Exposé Ankünfte#
Vorbemerkung: Als ich den ‘Atlas eines ängstlichen Mannes’ von Christoph Ransmayr gelesen hatte, dachte ich, dass ich einige Geschichten in ähnlicher Weise zusammenfassen könnte. Verschiedene Erzähler brechen ins Ungewisse auf , um nach ihren Ankünften Unerwartetes zu entdecken.
Inhalt:
- 1. Der Auswanderer
- 2. Bomben auf Dutch Harbor
- 3. Das traurige Paradies
- 4. Der Schwanz des Himmels
- 5. Die trüben Tage des Mai
- 6. Mas a Tierra
- 7. Nan Madol
- 8. Aranui
- 9. Die Englein, die singen so scheen...
- 10. Die zehn Plagen Kamtschatkas
- 11. Gespinste im Wind
- 12. ’..and lingered until...’
- 13. Am Wibbelsberg
- 14. Warum weinst Du, holde Gärtnersfrau?
Exposé:
Der Auswanderer
Der Auswanderer hatte sich 1915 mit nur siebzehn Jahren freiwillig zu Kriegsdienst gemeldet. Er kehrte mit einem Lungensteckschuß heim und wanderte aus gesundheitlichen Gründen nach Südamerika aus. Die Erzählung schildert, wie er sich dort über zehn Jahre lang durchschlägt. Mit dem Ersparten kauft er sich nach seiner Rückkehr ein Grundstück, auf dem er ein Haus baut und einen Garten anlegt. Der ehemalige Auswanderer heiratet und zeugt einen Sohn. In der Folge macht er Karriere als Werkmeister im Luftpark Wiener Neustadt. Unentbehrlich in den Flugzeugwerken, erlebt er den 2. Weltkrieg an der Heimatfront. Anlässlich eines Einsatzes im Winter 1942/43 bei einem Transport ungarischer Juden erlebt er die Schrecken das Holocausts hautnah mit. In der Nachkriegszeit geht er seinem erlernten Beruf als Tischlermeister nach. Obwohl handwerklich überaus geschickt, misslingt ihm der Aufstieg in eine führende Position am Bauhof der Stadtgemeinde. Sein Hobby als Gärtner - er veredelt Obstbäume mit mehr als einem Dutzend verschiedenen Sorten - hilft ihm seine beruflichen Probleme zu bewältigen. Nach seiner Pensionierung richtet er seinen großen Garten zu einem wahren Schmuckkästchen her. Er beginnt zu malen und bringt seine Erlebnisse in der Fremde und im Krieg zu Papier.
Bomben auf Dutch Harbor
Nach einer Messe in der russisch-orthodoxen Kirche in Kodiak (Alaska), trifft der Erzähler auf einen alten Einheimischen, der ihm seine Lebensgeschichte anvertaut. Am Tag seiner Hochzeit wird Dutch Harbor von japanische Flugzeugen mit Bomben belegt. Obwohl die Attacke auf die Aleuteninsel Unalaska neben Hawaii und Guam den einzigen Angriff auf das Gebiet der Vereinigten Staaten darstellt und nur wenige Opfer fordert, zerstört sie das Leben des Bräutigams. Die Inuitbraut wird von einem Bombensplitter getötet. Der junge Witwer heiratet nicht wieder und verbringt das weitere Leben allein. In all den Jahren kann er seine Liebe nicht vergessen. Seine tiefe Frömmigkeit hilft ihm über die Einsamkeit hinweg und versöhnt ihn mit dem Walten eines scheinbar blinden Schicksals.
