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Karl und Martin Zellhofer: Wien und seine Bahnen#

Bild 'Zellhofer'

Karl und Martin Zellhofer: Wien und seine Bahnen. Von den 1970er-Jahren bis heute. Edition Winkler-Hermaden Schleinbach. 140 S., ill., € 28,90

Vor knapp zwei Jahrhunderten begann in Wien das Eisenbahnzeitalter. 1838 dampfte ein Zug von Floridsdorf nach Deutsch-Wagram. Die erste, von Pferden gezogene, Straßenbahn fuhr vor 160 Jahren (1865) vom Schottenring nach Hernals. Seither haben die öffentlichen Verkehrsmittel einen kometenhaften Aufstieg genommen. Mit der Entwicklung des letzten halben Jahrhunderts beschäftigt sich das neue Buch von Karl und Martin Zellhofer. Vater - ein pensionierter Schulrat - und Sohn - in der Buchbranche tätig - sind ein erfolgreiches Autorenteam mit einem großen privaten Bildarchiv. Zuletzt erschien 2022 "Eisenbahnen im Weinviertel".Im Wiener Band geht es nicht nur um Eisenbahnen, sondern auch um Straßenbahn, Stadtbahn und U-Bahn. Die Autoren beginnen mit einem Blick zurück, um dann die innerstädtischen Massentransportmittel der 1970er-, 1980er-, 1990er- und 2000er-Jahre Revue passieren zu lassen. Persönliche Erinnerungen eines Straßenbahnfahrers, eines Verschiebers, eines Schaffners, eines U-Bahn-Technikers und eines Fachtrainers vervollständigen die Zeitbilder. Der informative Bild-Text-Band wird sicher auch bei vielen LeserInnen Erinnerungen wecken.

Der Nordbahnhof war der erste Kopfbahnhof der Stadt. In den Folgejahren eröffneten weitere Kopfbahnhöfe: Südbahnhof (1841), Ostbahnhof (1846), Westbahnhof (1858), Franz-Josefs-Bahnhof (1870) und Nordwestbahnhof (1872)… Keiner dieser Bahnhöfe befand sich in der Stadtmitte. Die Straßenbahn wurde bis 1903 von Pferden gezogen, einzelne Linien fuhren mit Dampf. Mit der Übernahme durch die Gemeinde Wien begann um die Jahrhundertwende das Zeitalter der "Elektrischen". Damals entstand auch die, von den k. k. Staatsbahnen anfangs mit Dampflokomotiven betriebene, Stadtbahn. Ein Farbfoto aus dem Jahr 1977 zeigt ein Schild aus der Zeit nach 1925: "Zur Wiener elektrischen Stadtbahn Bahnsteig 4", das in Hütteldorf an einem der berühmten Otto-Wagner-Sonnenblumengitter befestigt war.

Viele der neueren Fotos wirken nostalgisch. Die Züge waren oft generationenlang im Einsatz, wie die Straßenbahnwagens der Type K, 1912 bis 1972. Bei der Eisenbahn waren noch in den 1970er-Jahren zahlreiche Dampfloks unterwegs. Am 29. Mai 1976 fuhr der letzte planmäßige Dampfzug auf Wiener Boden von Stammersdorf aus ins Weinviertel. 1978 begann der elektrische Verkehr zwischen Franz-Josefs-Bahnhof und Tulln. Ein Foto des FJB aus dieser Zeit zeigt ihn von drei riesigen Pappeln überragt. Als einziger der großen Wiener Bahnhöfe konnte der Franz-Josefs-Bahnhof bereits unmittelbar nach Kriegsende seinen Betrieb wieder aufnehmen. In den Jahren nach dem Krieg wurde er eher lieblos renoviert. Die ursprünglichen Uhrtürme wurden abgerissen, Stuckatur und Fassadenteile abgeschlagen, heißt es in "Wikipedia". Was waren (bei der Straßenbahn) die wichtigsten Ereignisse der 70er- Jahre ? 1970 kamen erstmals Straßenbahnfahrerinnen zum Einsatz, 1972 verkehrte erstmals eine Garnitur ganz ohne Schaffner. 1972 wurden zahlreiche Straßenbahnlinien eingestellt beziehungsweise auf Busse umgestellt. … 1976 eröffnete der erste Teilabschnitt der U4. Spektakulär war der Einsturz der Reichsbrücke am 1. August 1976. … Im Dezember 1976 musste die Floridsdorfer Brücke wegen ihres schlechten Erhaltungszustands gesperrt werden. … In Rekordzeit erfolgte bis 1978 der Neubau der Floridsdorfer Brücke parallel zur alten Brücke.

