Sagen aus dem Raum Radmer Radmer, Steiermark #
Ein Pferd entdeckt das Kupfervorkommen in der Radmer [1]
Im Umkreis des Steirischen Erzberges finden sich an verschiedenen Orten auch noch andere Bergschätze wie etwa das wertvolle Kupfer. In der Radmer, einem Tal das in das des Erzbaches zwischen Eisenerz und Hieflau mündet, war es ein "weisendes Tier", das die Menschen zu der Lagerstätte führte.
Einst machte sich ein Bauer auf den Weg, um eine Alm zu besuchen, auf der ein Halterbube den Sommer über sein Vieh hütete. Den weiten und beschwerlichen Weg legte er im Sattel seines Pferdes zurück. Nur im letzten und steilsten Anstieg gönnte er dem Roß Freiheit, saß ab und ließ das Tier bis zu seiner Rückkunft von der Alm grasen.
Bei seiner Rückkunft bemerkte er, daß das Pferd mit seinen Hufen etwas freigescharrt hatte. Es war ein seltsam glänzendes und in Farben spielendes Gestein, das freilag. Der Bauer steckte einige Stücke davon ein und nahm sie mit nach Hause, wo er sie einigen kundigen Bergleuten zeigte. Diese erkannten darin schönes Kupfererz und bald war ein ganzes Bergwerk in der Radmer tätig, um das kostbare Erz abzubauen.
Der Haselwurm in der Radmer
Es ist ein alter Glaube. daß, wenn die Blätter eines Haselstrauches in der Mitte ein rundes Loch haben, unter diesem Strauche ein Haselwurm sein Lager habe und er es sei, der diese Löcher über Nacht ausbeißt.
Da war denn einmal ein großer Zauberer im Lande. Dieser brachte viel seltsames und wunderbares Zeug zusammen und daß er dies vermochte, kam davon her: Er sah einmal einen Haselstrauch, dessen Blätter in der Mitte ein kreisrundes Loch hatten. "Holla!", dachte er sich, "da steckt ein Haselwurm und der muß mir gehören!" Er paßte auf den Wurm acht Tage und acht Nächte. Wohl sah er den Wurm, groß und prächtig schön wie der Regenbogen, aber er konnte ihn nicht bekommen. Endlich, am neunten Tage kam der Wurm wieder zum Vorschein, wahrscheinlich um was zum Fressen zu erhaschen, und da sprang der Mann schnell auf das Loch zu, daß der Wurm nicht mehr zurück konnte, und erschlug ihn. Daraufhin nahm er denselben mit nach Hause, sott ihn in siedendem Wasser und aß davon stückweise.
Da überkam den Mann eine eigene Kraft und er wurde ein mächtiger Zauberer. Er hörte Blumen und Kräuter reden, verstand die Sprache der Tiere. Er sah alles und konnte alles zuwege bringen, was er nur wollte. Dieser Zauberer lebte lange, lange Zeit und als es mit ihm zum Sterben kam, kroch aus seinem Munde ein scheußliches Gewürm. Es soll der Haselwurm gewesen sein, der, weil der Zauberer dreimal 77 Jahre gelebt hatte, dreimal wieder lebendig geworden war.
Der Bergstutzen [3]
Dieser Stutzen soll eine Art Drache sein mit vier Füßen, mit einem Katzenkopf, mit einem langen Schweif und mit giftigen Zähnen, Er greift die Menschen nicht aus freien Stücken an. Kommt man aber auf ihn zu, so beißt er und der Gebissene muß sterben.
Vor Jahren hat Erzherzog Johann einen Preis von dreißig Dukaten auf die Erlegung und Einbringung eines solchen Stutzen ausgesetzt.
Wildfrauen auf dem Zeiritzkampel
Auf dem Zeiritzkampel sollen einst Wildfrauen gehaust haben, schöne und friedvolle weibliche Wesen, die wunderschön sangen. Sie wohnten in Höhlen an den Abhängen des Berges, die man die "Frauenhöhlen" heißt. Braven Menschen halfen sie in mancher schwierigen Lage oder Not und behüteten auch das Vieh auf den Almweiden. Die Hirten dieser Gegend verwendeten zum Treiben des Viehes und zur Warnung, wenn dieses auf Abgründe hin graste, sogenannte Ringstöcke oder Ringelstecken, kurze kräftige Prügel, an deren einem Ende scheppernde Eisenringe befestigt waren, die ausreichten, um aus einiger Entfernung gehört zu werden. Später aber kamen bei den Haltern und den Sennerinnen lange Peitschen auf, deren kräftiges Schnalzen und Knallen den sanftmütigen Wildfrauen ganz zuwider war. Sie verschwanden bald aus der Gegend und wurden nie mehr wieder gesehen und die "Frauenhöhlen" sind seitdem unbewohnt.
Aber auch Hexen gibt es dort... [5]
Die Hexen halten auf dem Zeiritzkampel ihre Versammlungen ab. Da befindet sich das Wunderloch, eine Höhle, in welcher sich ein großer See befinden soll. In diesem hausen schwarze Fische und ein Lindwurm. Um dieses Loch herum halten nun die Hexen ihr Wettrennen, wobei sie auf Besenstielen und Ofengabeln reiten. Auch brauen sie daselbst Hagelwetter. Beunruhigt man sie, was gern geschieht, wenn man einen Stein in das Loch wirft, so ziehen bei heiterstem Wetter Wolken sich zusammen, Blitze durchzucken den Himmel, der Donner rollt fürchterlich und schwere Gewitter, oft auch Wolkenbrüche gehen nieder.
. . . und die Wilde Jagd
Einer Kräutersammlerin in Kalwang begegnete am hellen Mittage der Zug der wilden Jäger, der unter gellendem Aufschrei über die waldigen Berghöhen an der linken Talseite des Liesingtales durch die Luft zog und sich dann über den Sebastianiberg hin in der Richtung gegen den Zeiritzkampel gänzlich verlor.
Weiter zum nächsten Ort Hieflau
Dieselbe Person fand auch in der sogenannten Kißling ganz kleine Pferdehufeisen, die von der wilden Jagd herrühren, und erblickte auch im Felsgestein des Zeiritzkampels Spuren derartigen Hufeisen eingedrückt. [7]
[1] Haiding, Volkssagen S.144, Nr.187 "Die Entdeckung des Kupfererzes in der Radmer". Textneufassung G.J.
[3] Vernaleken, Alpensagen S.260, Nr.183 "Der Bergstutzen in Steiermark". Auch bei Krainz Mythen, S.180, Nr.133 "Der Bergstutzen"
[5] Krainz, Mythen S.409, Nr.313 "Die Hechsen auf dem Zeiritzkampel". Nach mündlicher Überlieferung
[7] Derlei Funde stehen in Verbindung mit dem alten Säumerwesen. Saumtierkarawanen von Maultieren verloren in Gebieten, die später verkehrsmäßig verarmten, sicherlich solche Hufeisen, die kleiner als Pferdhufeisen waren. Bei den Abdrücken im Fels dürften Fossilien im Spiel sein.