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Nur ein kleiner Anstoß ... Papst Gregor der Große zwischen Weltkirche und Missionswerk#

Von Ernst Lanz

WIRD NOCH ANALYSIERT

Papst Gregor der Große, inspiriert vom Heiligen Geist in Gestalt einer Taube, seitlich ein Schreiber; Buchmalerei, sogenanntes Gregorblatt; Meister des Registrum Gregorii, 983 (?); Trier, Stadtbibliothek, Hs. 171/1626 - Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Papst Gregor der Große, inspiriert vom Heiligen Geist in Gestalt einer Taube, seitlich ein Schreiber; Buchmalerei, sogenanntes Gregorblatt; Meister des Registrum Gregorii, 983 (?); Trier, Stadtbibliothek, Hs. 171/1626 - Wikimedia Commons - Gemeinfrei

(1) Um das Jahr 540 wurde Papst Gregor I. als Spross einer römischen Adelsfamilie, die großen Einfluss im gesellschaftlich-politischen Leben besaß, geboren. Ihm wurde eine exklusive Ausbildung, wie sie dem höchsten Standard der Antike entsprach, angediehen. Er war mit den Päpsten Felix III. (526-30) und Agapitus (535-36) verwandt gewesen. Sein Taufname "Gregor" stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet so viel wie "der Wachsame". Um 572-573/74 (?) bekleidete er das Amt eines Stadtpräfekten von Rom. Eine Funktion, in der er polizeiliche sowie juristische Verantwortung innehielt.

Seine Mutter Silvia zog sich nach dem Tod ihres Gemahls Giordianus in das Kloster "Nova Cella" zurück. Angespornt durch das religiöse Wirken seiner Mutter widmete sich Gregor einer theologisch-geistlichen Berufung und gründete sieben Klöster. Sechs auf den Familiengütern und eines im Elternhaus auf dem Caelius mons bei Rom ("St. Andreas"), in das er sich um 575 (?) auch als Mönch zurückzog; um 587 gab er aus seinem Eigentum (!) eine großzügige Schenkung an sein St. Andreaskloster. Damals lebten die einzelnen Mönchsgemeinschaften vermutlich nach der kürzlich aufgekommenen Regel des hl. Benedikt von Nursia (480-um 560) und noch fallweise nach der Regel des hl. Basilius des Großen (um 330-79).

Die Zeitumstände wurden von den - seit 568 unter König Alboin - heranstürmenden Langobarden geprägt. Ein germanisches Volk, das zwar ungestüm, aber [- wie die Forschung inzwischen feststellte -] doch sehr an Kultur interessiert war. Italien erhielt ein nach germanischen Vorstellungen ausgerichtetes Verwaltungssystem, das zudem die Römer ausgiebig kontrollierte.

Papst Pelagius II. (579-90) gewahrte in Mönch Gregor Organisationstalent und staatsmännische Qualitäten, weihte ihn zum (Regionar- bzw. Erz)Diakon und setzte ihn danach Ende 579 als „Apocrisiarios" ("Geschäftsträger" bzw. Botschafter) des Papstes am Hofe des Kaisers von Byzanz (in Konstantinopel) ein. Obwohl Gregor kaum Griechisch beherrschte, unterhielt er mit dem Kaiser, seiner Umgebung und mit dem Patriarchen der byzantinischen (oströmischen) Kirche diplomatische Kontakte. Inzwischen sah sich der Papst mit innerkirchlichen Problemen belastet und holte deshalb 586 Gregor, der sein Mönchtum nie aufgegeben hatte, als Berater nach Rom zurück.