Das traurige Paradies
Der Student Walter unternimmt eine Reise in den Pazifik, um zu erkunden, ob sich auch mit einem geringen Budget Südseeträume verwirklichen lassen. Leider stellt sich Februar als die falsche Jahreszeit für Französisch Polynesien heraus. Der Aufenthalt auf der Trauminsel Bora Bora wird durch Schlechtwetter getrübt. Eine junge Frau gabelt Walter bei Regen am Straßenrand auf und nimmt ihn in ihrem Auto mit. Dabei stellt sich heraus, dass beide aus der selben Stadt in Österreich stammen. Bei mehreren Treffen zeigt sie Walter die Insel, und beide tauschen ihre Erfahrungen aus. An einem der folgenden Tage lädt sie ihn zu sich in ein halbfertiges, feudales Haus am Strand ein. Anstatt eines ‘Letzten Tango’-Szenarios stellt sie ihm ihren Mann, einen geflüchteten Baulöwen vor, der nicht mehr nach Europa zurück kann. Die Frau leidet unter Heimweh und würde das Postkarten-Paradies gerne verlassen. Vor der Rückreise nach Tahiti kommt es an der Fähre zu einer bewegenden Szene.
Der Schwanz des Himmels
Den nächsten Aufenthalt unternimmt Walter gemeinsam mit seinem Freund Fred. Ziel ist diesmal Rarotonga, das größte Eiland des Cook-Archipels. Die beiden wollen prüfen, ob die Berichte von einem Südsee-Idyll den Tatsachen entsprechen. Von der coolsten Disco des Pazifiks, dem Banana Court, bis zu den Inselbergen Te Manga und Ikurangi, dem ‘Schwanz des Himmel’, war in den Reisebüchern die Rede gewesen. Im Banana Court gerät Fred mit einem Einheimischen in Widerstreit um die Gunst einer Inselschönheit namens Moana. Auf einer Tour ins Inselinnere eskaliert dann der Streit zwischen den Kontrahenten. Zwischen Walter und Moana, die sich alsr Tochter einer Herrscherin auf dem Atoll Aitutaki entpuppt, beginnt es auf einer Schiffsfahrt von Rarotonga nach Aitutaki zu funken. Walter wird in einem Bungalow der ‘Königin’ untergebracht, und Moana zeigt Walter das Atoll. Mit Fahrrädern besuchen sie Tempelanlagen und den höchsten, knapp über hundert Meter hohen ‘Berg’ der Insel. Eine Lagunentour entspricht dann allen Vorstellungen von der Südsee. Gegen Ende des Aufenthaltes begegnen sie einer bemerkenswerten Frau, Moanas Tante Josi, der Witwe eines norwegischen Walfängers.
Die trüben Tage des Mai
Beim Begräbnis seiner Exfreundin im Saarland denkt Robert an seine Bekanntschaft mit Melanie zurück. Bei Frühjahrswanderungen in der Eifel und Besuchen in Frankfurt war in ihm eine tiefe Zuneigung zu ihr aufgekeimt. In Sachsenhausen verbringen sie bei trübem Wetter einen Tag voller Verliebtheit. Am Balkon des Lokals, in dem sie zu Mittag essen, spielt eine kleine Kapelle zärtliche Weisen. Wenn sich Robert später an Melanie erinnert , kommt ihm meist dieses Bild in den Sinn. Ein Besuch bei Melanies Familie in Saarlouis verläuft harmonisch. Im Sommer erfüllt sich die Liebe der beiden. Sie verbringen einen gemeinsamen Urlaub im Schwarzwald, bei dem sich Roberts Gefühle zu Melanie zunehmend entfalten. Doch der Beziehung mangelt es am Reziprozität. Denn bald darauf eröffnet ihm Melanie, dass die Beziehung beendet sei. Sie hat sich für einen gewissen Schneider entschieden, der Robert schon vom Anfang nur wenig sympatisch war. Hingegen freundet er sich mit dem Braumeister Bernd an, einem ehemaligen Bekannten Melanies. Als die Liaison mit Schneider später schief geht, kommt es nochmals zu ein paar Begegnungen zwischen Melanie und Robert. Dieser empfindet zwar keine Schadenfreude über das Scheitern von Melanies Beziehung, aber der ursprüngliche ‘Punch’ ist dahin. Melanie geht mit Bernd nach Kalifornien, wo die beiden heiraten. Aber schon nach ein paar Jahren erkrankt sie an Krebs.
