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Das Letzte Abendmahl in der Wiener Minoritenkirche - #

Betrachtung über ein beeindruckendes Mosaik#

Von Ernst Lanz

Minoritenkirche. Cenacolo-Altar mit Abendmahl-Mosaikkopie
Bedeutende Mosaikkopie des Mailänder Wandgemäldes, Minoritenkirche Wien-Innere Stadt - Foto: SchiDD, Wikimedia - Commons - Gemeinfrei
Napoleon Bonaparte hatte das berühmte Abendmahlgemälde von Leonardo da Vinci in Santa Maria delle Grazie zu Mailand gesehen. Er oder sein Stiefsohn, der Vizekönig von Italien, Eugène de Beauharnais erkannten, dass das Wandbild – Secco (Wasserfarben auf einem trockenem Putzgrund) – schon ziemlich schadhaft aussah, und bekundeten es als erhaltenswert - und das wenn es ging, in Originalgröße.
Eugène de Beauharnais, Vizekönig von Italien
Eugène de Beauharnais, Stiefsohn von Napoleon, Vizekönig von Italien. Beauharnais ordnete die Schaffung einer Mosaikkopie des Mailänder Abendmahlwandgemäldes an . Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

In Mailand gab es seit 1804 die von Giacomo Raffaelli geleitete "Scuola del mosaico" (Mosaik Schule). Raffaelli übernahm 1807 den Auftrag und vollendete erst nach dem Sturz Napoleons (1814) diesen 1817. (Mailand war wieder im Besitz von Österreich.)
Im Auftrag des Vizekönigs Eugène de Beauharnais (1781-1824) schuf der italienische Maler, Radierer und Gelehrte Giuseppe Bossi (1777-1815) - er war Experte für Leonardo da Vinci und Dante - 71 Pausen, die Bossi nach Kopien des Abendmahls angefertigt hatte (1808/09), Diese wurden zur Schaffung des Mosaik-Abendmahls seit 1810 eingesetzt und befinden sich gegenwärtig im Besitz der Klassik Stiftung Weimar.
Raffaelli war ein Meister seines Faches. Geboren wurde er 1753 in Rom, wo er auch 1836 starb. Ursprünglich war er Bildhauer, dann Mosaizist und Steinschneider in pietra dura (harter Stein); auch als Musivarbeiter (eingelegte Arbeit); er beherrschte den Stil des "Florentiner Mosaiks". Dazu setzte er harte Steinsorten ein: Achat, Chalcedon, Jaspis, Lapis lazuli sowie Perlmutt und Koralle. Die einzelnen Steinstückchen wurden mit dem Harz (!) des Matixstrauches auf dem Untergrund angeklebt. Kaiser Franz I. interessierte sich für diese künstlerisch anspruchsvolle Kopie des Leonardo’schen Abendmahl und kaufte sie auf. 400.000 Gulden gab der Kaiser dafür aus und ließ sie in das Schloss Belvedere (Belvedere-Galerie) schaffen. Allerdings erwies sich das Objekt als zu groß. Das Gewicht dürfte auch eine gewisse Rolle gespielt haben.

Kaiser Ferdinand I. Er schenkte das beeindruckende Mosaik an die italienische Nationalkirche. Der Einbau kostete 15.000 Gulden. Francesco Hayez, 1840; Museo del Risorgimento (Milan) - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Kaiser Ferdinand I. Er schenkte das beeindruckende Mosaik an die italienische Nationalkirche. Der Einbau kostete 15.000 Gulden. Francesco Hayez, 1840; Museo del Risorgimento (Milan) - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Kaiser Ferdinand überließ es der Minoritenkirche bzw. der italienischen Nationalkirche. An der Nordwand im Inneren der Kirche wurde es als Hauptbild des "Cenacolo"-Altars (Letztes Abendmahl) eingefügt (1845-47). Die italienisch-gotisierende Altarwand aus Carraramarmor wurde von Vincenzo Bonani entworfen und vom österreichischen Historismus-Architekten Friedrich August von Stache (1814 Wien-1895 Graz) verwirklicht. Der Kaiser stellte 15.000 Gulden zur Verfügung. Am 26. März 1847 - Donnerstag vor dem Palmsonntag - wurde der Cenacolo-Altar offiziell geweiht.
Friedrich August Ritter von Stache. Österreichischer Architekt des Historismus. Zeichnung von Michael Stohl, Rom 1844 - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Friedrich August Ritter von Stache. Österreichischer Architekt des Historismus. Zeichnung von Michael Stohl, Rom 1844 - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Was der Betrachter des Mosaik meist nicht weiß, ist die Tatsache, dass dieses Bildwerk 20 Tonnen wiegt, Raffaelli hatte die Mosaiksteinchen auf 24 cm dicken Steinplatten geklebt. Es gilt als die größte Reproduktion des Abendmahls. Sein Umfang misst 9,18 Meter mal 4,47 Meter.
Man muss nicht direkt nach Mailand reisen, um das inzwischen restaurierte Wandbild kennenzulernen.
Einige Worte über den Standort: Die Minoritenkirche wurde 1275 von König Ottokar Přemysl gegründet. Sie war eine der ersten gotischen Kirche in ostösterreichischen Raum. Später wurde sie stets erweitert und erhielt Umgestaltungen. Ihre Geschichte ist eng verknüpft mit den frühen Habsburgern. 1782 wurden die Minoriten durch die Religionspolitik Josephs II. in die ehemalige Kirche der Weißspanier, der Alserkirche (Wien-Josefstadt) abgesiedelt. Die Minoritenkirche mit ihrem dennoch markanten Aussehen – sie ist ein bedeutendes Architekturdenkmal - auch bekannt als italienische Nationalkirche Maria Schnee. Seit 1721 ist sie im Eigentum der Priesterbruderschaft St. Pius X.
Aber sehen wir uns das Mosaik an. Es ist signiert und datiert: Giacomo Raffaelli 1816.

Jesus und rechte Figurengruppe
Jesus und rechte Figurengruppe - Foto: Zyance, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Wie im Original ist der dramatische Moment dargelegt, in dem Christus voraussagt: Einer unter euch wird mich verraten. Die Jünger sind entsetzt und verfallen in erregte Diskussion.
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Simon Petrus mit Messer hinterm Judas. Petrus bereit den möglichen Verräter ... - Foto: Alberto Fernandez Fernandez, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Die Passion Christi wird angedeutet … Judas hält den Geldbeutel (30 Silberlinge). Vor ihm ein umgeworfenes Salzfässchen. Neben ihm der bärtige Simon Petrus mit langem Messer (!), welcher wissen will, wer es sein könnte. Die Frage richtet er an den Lieblingsjünger Jesu, Johannes (mit etwas femininen Zügen [= Maria Magdalena?]). Johannes wirkt weltentrückt, nachdenklich. Jesus ist rosarot (Farbe der Freude!) gekleidet mit blauem (Farbe des Himmels und der Ewigkeit!) Umhang. Er wird zum Mittelpunkt. Das Mosaik lebt von seiner Detailfreude. Unglaublich! Eine weitere Beschreibung erübrigt sich. Diese Szenerie lebt geradezu.

(Am Rande: Dieses Abendmahl-Gemälde wurde zum Mittelpunkt eines Buches von Dan Brown („Sakrileg“, 2003) und eines Movies („Da Vinci Code“, mit Tom Hanks, USA 2006.).)


Quellen:

Allgemein:



Ernst Lanz 2022