Gregor der Große mit seinen Schreibern (Tachygraphen / Stenographen). Elfenbeinrelief vom Deckel eines Sakramentars (Messbuch?), Lothringen, Ende 10. Jahrhundert; KHM Wien - Foto: Vassil, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Gregor der Große mit seinen Schreibern (Tachygraphen / Stenographen). Elfenbeinrelief vom Deckel eines Sakramentars (Messbuch?), Lothringen, Ende 10. Jahrhundert; KHM Wien - Foto: Vassil, Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Im Sommer 589 verwüsteten Überschwemmungen des Tibers Rom und Umgebung; die Pest brach aus und forderte unter den Menschen aller Gesellschaftsschichten ungezählte Opfer. Pelagius erkrankte gleichfalls und verschied am 8. Februar 590; ein neuer Papst musste bestimmt werden. Klerus, Adel und Volk einigten sich auf Gregor, der sich bewusst widerspenstig zeigte und vorgab, dass er für dieses beschwerliche Amt kaum geeignet sei. Ein von Gregor verfasster Bittbrief um Verweigerung wurde noch rechtzeitig abgefangen. Widerstrebend nahm Gregor doch die Wahl an und wurde am 3. September 590 zum Papst und Bischof von Rom geweiht. Mit Antritt seines Pontifikates als 65. Papst in der Kirchengeschichte übte er wie seine Vorgänger die "volle Macht über die Hierarchie der Kirche im Westen" aus. Aber dennoch war er kein "politischer" Papst. Seine wahren Qualitäten lagen auf den Gebieten der Seelsorge und monastischer Frömmigkeit: Er war der erste Mönch auf dem Papstthron!

Eine seiner grandiosesten Leistungen war zweifelsfrei die Gründung - inmitten dramatischer Zeitumstände - eines Kirchenstaates. Zumindest die Ansätze eines Territoriums, in dem nur der Papst gebot. Offiziell sollte erst 754/56 durch die "Pippinische Schenkung" der richtige Kirchenstaat begründet werden, der mit Unterbrechung[en?] und geographisch verkleinert bis in die Gegenwart, als Vatikanstadt, fortbesteht. Bereits im 6. Jahrhundert wurde der Bischof von Rom durch kaiserliche und adelige Schenkungen zum begütertsten Grundherrn im frühmittelalterlichen Italien. Aber der wirkliche Grundherr war keinesfalls der Papst, sondern der um 67 verstorbene Apostel Petrus ("Patrimonium Sancti Petri"). Gregor verfügte eine wirtschaftlich ertragreichere Verwaltung, strengere Kontrolle und sicherte so die Existenz dieses Staates, der damals halb Italien erfasste. Ende 590 bedrohten Langobardenheere Rom. Der byzantinische Exarch (Statthalter) von Ravenna konnte keine militärische Hilfe zusichern. Der seit 582 herrschende Kaiser Maurikios versagte angesichts dieser schwierigen Situation und außerdem hatte Rom bereits im 4. Jahrhundert seine Hauptstadtfunktion verloren. Papst Gregor überlegte nicht lange und befahl, dass das Zeichen des hl. Petrus - Schlüsselsymbol - an die römische Stadtmauer zu hängen sei und demonstrierte damit den "Hoheitswechsel" vom Byzantinischen Reich zur Eigenständigkeit. Hiermit war der Gründungsakt für das Fundament des Kirchenstaates vollzogen. Rom blieb von den Feinden verschont. Gregor sollte zwei Jahre später wieder mit den Langobarden um die Existenz der "Ewigen Stadt“ die 452 von den Hunnen bedroht und am 17. Dezember 547 von den Goten unter König Totila geplündert worden war - verhandeln. Nur diesmal gaben sie sich mit einer hohen Summe Lösegeldes zufrieden. Ein bitterer Preis, aber wenigstens blieb den sorgengeplagten Römern die totale Verwüstung ihrer Stadt erspart.

(2) Die schwerste Sorge des Papstes galt der allgemeinen "Weltkirche", die sich in einer bedenklichen Existenzkrise befand. Ein tiefgreifendes Problem war der "Arianismus". Eine im 4. Jahrhundert entstandene Lehre, nach der Christus nicht mit Gott "wesensgleich" sei. Bereits 325 wurde sie auf dem Konzil von Nicäa verdammt und hielt sich nur noch bei den Goten, Vandalen und Langobarden. Zusätzlich trennte die Irrlehre in kultureller Hinsicht die germanischen Völker von den römisch-katholisch orientierten Völkern des Mittelmeerraums, das aber auch für das friedliche Miteinanderleben nicht sonderlich förderlich war. Gregor stand mit der Langobardenkönigin Theodelinde (gest. 627) - sie war bairischer Herkunft und seit 588/89 mit Authari vermählt - in engem freundschaftlichen Einvernehmen. Sie erhielt als Dankesgeste, weil sie teilweise die katholische Bekehrung der "arianischen Langobarden" unterstützte, vom Papst wertvolle Geschenke, die sich im Domschatz von Monza (Lombardei) erhalten haben. Bereits 586 trat Reccared I. (gest. 601) als König der Westgoten seine Regentschaft an und bekundete sein Interesse für den "Arianismus", dem drei Jahre später auf dem 3. Reichskonzil von Toledo abgeschworen werden sollte. Papst Gregor erfreute sich im höchsten Maße über die Entwicklung der Vereinheitlichung des christlichen Glaubens auf dem europäischen Kontinent und tat alles, um den Fortgang der Verbreitung der Lehre Christi zu intensivieren.

