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Georg Raphael Donner. Ein Bildhauer als Wegbereiter des Klassizismus im Barock#

Von Ernst Zentner

Georg Raphael Donner. Kupferstich von Jakob Schmutzer (15 x 11 cm) nach (einem verschollenen?) Gemälde von Paul Troger - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei. Kunsthistoriker P. Gregor Martin Lechner meinte folgendes: 'Legeres Porträt in ausgewogener Komposition, die Genialität Donners unterstreichend.' (Künstlerporträt. Graphisches Kabinett Göttweig 1987, Seite 174, Nr. 201). Als Vorlage könnte auch das Ölbild von Maximilian Joseph Hannl gedient haben
Georg Raphael Donner. Kupferstich von Jakob Schmutzer (15 x 11 cm) nach (einem verschollenen?) Gemälde von Paul Troger - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei. Kunsthistoriker P. Gregor Martin Lechner meinte folgendes: "Legeres Porträt in ausgewogener Komposition, die Genialität Donners unterstreichend." (Künstlerporträt. Graphisches Kabinett Göttweig 1987, Seite 174, Nr. 201). Als Vorlage könnte auch das Ölbild von Maximilian Joseph Hannl gedient haben

Porträt Donners, Maximilian Joseph Hannl; Galéria mesta Bratislavy - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei. Allerdings gespiegelt?
Porträt Donners, Maximilian Joseph Hannl; Galéria mesta Bratislavy - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei. Allerdings gespiegelt?

Am 24. Mai 1693 wurde Georg Raphael Donner in Eßling (damals ein Dorf am Rande des niederösterreichischen Marchfelds, heute Wien-Donaustadt) geboren. Der Sohn eines Zimmermanns lernte 1704-06 das Goldschmiedehandwerk bei dem Hof- und Kammerjuwelier Johann Caspar Brenner (gest. 1716) in Wien. Nachher, wohl bis 1710, unternahm der junge Donner bei dem angesehenen Giovanni Guliani (1663-1744) im Stift Heiligenkreuz im Wienerwald und in Wien eine Bildhauerlehre. Unter diesem aus Oberitalien stammenden Meister – Wohnung im Heiligenkreuzerhof (Wien-Innere Stadt) – war Donner an Arbeiten im genannten Stift und im Liechtenstein’schen Gartenpalais "in der Rossau" (Wien-Alsergrund) beteiligt. Einige erlesene Skulpturen der Kunstsammlung des Fürsten Johann Adam Andreas von Liechtenstein, dürften den angehenden Bildhauer stilistisch beeinflusst haben. Vermutlich gegen Ende der Lehrzeit vollzog der Künstler an Anraten Gulianis eine Studienreise nach Venedig, um Werke italienischer Vorbilder kennenzulernen.
1710-25 nahm Donner Aufenthalt in Wien; am 12. August 1715 heiratete er Eva Elisabetha Prechtl, die ihm nahezu dreieinhalb Jahre später mit einem Kind erfreute. Einer Tochter, die zum Unglück der Eltern nur zehn Monate alt werden sollte.
Frühwerke aus dieser Zeit sind nicht eindeutig feststellbar. Um 1715 (oder doch etwas später?) verfertigte Donner das Marmorrelief "Gundacker Graf von Althann" (seit 1716 Generaldirektor der kaiserlichen "Hoff-, Lust-, Civil- und Gartengebäude"!) in der barocken Gepflogenheit höfischer Porträtkunst (Wien, Akademie der bildenden Künste).
Gegen 1721 begab sich Donner nach Dresden, wo er bei dem – an der figürlichen Ausgestaltung des Dresdener Zwingers beschäftigten – berühmten deutschen Bildhauer Balthasar Permoser (1651-1732) studierte.
Wieder zurück in Wien, bemühte er sich vergebens um eine Anstellung am Kaiserhof – damals war Hofbildhauer Lorenzo Mattielli führend tätig!

Ab 1721 leistete Donner erste Arbeiten in Linz und wurde in einem Schriftstück als "kays. Gallantery Bildhauer" genannt, der allgemein hie und da kleinere Aufgaben (Figuren usw.) realisierte.

