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Stefan OLÁH: Ischl#

Bild 'Olah'

Stefan OLÁH: Ischl. Essay: Clarissa Stadler. Verlag Anton Pustet Salzburg. 156 S., ill., € 28,-

Jenseits von Nostalgie, „Franzl“- und „Sissi“-Kitsch stellt dieses Buch Bad Ischl vor. Es kommt gerade recht zum Kulturhauptstadt-Jahr, unterscheidet sich aber vom Gewohnten. Schon das Titelbild wirkt unkonventionell. Wo man zum Einstieg vielleicht eine Ortstafel erwartet, ist es hier das blaue Schild mit weißer Schrift, das den Fluss „Ischl“ markiert. Es folgen faszinierende, sogar meditative Fotos. Nur schade, dass auf Seitenzahlen und Bildtexte verzichtet wurde. Stefan Oláh, bekannt für Bildserien von Kunst- und Wissenschaftsinstitutionen, aber auch für fotografische Exkursionen zu Tankstellen und Würstelständen, hat sich das Widersprüchliche der Kurstadt vorgenommen. „Es sind die Gegensätze, die mich anziehen. Der Ort ‚hat etwas‘, ich mag ihn. Mir gefällt, dass er sich Ecken und Kanten bewahrt hat und sich daher abseits von Kaiser, Kitsch und Tradition Brüche auftun.“ Als erstes studierte Stefan Oláh alte und neue Reiseführer – und wusste dann genau, welche Orte er nicht aufsuchen wollte. Das verriet er der Essay-Verfasserin Clarissa Stadler.

Die ORF-Kultur-Journalistin hat ein persönliches Verhältnis zu „Ischl“ (ohne „Bad“). Sie teilt ihre Erlebnisse und Erinnerungen mit den Leserinnen und Lesern. Als Kind fand sie die Erzählungen ihrer Salzburger Verwandten besonders interessant. Sie handelten von „Onkel Rudi und Tante Reserl“, die es nach Ischl verschlagen hatte. Später des Öfteren dort beruflich unterwegs, machte sie sich auf die Suche nach deren Bleibe. Die jetzige Besitzerin zeigte ihr freundlich ein altes Album und wusste viele Geschichten über das Wiener Künstlerehepaar zu berichten. Rudi Gfaller (1882-1972) war Operettenkomponist und Ensemblemitglied des Neuen Theaters Leipzig. Dort fand er seine Frau, die Sängerin Therese Wiet (1885–1971), mit der er gemeinsam auftrat. In Leipzig betrieben sie das Lokal „Panorama-Künstlerspiele“. Nachdem eine Bombe dieses zerstört hatte, übersiedelten sie in ihr Ischler Feriendomizil auf dem Doppelblick. Rudi Gfaller komponierte dort Bühnenstücke. „Der freurige Elias“ handelt von der eingestellten Salzkammergutlokalbahn. Die „Volksoperette“ wurde 1963 in Bad Ischl uraufgeführt, aufgezeichnet und im Hauptabendprogramm des ORF-Fernsehens gesendet. Außerdem agierte Gfaller als humorvoller Conferencier beim „Zauner“.

Stefan Oláh hat die berühmte Konditorei auch besucht, aber unkonventionell abgelichtet: „So kommt nicht nur der berühmte `Zaunerstollen` vor, sondern auch der Blick auf die Sitzecke und den Kristallluster, weil sie Teile der Attraktion sind. … Menschen im Bild stören mich bei meinen Beobachtungen eher, weil es dann zu konkret wird. … Ich will einfach in meiner künstlerischen Arbeit möglichst vermeiden, dass Bilder dadurch einen Datumsstempel haben,“ verriet er Stadler im Interview. Das Foto steht im Buch direkt hinter ihrem Essay. An die hundert Aufnahmen sind hier versammelt, die Blasmusik-Formation und Souvenirs, eine Seilbahngondel und Bauwerke aus den 1970-er Jahren, Plakatwände und Wegweiser, Werbetafeln und Geschäftslokale, Panoramen und Landschaften, Parks und Spielplätze, Kaiservilla und Kurhäuser.

Den Fotokünstler reizt, „was die Stadt für den Tourismus macht. Es ist eine gewollte Inszenierung, eine gewollte Unterhaltung – die Gäste sollen ja kommen. … Der Alltag interessiert mich einfach mehr als die Inszenierung … es wirkt so überinszeniert, auch in der historischen Dimension, dass es eine für mich schon fast befremdliche Künstlichkeit bekommt. Ich erkenne ganz einfach in dieser Inszenierung die Tradition nicht mehr. Gerade deswegen interessiert mich der Alltag, denn der geht einfach weiter.“

Oláhs Bilder wirken strukturiert, sein Stil klar und reduziert. Wie kommt es zu dieser charakteristischen „Handschrift“? Am Anfang steht die Recherche, am besten zu Fuß und noch ohne Kamera. Dabei werden Standort und Ausschnitt festgelegt. Alle Aufnahmen für dieses Buch erfolgten mit einem Weitwinkel-Objektiv der Mittelformat-Sucher-Kamera Mamiya 7 und ohne Stativ. „Ich rühre auch im Setting nichts an, würde kein Auto umparken oder gar einen Baum umschneiden, sondern ich ergehe mir den Bildausschnitt und suche meine Bilder aus dem Vorhandenen.“

hmw