Gregor erkannte als realistisch denkender Politiker schon sehr früh, wie fruchtbar und wichtig Kommunikation mit anderen Staaten sowie mit deren Staatsführern sein konnte; besonders betraf das die Missionierungsbestrebungen. Drei Völker auf europäischem Boden sollten das christliche Gedankengut annehmen: Angelsachsen, Ostfranken und besagte Langobarden. Natürlich konnte so ein monumentales Christianisierungsprojekt nicht von einem Tag zum anderem bewältigt werden. Das wusste Gregor und entschloss sich als oberster Hirte wenigstens den entscheidenden Anstoß zu geben. Bereits um 590 war der Ire Columban der Jüngere (um 543-615) als Missionar in Burgund gewesen, wo er die Klöster Annegray, Fontaine und Luxeuil gründete. So sandte Papst Gregor um 596 (?) Mönch Augustin (gest. zwischen 604 und 609), Prior des St. Andreasklosters, mit 40 Mönchen nach England, wo dieser König Ethelbert von Kent (550/560-616) zur Annahme des Christentums überredete. Erstaunlicherweise erwies sich letztlich die englische Kirche als treuester Verbündeter des frühmittelalterlichen Papsttums und außerdem sollte von England aus die Missionierung Europas einsetzen. Hier ist an den hl. Bonifatius (672/73-754) zu denken. Ein Angelsachse, der 719 als "Apostel der Deutschen" mit der Germanenmission beauftragt werden sollte. In England selbst wurde Papst Gregor als "Apostel der Insel" verehrt. Die Form der Christianisierung, so wie sich Gregor das definitiv vorstellte, war keine abstrakte Radikalbekehrung, sondern - im benediktinischen Sinne - von sanfter Behutsamkeit gekennzeichnet. Die Lehre Jesu Christi wurde konsequent gepredigt, ohne daß die heidnische Bevölkerung viel umlernen musste. Vereinfacht formuliert: Eine Adaptierung alter Riten und Gebräuche, sofern sie dem Katholizismus nicht widersprachen.

Gregor achtete auch auf Erbauungs- und Informationsliteratur für die Geistlichen und Gläubigen: Um 590/91 entstand das "Liber Regulae Pastoralis". Eine wissenschaftliche Abhandlung, in der er das "Ideal eines Seelenhirten" detailliert beschreibt - wohl unter dem Eindruck des damaligen Sittenverfalls innerhalb des Klerus. Das Werk sollte die "pastorale und aszetische Bildung" des geistlichen Standes der nachfolgenden Jahrhunderte im Mittelalter noch lange und entscheidend bestimmen. Noch um 600 ließ Kaiser Maurikios davon eine Fassung in griechischer Sprache erstellen. Der Papst hielt bzw. verfasste um 591 bis 602 eine Serie von Predigten über die Evangelien und über Ezechiel, genannt "Homilien". 595 vollendete er das "Magna Moralia" (Kommentar zum Ijob). Ein richtiges "Handbuch zur Moraltheologie und Aszetik", das lange Zeit akzeptiert worden war, und die von Juni 593 bis Oktober 594 entstandenen vier Bücher der "Dialogi de vita et miraculis patrum Italicorum", die die "Vita Benedicti" - als einfache Veranschaulichungsthematik - nebst anderen Hagiographien enthalten. Seine Schriften - er war auch ein fleißiger Briefe-Verfasser: 854 an der Zahl! - waren keinesfalls literarisch anspruchsvolle Texte, sondern eben normale aber im Mittelalter gern gelesene populäre Nachschlagewerke zum Studium der Theologie. Mühevoll handgeschriebene Abschriften seiner wichtigsten Werke sind in beinahe jeder europäischen Klosterbibliothek aufbewahrt.