Mas a Tierra
Im Anschluß an eine Tagung in Santiago de Chile hat der Erzähler die Idee, gemeinsam mit zwei Freunden die Juan-Fernandez Insel ‘Mas a Tierra’ aufzusuchen. Es handelt sich dabei um die landnächste einer von drei Inseln, die etwa siebenhundert Kilometer von Valparaiso entfernt liegt. Die drei Gefährten wollen sich auf die Spuren des schottischen Piraten Alexander Selkirk setzen, der vor fast drei Jahrhunderten über vier Jahre lang auf der pazifischen Insel ausgesetzt verbrachte und Daniel Defoe als Vorbild für seinen Robinson Crusoe gedient hat. Schon die Anreise mit einem zehnsitzigen Flugzeug erweist sich als abenteuerlich. Man landet auf einer Grasnarbe und fährt dann über zwei Stunden mit einem offenen, kleinen Motorboot vom Flugplatz zur einzigen Stadt auf die andere Seite der Robinson-Insel. Der Ranger Calderon führt die drei Reisenden in die Besonderheiten von Mas a Tierra ein. Wanderungen zum Mirador del Selkirk und zum Puerto Frances führen in Landschaften voll wilder Schönheit. Am Inselfriedhof erfahren die Drei von der Selbstversenkung des kaiserlichen Kriegsschiffes ‘Dresden’, das im ersten Weltkrieg in einer Bucht vor der kleinen Stadt Zuflucht vor einer englischen Übermacht gesucht hatte. Dabei stellt sich heraus, dass Calderons Großvater Matrose am deutschen Kreuzer gewesen war.
Nan Madol
Auf weiteren Südseefahrt kommt der Erzähler nach Mikronesien. Die Ruinen der steinernen Stadt Nan Madol, neben den Statuen der Osterinsel die bedeutendste archäologische Sehenswürdigkeit im pazifischen Raum, hatten ihn schon lange gereizt. Jetzt war er über Guam und Chuuk angereist Die beeindruckende Mauern, aus zum Teil riesigen Basaltsäulen, vor Jahrhunderten vor der Marianeninsel Pohnpei auf künstlichen Inseln erbaut, bilden den Hintergrund dieser Geschichte. Beim Besuch der Ruinenstadt trifft der Erzähler auf aufsäßige Jugendliche und einen gastfreundlichen Einheimischen. Die Bekanntschaft mit einem französischen Jesuitenpater gewährt ihm Einblicke in die Missioni.erung Ozeaniens. Mit einem einheimischen Novizen nimmt der Reisende in einer windschiefen Bude am Rande der Inselhauptstadt Kolonia an einer Kawa-Zeremonie teil. Aus den Wurzeln des Pfefferstrauches hergestellt, versetzt einem das Getränk in einen apathischen Zustand, bei dem man die Sorgen vergißt. Höhepunkt des Aufenthaltes in Pohnpei ist dann das Treffen mit drei einheimischen Frauen und eine Nacht am Berg mit zweien von ihnen. Mit der jungen Insulanerin Taranga besucht der Erzähler deren Großmutter, die in den Bergen in einer Höhle in einem Basaltkegel haust. Sonnenuntergang und Mondaufgang erlebt er am Feuer der Alten, deren Gebräu ihn in eine seltsame, nie gekannte Stimmung versetzt, in der er kaum Traum und Wirklichkeit zu unterscheiden vermag.
