Sagen aus dem Raum Reichraming Reichraming, Oberoesterreich #
Bergmandln bei Reichraming
Bei Reichraming fallen die Ennsberge steil ab. In einem der Felsen hausten besondere Zwerge, die Bergmandln. Wer dort in den Bergen einen im Gestein steckenden goldenen Zapfen findet, kann damit die Felswand aufschließen und die darin verborgenen Schätze an sich bringen. Diese Bergmandln sind von ganz kleiner Gestalt und leben in unterirdischen Städten, die wunderbar ausgestattet sind. Sie wissen alles über Schätze in den Bergen und können auch Zukünftiges voraussagen. Wer keine schweren Sünden begangen hat, findet zuweilen die Zuneigung und Hilfe dieser gütigen und gerechten Wesen. So achten sie besonders darauf, daß der Mensch sorgsam mit der Gottesgabe Brot umgeht. Wenn man von einem Bergmandl Brot geschenkt bekommt, muß man sorgsam und ehrfürchtig damit umgehen, sonst kann der hilfreiche Geist zornig werden und einen dafür strafen.
Einmal ging ein Holzknecht bei Reichraming an einem Felsen vorüber. Da sah er, wie die Bergmandl Brot buken . Der Mann nahm sich ein Herz und bat die Kleinen um einen Laib Brot, bekam aber die Antwort, daß noch keiner fertig sei. Auf dem Rückweg kam der Holzknecht wieder an der Stelle vorbei und - siehe da! - ein Bergmandl erwartete ihn bereits und gab ihm ein frisches, duftendes, noch warmes Brot. Und dieses erwies sich als eine wahre Wunderspeise: Sooft man sich ein Stück davon abschnitt, wurde der Laib wieder voll und ganz und verbrauchte sich nicht. Der Segen war aber plötzlich vorbei, als er sich einmal besonders hungrig an den Laib machte und sich ein Stück voller Gier davon abschnitt.
Heute sind die Bergmandln aus der Gegend verschwunden. Und das hat seine Gründe. Nachdem schon lange keine mehr aufgetaucht waren, sah man eines Tages doch wieder eines auf einem Felsen. Es rief den Vorübergehenden zu, daß sie sich nicht mehr sehen ließen, seit der Teufel das Jodeln aufgebracht habe. Dadurch fühlten sie sich also ungemein gestört. Und einer Sennerin sagte ein solches einmal, daß der Grund für das Verschwinden auch darin zu suchen sei, daß, seit die Bauern die Riemengeißel aufgebracht hätten, sie nicht mehr zusehen könnten, wie diese das Vieh grausam damit schlügen.