Der heute weltumspannende Benediktinerorden hätte ohne Zuspruch des "Mönchspapstes" Gregor niemals so eine imposante Dimension und absolute Weltgeltung erlangt, wenn Gregor nicht ausdrücklich das Wirken des hl. Benedikt von Nursia, das er doch nur aus mündlicher Überlieferung sowie indirekt durch die Ordensregel kannte, schriftlich der Nachwelt hinterlassen hätte. Jedes Zitat in der Regel reflektiert Gedanken aus der Heiligen Schrift. Überlegenswert der positive kulturelle Einfluss der Benediktiner seit über 1.400 Jahren in Erziehung, Ausbildung, Staat, Gesellschaft und Kunst. Wenn das Jahr des Heimgangs des hl. Benedikt 560 stimmt, könnte Gregor vielleicht ihn - aber das ist unsicher - noch persönlich gekannt haben. Nur wusste der junge Gregor damals noch nicht, welchen spirituellen Einfluss die Regel auf ihn ausüben sollte.

Der Inhalt der legendenbestückten "Vita Benedicti" - eine unerhört unkonventionelle Biographie - (im zweiten Buch der "Dialogi") sollte künftige Mönche ermuntern, sich noch mehr in die geistlichen Aufgabenbereiche eines benediktinisch orientierten Ordensbruders zu vertiefen.

Menschen mit jüdischem Weltbild fanden in Gregor einen bemerkenswert liberalen und aufgeschlossenen Fürsprecher ihrer Anliegen konfessioneller Art. Der Papst wusste, dass eine Freundschaft mit ihnen nur gehalten werden konnte, wenn ihre Zwangstaufen abgeschafft und ihre Religionsfreiheit gewährleistet war. Er setzte mit seiner menschlichen Haltung eine für die Mosaisch-Gläubigen vorteilhafte Gesellschaftspolitik, die jedoch im Hochmittelalter ins Negative verkehrt werden sollte.

Gregors Auffassung von der Lehre Christi war klar umrissen. Er empfahl innere und sichtbare Buße; er vertrat den Standpunkt, dass die vor Gott geschlossene Ehe unauflöslich sei; er mahnte an das "Fegfeuer", schuf eine neue "Engellehre" und befürwortete eine ausführliche Verehrung der Heiligen (inklusive ihrer Reliquien und Bildwerke).

Gregor hatte zwar nichts wesentliches zum - nach ihm benannten - "Gregorianischen Choral" beigetragen. (Zumindest wurde diese Form der Sakralmusik immerhin ideell aufgewertet.) Stattdessen gründete er wohl das "Scholar Cantorum". Eine klösterliche Bruderschaft, die sich der Pflege des Messgesangs verschrieben hatte. Diese "Sängerschule" sollte in den nachkommenden Jahrhunderten zum Vorbild vieler gleichwertiger Institutionen werden. Zum Beispiel in Tours, Metz und St. Gallen. Sicherlich reformierte er die Liturgiegestaltung und verfasste religiöse Texte.

Bischof Gregor von Tours (538/39-94), ein fränkischer Geschichtsschreiber, der den Papst noch persönlich kannte, berichtete über ihn, dass er extrem enthaltsam lebte und daher oftmals gesundheitliche Probleme erlitt. Hier trat der mönchische Charakterzug des Papstes zutage. Sein ehrliches Bestreben zur "Abgeschiedenheit und Kontemplation" bewirkte eine intensive Frömmigkeit; aber nicht desto weniger stand er in caritativen Dingen nach. Während Notzeiten - Pest- und Hungerskatastrophen - unterstützte er mildtätig die ärmeren Bevölkerungsschichten mit Hilfe der Erträge der geschickt verwalteten Güter des Kirchenstaats.