Aranui
Walter setzt seinen Südsee-Trip zu den Marquesas fort. Um Zeit zu sparen, nimmt er das Flugzeug vom Airport Faa’a auf Tahiti nach Nuku Hiva, einer der Hauptinseln des angesteuerten Archipels. Dort wandelt er auf den Spuren eines seiner Lieblingsautoren: Walter sucht Stellen auf, die Herman Melville in seinem Bestseller ‘Taipi’ so lebendig beschrieben hat. Schroffe Bergrücken, unterbrochen von tief eingeschnittenen Tälern, dichter Regenwald, in dem unvermittelt steinerne Götzenstatuen mit glotzenden Augen auftauchen - all das macht den Aufenthalt dort zu einem unvergesslichen Erlebnis. Eine Wildschweinjagd, zu der Walter von zwei einheimischen Hausfrauen eingeladen wird, beschließt den Aufenthalt auf Nuku Hiva. Walter geht an Bord der ‘Aranui’, die neben Post und Gütern auch Passagiere von Tahiti zu den Marquesas und dort von Insel zu Insel bringt. Dabei handelt es sich nicht um ein luxuriöses Kreuzfahrtschiff, aber es bietet die wohl beste Möglichkeit die schönste Inselgruppe des Stillen Ozeans zu erkunden. Aus Kostengründen hat Walter eine Deckpassage gebucht. Höhepunkt der Kreuzfahrt ist ein Besuch von Fatu Hiva, der landschaftlich vermutlich spektakulärsten Insel im ganzen Stillen Ozean, auf der Thor Heyerdahl ein ganzes Jahr verbrachte. Die Reise wird überschattet durch den Tod eines krebskranken Mitpassagiers, mit dem und dessen Frau sich der Erzähler während der Tour angefreundet hatte.
Die Englein, die singen so scheen…
Szenenwechsel zum tiefsten und wasserreichsten Süßwassersee der Erde, dem Baikal. Von Moskau aus fliegt Robert zu Vorträgen an die Universität Irkutsk nach Sibirien. Im Anschluß daran fährt er mit den russischen Kollegen zum ‘Sibirischen Meer’. Als ein Schlechtwettereinbruch die Reisegruppe bei einer Tour zum Ostufer des Baikalsees im Dorf Turka überrascht, suchen sie Zuflucht im Haus einer alleinstehenden alten Frau. Es handelt sich um eine Wolga-Deutsche, die seit ihrer Vertreibung durch Stalin in Jakutien lebt. Sie spricht ein seltsames Deutsch, das nur mit Mühe und auch dann nur teilweise zu verstehen ist. Beim Abendessen wird sie gesprächig und erzählt über ihr harte Leben: sie musste jahrelang im Bergwerk Zwangsarbeiten, ihr Ehemann trank und schlug sie, ihr Sohn wurde bei Holzarbeiten erschlagen. Trotz der zahlreichen Schicksalsschläge hat sie sich ihre Gelassenheit bewahrt. Eine tiefe Gläubigkeit, durch keine Zweifel gestört, hat ihr das Überleben ermöglicht. Als besonderes Kleinod bringt sie eine, in altertümlichen Deutsch verfasste Bibel zum Vorschein. Der Abend endet im Absingen schwermütiger russischer Lieder, deren Vorrat unerschöpflich zu sein scheint.