In den 1980er-Jahren bauten die ÖBB Strecken und Infrastruktur aus. Die Schnellbahn bekam ab 1981 Liniennummern. Für den Papstbesuch 1983 wurde nahe der Reichsbrücke eine provisorische Haltestelle an der Donauuferbahn errichtet. 100.000 Personen kamen mit Sonderzügen. Bei strömendem Regen zelebrierte Johannes Paul II. auf der "Papstwiese" im Donaupark vor 400.000 Gläubigen einen Gottesdienst. 1987 feierten die ÖBB "150 Jahre Eisenbahn" mit zahlreichen Veranstaltungen und Sonderzügen. Die Vorortelinie nahm als Schnellbahn von Heiligenstadt nach Hütteldorf den Betrieb auf. Mit Straßenbahn, Stadtbahn und U-Bahn fuhren 1980 rund 358,5 Millionen Passagiere. Die Verkehrsbetriebe hatten 760 Straßenbahntriebwagen, 657 Straßenbahnbeiwagen, 92 Stadtbahntriebwagen, 108 Stadtbahnbeiwagen und 120 U-Bahn-Doppeltriebwagen. Das Schienennetz lag bei 243 km. Mit dem Ausbau der U-Bahn schrumpfte das Straßenbahnnetz. Mitte der 1980er- Jahre begannen die Bauarbeiten für die U3. In diesem Dezennium wurden die Jahresnetzkarten eingeführt und das Straßenbahnmuseum in der Remise Erdberg eröffnet.

Highlights der ÖBB in den 1990er-Jahren waren das Rauchverbot in der Schnellbahn, der Neue Austrotakt als großteils lückenloser Taktfahrplan zwischen den Städten und verkürzte Intervalle auf der Vorortelinie. 1993 erfolgte die Verlängerung der S 45 von Heiligenstadt nach Floridsdorf und die Eröffnung der Station Handelskai. Anstelle des 1974 demolierten und 1978 überbauten Franz Josefs-Bahnhofs erhob sich nun ein multifunktionaler Komplex. Karl Zellhofer notierte 1996 mit wehmütigem Blick: Der einst prachtvolle Bahnhof hat Ende der 1940er-Jahre eine schmucklose Fassade erhalten. Der schlichte, schäbig wirkende Bau war der letzte zumindest in Grundzügen erhaltene alte Hallenbahnhof Wiens. Er musste schließlich dem jetzigen in den 1970er Jahren begonnenen Neubau weichen. Während er im Foyer durchaus modern und gefällig wirkt, vermittelt der Bahnsteigbereich den Eindruck, sich in einem Keller zu befinden. Kahl und bunkerartig wirken die grauen Betonwände, die ständige Finsternis wird von kalten Neonlampen erhellt. Der alte Bahnhof hatte einen spröden Charme, der neue Bahnhof hat nicht einmal das. In den 1990ern wuchs das U-Bahn-Netz weiter, die U3 verbindet seither Erdberg und Ottakring. Die U6 erhielt Niederflurzüge der Type T. Die neue Station Spittelau wurde zum Umsteigeknoten zwischen U6, U4, Franz-Josefs-Bahn, der Straßenbahn D und Autobussen. Im letzten Jahr des 20. Jahrhunderts wurden die "Wiener Stadtwerke-Verkehrsbetriebe" zur "Wiener Linien GmbH & Co KG".

Für die Bundesbahn begannen die Nullerjahre mit dem Ausbau der S7 zum Flughafen Wien und dem Umbau der Station Rennweg. Seit 2003 nutzt der City Airport Train (CAT) die schnelle Direktverbindung. Auch die ersten Touchscreen-Fahrkartenautormaten wiesen in eine moderne Zeit. Bahnhöfe und Haltestellen waren in diesem Jahrzehnt wesentlichen Veränderungen unterworfen. 2007 erfolgte der Spatenstich für den Hauptbahnhof Wien an Stelle des Süd- und Ostbahnhofes. Der Westbahnhof erfuhr einen grundlegenden Umbau. Statt der ÖBB-Werkstätte in Floridsdorf entstand das Krankenhaus Wien Nord. Auf dem Fahrzeugsektor ging die Ära der ersten Schnellbahngeneration zu Ende. Die Wiener Linien modernisierten ihren Fuhrpark mit ULF-Niederflurwagen. Die ausgemusterten Waggons verkaufte man in andere Städte, wie Graz, Utrecht oder Krakau.

2020 war der Hauptbahnhof etabliert, der Westbahnhof zum Regionalbahnhof geworden. Nur das Unternehmen Westbahn bietet bis heute Fernzüge vom Westbahnhof aus an. … Umfangreiche Sperren auf verschiedenen Abschnitten der Wiener S-Bahn-Stammstrecke sind für 2025, 2026 und 2027 geplant, wobei Brücken und Viaduktbögen neu errichtet und Stützmauern saniert werden. Das Großprojekt der Wiener Linien ist der Bau der U2xU5, zunächst bis Hernals. Bis 2035 soll sie den Wienerberg erreichen. Weitere Ausbaupläne betreffen zukünftige Stadtteile wie das Nordwestbahnhof-Areal, die Seestadt Aspern oder Donaufeld. Das entnehmen die Autoren der Website der Stadt Wien. Sie schließen ihr Buch: Es bleibt spannend.

hmw