Auseinandersetzungen zwischen Kaiser Maurikios und Papst Gregor über "kirchenpolitische Sachfragen" und das allzu enge (diplomatische) Verhältnis mit den Langobarden, waren keine Seltenheit mehr. Der Kaiser stand im Krieg gegen die Perser, Awaren und Langobarden. 604 wurde er mitsamt seiner Familie während einer Revolte soldfordernder Soldaten von seinem Rivalen Phokas ermordet und letzterer ließ sich in die Würde des Kaiseramts setzen, worin er bis 610 in einer Schreckensherrschaft gebieten sollte. Papst Gregor, der als Oberhaupt der katholischen Kirche im Westen vom byzantinischen Kaisertum abhängig war, "beglückwünschte" Kaiser Phokas zur "Amtsübernahme"! Leider rief das schon damals wie heute Kritik und eine gewisse Bestürzung herauf. Aber keinesfalls darf vergessen werden, dass Gregor sich der Lehre des hl. Augustinus von Hippo (354-430) angenommen hatte und demzufolge nur im Sinn des "politischen Augustinismus" handelte. Die Kirche sollte unter allen Umständen als große christliche Bewegung ungebrochen fortbestehen können.

Der Patriarch von Konstantinopel, Johannes Jejunator (Johannes der Faster), mit dem er sich zerstritt, nannte sich, um seine Funktion noch besser unterstreichen zu können "Ökumenischer Patriarch". Gregor, ob der Überheblichkeit seines Kontrahenten kaum beeindruckt, konnte das nicht so ohne weiteres auf sich beruhen lassen und reagierte in augustinischer Manier: Er gab sich - in einem Akt der Bescheidenheit und Demut - den Titel "Knecht der Knechte Gottes" / "Diener der Diener Gottes" ("Servus servorum Dei"), mit dem das Ansehen des Papsttums wirkungsvoll gesteigert werden konnte. Allmählich entwickelte sich Papst Gregor - im Bewusstsein der nachrömischen Epoche - zum insgeheimen Kaiser Westroms!

Papst Gregor, seit 598 öfters schwerkrank - unter anderem Gichtleidend - und bettlägerig, starb am 12. März 604 im Alter von 64 Jahren. Seine sterblichen Überreste wurden in St. Peter u Rom - damals eine im 4. Jahrhundert von Kaiser Konstantin erbaute frühchristliche monumentale Basilika - beigesetzt. Die Grabinschrift trug außer seinem Namen noch den Titel "Konsul Gottes". Seine zu Lebzeiten erdachten Pläne von einem dauerhaften Frieden mit den Langobarden wurden bereits 603 durch den Friedensbruch des Exarchen auf schändlichste Weise durchkreuzt. Rom sah sich abermals einer ernsthaften Bedrohung durch die Langobarden ausgesetzt.

Als Geistlicher, der aus einem Mönchsorden kam, bevorzugte er freilich die Mönche gegenüber den Mitgliedern des weltlich gestimmten Klerus, wodurch ein Spannungsverhältnis infolge intensivierten Konkurrenzdenken entstand. Wohl eine der Ursachen, warum er einige Zeit nach seinem Tod nicht sonderlich erwähnt oder zumindest hervorgehoben wurde. Jedoch erst viel später erkannte eine neue Generation von Kirchenfürsten die Leistungen des Papstes, der seit dem 8. Jahrhundert als "Heiliger Gregor (I.) der Große" verehrt wird. Um 800 wird sein Name gemeinsam den Namen der Kirchenlehrer hl. Ambrosius, hl. Augustinus und hl. Hieronymus genannt. Am 3. September - früher war es bis 1969 der 12. März - ist auch sein Hochfest. In nahezu jeder Klosterkirche findet sich eine Darstellung der Person des Papstes Gregor. Am bekanntesten erscheint uns jene, in der er als schreibender mit Tiara gekrönter Papst in Ornat mit einer, in sein Ohr flüsternden Taube des Heiligen Geistes, abgebildet ist. Seltener allerdings ist die Schmerzensmann-Szene der Gregorsmesse.

In einer Zeit kurz nach der Epoche-prägenden Völkerwanderung befähigte er den Übergang des "antiken Christentums" zum "abendländischen Mittelalter" gleich einer überzeugenden Anstrengung zur Sicherung des "christlichen Erbes". Er wurde zum "Musterpapst des Mittelalters" - so treffend Josef Gelmi 1983 - und Wegbereiter der Kirche, die später, im 11. Jahrhundert zum bestimmenden Gegenpol des Kaisertums werden sollte.