Die zehn Plagen Kamtschatkas
Robert reist nach Kamtschatka. An der Universität von Petropavlovsk findet eine Tagung statt, und er kann seiner Obsession fröhnen, Regionen aufzusuchen, deren Namen nur Selbstlaute aus ‘A’ enthalten: Alaska, Madagaskar, Kamtschatka… Zunächst erweist sich Petropavlovsk als ein herabgekommene Ansammlung von Plattenbauen. Gerümpel und Schutt liegen fast überall herum. Doch dann liefern die malerische Awatscha-Bucht und die Parks am Ufer der Stadt mit interessanten Monumenten der Entdecker ein anderes, vorteilhafteres Bild. Das Institut für Vulkanologie bietet die Möglichkeit, zum höchsten Vulkan Eurasiens zu reisen, zur Klutschewskaja Sopka. Schlechte Staßen, Regen und Moskitos beeinträchtigen den Genuß der spektakulären Landschaft. Im Anschluss geht es in den Süden der Halbinsel, wo eine Begegnung mit Grizzlies erfolgt. In einer teilweise aufgelassenen meteorologischen Station mit einem von Warmwasser gespeisten, verfallenen Schwimmbecken treffen sie auf den Einsiedler Vasiliev. Dieser erzählt ihnen seine Geschichte, welche die Entwicklung dieses Teils der Sowjetunion widerspiegelt. In der Folge lernen die Expeditionsteilnehmer weitere Fährnisse und Plagen des Landes kennen: Wind, Schelomanik, Steinbirken, Morast… Schnee liegt teilweise bis ins tiefe Tal. Nach der Überquerung eines Passes stürzt Robert in eine reissenden Gebirgsbach, aus dem er sich mit Hilfe der Kameraden retten kann. Die Sache hätte böse enden können, da der Bach kurz danach unter einer Schneewächte verschwindet. Am Ende der Tour steigen die Freunde noch in den Krater eine Vulkans bis zu einem giftgrünen See.Stinkende Dämpfe betäuben sie nahezu. Beim neunstündige Rückflug von Kamtschatka nach Moskau steht die Sonne still. Bei keinem anderen Langstreckenflug scheint das der Fall zu sein.
Gespinste im Wind
Robert, ein angewandter Mathematiker aus Wien, arbeitet mit russischen Mathematikern zusammen. Anlässlich einer Tagung im Bereich des russisch-orthodoxen Klosters Suzdal, etwa zweihundert Kilometer östlich von Moskau gelegen, trifft er einen berühmten älteren Mathematiker, Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften. Im Gästehaus wohnt er Tür an Tür mit diesem. Der Akademie-Professor erweist sich als aufgeschlossen, und Robert profitiert von dessen Ratschlägen und Erklärungen. Nebenbei gewinnt er auch interessante Einsichten in die Entwicklung von Wissenschaft und Raumfahrt in der Sowjetunion. Der spätere Akademiker hatte im Winter 1941 als junger Offizier an der Schlacht um Moskau teilgenommen. Als die Tagungsteilnehmer am letzten Abend beim Konferenzdinner lebhaft diskutieren, ob die Russen ohne die Hilfe aus den USA den Krieg auch gewonnen hätten, zeigt sich der Professor schweigsam. Obwohl - oder vermutlich gerade deswegen, weil - er den Krieg hautnah miterlebt hat, gibt er auf Fragen, über seine damaligen Erlebnisse zu berichten, keine Antwort. Nach einigen Allgemeinplätzen zieht sich der Zeitzeuge mit steinerner Miene zurück. Am nächsten Morgen, auf der Rückfahrt nach Moskau, kommen die Kollegen durch eine Reihe von Pappelalleen. Myriaden weißer Samenknäuel von den Baumblüten segeln durch die Lüfte. Ihre Bahnen im Wind erinnern an die Schicksale von durch den Krieg durcheinander gewirbelte Menschen.
‘...and lingered until...’
