstbischöfe aus dem Haus Schönborn zu Ende. Franz Georg war Erzbischof und Kurfürst von Trier, Bischof von Worms und Fürstpropst des Stiftes Ellwangen.

„Die Phase der großen Kirchenkarrieren waren zwar für die Schönborns wie für alle anderen reichsritterschaftlichen Geschlechter nach 1800 vorüber, doch ins allgemeine Gedächtnis hatten sie sich tiefer eingebrannt als alle ihre Standesgenossen. … Und ein später Nachfahre des böhmischen Familienzweigs hat es in jüngster Vergangenheit sogar wieder in eine kirchliche Spitzenposition geschafft. Der am 22. Januar 1945 im heute tschechischen Vlastislav geborene Christoph Maria Michael Hugo Schönborn amtiert seit 1995 als Erzbischof von Wien und wurde 1998 von Papst Johannes Paul II. in den Rang eines Kardinals erhoben – 293 Jahre nach seinem Vorfahr Hugo Damian Philipp. So wird die über 700-jährige Geschichte des Geschlechtes auch in der Gegenwart in vielfältiger Weise fortgeschrieben.“

hmw