Zeittafel#

537-55 Papst Vigilius
540 Geburt Gregors in Rom als Sohn einer römischen Aristokratenfamilie.
543 Ostgotenkönig Totila erobert große Teile Süditaliens mitsamt Neapel zurück.
545/46 Totila belagert und gewinnt Rom.
547 Rom wird von den Ostgoten unter Totila geplündert.
549 Totila erobert nochmals Rom.
556-61 Papst Pelagius I.
560 (?) Benedikt von Nursia, Schöpfer der "Regula Benedicti", stirbt im Alter von etwa 80 Jahren in Monte Cassino.
561-74 Papst Johannes III.
568 Langobarden unter Führung ihres Königs Alboin dringen in Italien ein.
Um 570-73 Mohammed, Begründer des Islam, in Mekka geboren.
572-73/74 (?) Gregor übt das Amt eines Stadtpräfekten von Rom aus.
573 König Alboin ermordet.
573/74 Gregor gründet sieben Klöster auf Familienbesitzungen.
575-79 Papst Benedikt I.
575 (?) Gregor tritt als Mönch in das von ihm gegründete Kloster St. Andreas bei Rom ein.
579-90 Papst Pelagius II.
579 Gregor wird als (päpstlicher) "Apocrisiaros" am Hof des Kaisers von Byzanz eingesetzt.
582-602 Kaiser Maurikios.
584 Authari wird König der Langobarden und handelt mit dem Exarchen (von Ravenna) einen Waffenstillstand für drei Jahre aus.
586 Gregor an den Papsthof zurückberufen.
587 Gregor stiftet aus seinem Eigentum eine großzügige Schenkung an sein Kloster St. Andreas.
588 König Ethelbert von Kent heiratet die Merowingerin Bertha.
589 Überschwemmungen des Tibers verwüsten Rom. - Auf dem 3. Reichskonzil von Toledo (Spanien) wird der "Arianismus" von den Westgoten abgeschworen.
Um 590 Columban der Jüngere, ein Ire, wirkt als Missionar in Burgund.
590 Februar 08 Papst Pelagius II. gest.
590 September 03 Inthronisation Gregors als Papst und Bischof von Rom.
590 Am Ende des Jahres bedrohen Langobarden Rom, das von Papst Gregor als eigenständiger Staat erklärt und zu einem Fundament für einen funktionierenden Kirchenstaat wird.
590/91 Papst Gregor verfasst das "Liber Regular Pastoralis".
591-602 "Homilien".
593 Juni - 594 Oktober "Dialogi".
596 (?) Papst Gregor entsendet den Prior des Klosters St. Andreas, Augustin mit 40 Mönche nach England, um König Ethelbert von Kent erfolgreich zum Katholizismus zu bekehren.
602-10 Kaiser Phokas.
603 Friedensbruch des Exarchen mit den Langobarden.
604 März Papst Gregor in Rom gest.
604-606 Papst Sabinian

Quellen
  • Berthold Altaner - Alfred Stuiber, Patrologie. Leben, Schriften und Lehre der Kirchenväter. Freiburg - Basel - Wien 8. Auflage 1978, 466-473.
  • Kurt Galling, Hrsg., Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaften, 2. Bd. Tübingen 2. Auflage 1986m 1837.
  • Josef Gelmi, Die Päpste in Lebensbildern. Graz - Wien - Köln 2. Auflage 1989, 28, 52-55.
  • Winfried Hofmann, Unsere Heiligen als Schutzpatrone. Legenden und Biographien. Regensburg 1987, 73-76
  • Jeffrey Richards, Gregor der Große. Sein Leben - Seine Zeit. Wien - Graz - Köln 1983; Originaltitel: Consul of God. The Life and Times of Gregory the Great. London - Boston - Henley 1980.
  • Otto Wimmer - Hartmann Melzer, Lexikon der Namen und Heiligen. Bearbeitet und ergänzt von Josef Gelmi. Innsbruck - Wien 6. Auflage 1988, 332-334.
  • Gregor der Große/Wikipedia
  • Gregory the Great (Pope)/britannica/biography

Ernst Lanz 1990 / 2021 überarbeitet

Siehe auch