1725-28 hielt er sich in Salzburg auf: Vermutlich wurde er vom Architekten Johann Lucas von Hildebrandt für Arbeiten an Marmorskulpturen im Auftrag des Erzbischofs Anton Franz Graf von Harrach im Salzburger Schloss Mirabell (Treppenhaus: Statue "Paris" und Putti; 1726) geholt. Jedenfalls sind diese Figuren eine originelle Meisterleistung, die noch der herkömmlichen Barockskulpturenkunst verpflichtet waren.

Schloss Mirabell, Salzburg. 'Engelstreppe', Figuren von Donner - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Schloss Mirabell, Salzburg. "Engelstreppe", Figuren von Donner - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Von Salzburg aus lieferte Donner 1727 die lebensgroße graue Marmorstatue "Heiliger Johannes von Nepomuk" für die (ehemalige) Deutschordenskirche in Linz (inzwischen befindet sich das Kunstwerk in der Stadtpfarrkirche). Gleichzeitig versuchte Donner als Medailleur erfolglos bei der fürstbischöflichen Geldprägestätte (Salzburger Münze) eine Stellung zu erlangen.
Stadtpfarrkirche Linz, Oberösterreich. In einer Nische des äußeren Chorabschluss 'Hl. Johannes von Nepomuk', ursprünglich in der Deutschordenskirche - Foto: MaKuTse, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Stadtpfarrkirche Linz, Oberösterreich. In einer Nische des äußeren Chorabschluss "Hl. Johannes von Nepomuk", ursprünglich in der Deutschordenskirche - Foto: MaKuTse, Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Noch in Salzburg schloss er mit dem Maler und Freskanten Paul Troger (1698-1762) Freundschaft. Dieser schuf um 1727/28 von dem inzwischen 35jährigen Bildhauer ein Porträt. Jenes Bildnis wurde von Jacob Matthias Schmutzer als Kupferstich reproduziert. Das Original gilt als verschollen.

Im Herbst 1729 reiste Donner nach Italien, wo er sich mit der antiken Skulpturenkunst auseinandersetzte.

Martinsdom (Katedrála svätého Martina, Bratislava, Slowakei). Hl. Martin in der Uniform eines ungarischen Husaren - Foto: Dennis Jarvis (Califax, Canada) - Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Martinsdom (Katedrála svätého Martina, Bratislava, Slowakei). Hl. Martin in der Uniform eines ungarischen Husaren - Foto: Dennis Jarvis (Califax, Canada) - Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Erzbischofs Emmerich Graf Esterházy de Gálantha, Primas von Ungarn; Kupferstich - Foto: Wikimedia Commons -Gemeinfrei - Bei ihm war Donner offizieller Hofbildhauer
Erzbischofs Emmerich Graf Esterházy de Gálantha, Primas von Ungarn; Kupferstich - Foto: Wikimedia Commons -Gemeinfrei - Bei ihm war Donner offizieller Hofbildhauer
Um 1728/29-39 stand er im Dienst des Erzbischofs Emmerich Graf Esterházy de Gálantha, Primas von Ungarn, als Hofbildhauer in Pressburg (Bratislava, Slowakei). Für den dortigen St.-Martins-Dom erarbeitete Donner Großplastiken, die heute als Hauptwerke angesehen werden: 1729-32 Ausgestaltung der Johannes Elemosynarius-Kapelle (Johannes der Almosengeber-Kapelle, Marmor, figürlich und architektonisch!); 1733-35 als imposanter Bleiguss: Gruppe des Heiligen Martin – in magyarischer Nationaltracht – mit dem Bettler (Höhe: 275 cm; im südlichen Seitenschiff des Domes) und zwei kniende Engel (Höhe: 180 cm; Nationalmuseum Budapest). Der geistliche Auftraggeber ließ für den Bildhauer ein eigenes "Gusshaus" errichten. Der Künstler entwickelte eine Spezialität für Gussverfahren – vor allem mit (dem gesundheitsgefährdenden) Blei! Daneben unterhielt er eine große Werkstatt mit zahlreichen Schülern, von denen sein bekanntester – zugleich Freund -, der Pressburger Maler Adam Friedrich Oeser (1717-1799) sich 1731/32 die Kunstfertigkeiten der Bildhauerei aneignete. Später verbreitete dieser von Dresden und Leipzig (Akademie) aus in Deutschland die Hauptgrundzüge der stileigenen Kunst Donners.