Robert fährt mit einigen Klassenkameraden nach der Matura per Autostop nach Stockholm. In den Sechzigerjahren besuchten tausende Mitteleuropäer Schweden, um dort Geld zu verdienen und ihre Abenteuerlust zu befriedigen. Der hohe Lohn und die legendären Schwedenmädchen lockten sie an. Robert findet Arbeit im Grand Hotel als Tellerwäscher; bald steigt er zum Zwiebelschneider auf. Gemeinsam mit seinem Freund Siegfried wohnt er im Unterbau einer Schischanze im Norden von Schwedens Hauptstadt. In seiner Freizeit liest er Bücher über mathematische Analysis. Des Nachts steigt er auf den Sprungturm der Schanze und schaut in Mond und Sterne. Robert hat Heimweh - besonders der Kontakt zu seiner Mutter und zu den zurück gebliebenen Freunden fehlt ihm. Das ändert sich schlagartig, als er bei einem Freiluft-Jazzkonzert im Skansen Lillemor trifft. Als die beiden im Park verschwinden, ist nur der Vollmond Zeuge der jungen Zweisamkeit. Doch bald naht mit dem September die Zeit des Abschieds. Robert schreibt glühend Briefe, anfänglich mehrere pro Woche. Lillemor antwortet deutlich seltener, später nur noch sporadisch. Asymmetrie der Liebe! In ihrem letzten Brief führt sie die große Entfernung für das Abklingen der Zuneigung an. ‘Jag ska aldrig glömma dig’, schreibt sie - ‘Ich werde dich nie vergessen’. Robert subsummiert seinen Liebesschmerz im Studium der Differentialgeometrie. Immer wenn er später mit der Gaußschen Krümmung zu tun hat, steigt in ihm die Einnerung an damals auf...
Am Wibbelsberg
Wacholderbüsche glänzen dunkelgrün in der Nachmittagssonne. Die Szenerie einnert eher an die Toskana als an die Nordeifel. Kurt hat sich mit Lisa am Wibbelsberg zu einer Aussprache getroffen. Er hat sich in die Frau seines Freundes Rolf verliebt und will sie ganz. Lisa fürchtet, ihre zwei Kinder zu verlieren und kann sich nicht entscheiden, ihren Mann zu verlassen. Kurt will klare Verhältnisse und hat einen Brief an Rolf verfasst, in dem er ihn über die Situation aufklärt. Die Unterredung am Wacholderhügel endet ohne konkrete Ergebnis. Obwohl sich die beiden nahe kommen, will Kurt die Beziehung beenden. Auf der Rückfahrt mit seinem Auto beschließt er, den Brief zu vernichten… In den Spätnachrichten hört Lisa die Meldung, dass Kurt - von der tiefstehenden Sonne geblendet - mit einem landwirtschaftlichen Fahrzeug kollidiert sei. Nach der Einlieferung in die Bonner Universitätsklinik sei er seinen inneren Verletzungen erlegen. Lisa ist wie vor dem Kopf gestoßen. Nach dem Abschied am Wibbelsberg hatte sie sich durchgerungen, ihre Familie zu verlassen und zu Kurt zu ziehen. Zwei Tage später findet Rolf eine Brief in seiner Post - das Schreiben eines Toten. In der Klinik hatte man ihn frankiert und abgeschickt.
Warum weinst Du, holde Gärtnersfrau?
Auf einer Überseereise erreicht den Erzähler eine Hiobsbotschaft: Seine Mutter wurde nach einem Gehirnschlag in die Neurologie nach Gugging eingeliefert. Als der Sohn auf schnellstem Weg nach Österreich zurückkehrt, erweist sich die Situation zwar als nicht unmittelbar bedrohlich, aber er findet die Mutter verändert vor. Sie erkennt ihn zwar und spricht vernünftig, aber gewisse Einzelheiten aus der Vergangenheit hat sie aus dem Gedächtnis verloren. Gemeinsam mit seiner Frau versucht der Sohn die Mutter an längst vergessen geglaubte Ereignisse zu erinnern. Sie war ihm stets ihre Liebe zugetan, auch in schwierigen Zeiten. Ihren dreizehn Jahre älteren Mann hatte sie in den letzten paar Jahren aufopfernd gepflegt, bis er vor einem halben Jahr gestorben war. Ihr tiefer, von keinen modernen Einwänden geplagter Glaube, hatte ihr geholfen, allen Widrigkeiten zu begegnen. In der Folge erweist sich die vom Arzt empfohlene Rehabilitation als hinfällig, da die Mutter nach einigen Tagen stirbt. Eine ‘schöne Seele war heimgegangen.