Vielleicht in dieser Zeit bis um 1732 – oder noch früher – bildete Donner seinen jüngeren Bruder Matthäus Donner (geb. 1704 in Eßling [damals Niederösterreich, heute Wien-Donaustadt], gest. 1756 in Wien) als Bildhauer aus. Als Medailleur machte er sich einen Namen und sorgte 1743-56 als Professor für Bildhauerei an der Akademie der bildenden Künste, dass die Kunst seines älteren Bruders weitervermittelt wurde.

Seit 1734 kamen Beziehungen zu Adel und Magistrat der Stadt Wien und entsprechende Aufträge zustande. Für den Oberaufseher der kaiserlichen Forste, Gregor Wilhelm Graf von Kirchner schuf Donner für dessen Schloss Breitenfurt aus hochwertigem Carrara-Marmor – auch Michelangelo verwendete einst diese Gesteinsart! – die monumentale Figurengruppe "Apotheose Kaiser Karls VI." (1734; Gesamthöhe: 233 cm; Belvedere, Wien). Vorbild dazu, war das von Martin Desjardins (gest. 1694) angefertigtes Standbild König Ludwigs XIV. von Frankreich.

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Porträtrelief "Karl VI." aus weißem Marmor, KHM Wien - Foto: Andreas Praefcke, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Noch um 1734 bildete Meister Donner ein lebensnahes Porträtrelief "Karl VI." aus weißem Marmor (Wien, Kunsthistorisches Museum). Mit diesem "kleineren" Hauptwerken bewies Donner, dass er stilistisch als Künstler des Klassizismus – Tendenz zum Stil der Antike – einzuordnen ist. Das heißt: Er brach mit dem erstarrten, schwülstigen und überladenen Barockstil und setzte eine Norm, die bis ins 19. Jahrhundert gültig war. Die gewohnte, althergebrachte Auffassung der österreichischen Barockbildhauerkunst fand mit seinem Auftreten ein verschwimmendes Ende ... Im Sterbejahr des Prinzen Eugen stand der künstlerische Ruhm Donners auf dem Höhepunkt.

Detail des 'Providentia-Brunnen' bzw. 'Donner-Brunnen', Wien-Innere Stadt, Neuer Markt. In abendlicher Beleuchtung. Wegen Bau einer Tiefgarage war der Brunnen bis 2022 vorübergehend entfernt - Foto: DIEvaB, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Detail des "Providentia-Brunnen" bzw. "Donner-Brunnen", Wien-Innere Stadt, Neuer Markt. In abendlicher Beleuchtung. Wegen Bau einer Tiefgarage war der Brunnen bis 2022 vorübergehend entfernt - Foto: DIEvaB, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Die Wiener Stadtverwaltung stellte sich 1737 mit einem Auftrag ein. Nach einem Wettbewerb – mit dem "konservativen" Mattielli – erhielt Donner den Zuschlag zur Schaffung eines Brunnens anstelle eines alten Ziehbrunnens auf dem Mehlmarkt (heute Neuer Markt, Wien-Innere Stadt): Der "Providentia-Brunnen" ("Donner-Brunnen"!), der 1739 als Zinn-Blei-Legierung vollendet wurde. Donner vermutete diese Metallmischung als witterungsbeständig. Das war ein Irrtum. Der Künstler erschuf 1738 die Hauptfigur der Providentia (= Vorsicht, Vorsehung) und Anfang des folgenden Jahres in Pressburg die Modelle der Personifikationen der Flüsse (Ybbs, March, Traun und Enns), die letztlich vom Permoser- und Donner-Schüler Johann Nikolaus Moll (1709-1743; dieser war später an Sarkophagen in der Kapuzinergruft beteiligt) realisiert wurden. Donner erhielt 1.700 Gulden (etwa 125.000 Euro) als Gesamthonorar und der Brunnen kostete 3.900 Gulden (etwa 285.000 Euro). Am Namenstag des Kaisers, 4. November 1739 wurde der Brunnen feierlich enthüllt. Dieser kunstvoll umrahmte Wasserspender wurde zum Symbol dessen, wo Stadt und Bürgertum erstmals im Barock als Auftraggeber fungierten. Außerdem das unumstößliche Hauptwerk des Klassizismus inmitten der Barockzeit und mittlerweile eines der Wahrzeichen der Stadt Wien.

Einer Legende zufolge befahl die sittenstrenge Herrscherin Maria Theresia die Entfernung der nackten Figuren (1770). Wahrscheinlich war der Brunnen zu ihrer Zeit Treffpunkt für bestimmte Menschen gewesen. Aber das bleibt dahingestellt. Eher waren Schäden durch Witterung und zu neugieriger Zeitgenossen als Ursache zu sehen. Der nachmalige Direktor der Akademie der bildenden Künste, nämlich Bildhauer Johann Martin Fischer begriff ihren künstlerischen Wert und verhinderte deren Vernichtung: Die ihm aufgetragene Einschmelzung verweigerte er. Stattdessen ließ er sie 1801 restaurieren und wieder aufstellen. Endlich ersetzten 1873 Bronzeabgüsse die zwei Jahre zuvor entfernten Originale. Als Leihgaben des Wien Museums befinden sie sich seit 1921 im Belvedere. Zurzeit werden sie abermals restauriert und Ende 2023 im neu gestalteten Wien Museum als zentraler Blickfang aufgestellt.

Donner blieb nicht untätig: Unter anderen formte er vorzügliche Kleinplastiken. Davon sind als Beispiele zu nennen: "Venus", "Merkur" (beide: Blei, 1739/40; Höhe: ca. 39 cm; Belvedere). 1739 kehrte er endgültig nach Wien zurück und ein Jahr danach erfolgte seine Ernennung zum kaiserlichen "Cammer-Bildthauer" mit Jahresgehalt in Höhe von 500 Gulden (etwa 36.000 Euro).

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"Pietà" am Kreuzaltar im Dom zu Gurk - Foto: Niki.L, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Die in Wien 1740/41 verwirklichte "Pietà" am Kreuzaltar im Dom zu Gurk – gegossen aus Kärntner Blei – erwies sich als sein letztes großartige, eigenständige Werk.
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Wien, (Altes) Rathaus. Andromeda-Brunnen - Foto: Erich Schmid, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Zugleich lieferte er den sehenswerten Andromeda-Brunnen (Bleirelief) – im Auftrag des Wiener Magistrats – für das (Alte) Rathaus (Wien-Innere Stadt) und
Reliefbildnis 'Johann Kaspar Graf von Cobenzl' (Blei auf Marmor) auf dessen Grabmal im Dom zu Graz- Gegenüber der Kanzel - Ausschnitt eines Foto von Isiwal, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Reliefbildnis "Johann Kaspar Graf von Cobenzl" (Blei auf Marmor) auf dessen Grabmal im Dom zu Graz- Gegenüber der Kanzel - Ausschnitt eines Foto von Isiwal,, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
ein Reliefbildnis "Johann Kaspar Graf von Cobenzl" (Blei auf Marmor) auf dessen Grabmal im Dom zu Graz.

Georg Raphael Donner starb im 48. Lebensjahr an "innern Brand" am 15. Februar 1741 in Wien. Sein Leichnam wurde zwei Tage später auf einem Friedhof unweit der Stadt beerdigt. Nach der Auflassung des Gottesackers fanden seine Gebeine auf dem St. Marxer Friedhof (Wien-Landstraße) ihre letzte Ruhestätte.

Weil Donners Witwe Eva Elisabetha wegen der Bestattung und Auszahlung der Löhne für die Gesellen in finanzielle Not geriet, übersandte ihr Maria Theresia 250 Gulden als Schenkung. Einen weiteren Beweis der Wertschätzung der Bildhauerkunst Donners zeigte ihre Mutter, die Kaiserinwitwe nach Karl VI., Elisabeth Christine: Sie ließ für den verstorbenen Künstler auf eigene Kosten (3 Gulden) sechs Seelenmessen lesen.
Nachleben

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Detail des Donner-Monument am Wiener Schwarzenbergplatz, geschaffen vom Historismus-Bildhauer Richard Kauffungen 1904 und 1906 aufgestellt. Modell des Providentia-Brunnens - Foto: Dennis Jarvis (Halifax, Canada), Wikimedia Commons - Gemeinfrei
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Donner-Büste nahe der St.-Martins-Kathedrale Bratislava - Foto: Bratislava Photo, TAZ - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

1993 gab es im Belvedere, damals 300. Wiederkehr des Geburtstages Donners, eine große Gedenkschau und 2002 eine mit einem Donner-Porträt versehene 100-Euro-Goldmünze.

Weiterführendes (Auswahl)

Donnerbrunnen