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Schloss Esterháza und sein Bauherr Nikolaus I. der Prächtige#

Von Ernst Zentner

Unweit von Fertőd (bei Sopron-Ödenburg) befindet sich das fulminante Rokokoschloss Esterháza - auch als Schloss Fertőd bekannt. Das ungarische Versailles des Fürsten Nikolaus I. Joseph Esterházy de Galántha (1714-1790). Im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt, enteignet sowie weiterer Verfall und seit Ende der 1950er Jahren wiederhergestellt, birgt es ein Haydn-Museum und eine landwirtschaftliche Versuchsanstalt. Im Sommer finden in dieser Haydnkultstätte Konzerte statt.

Porträt des Fürsten Nikolaus I. von Esterháy de Galántha, gekleidet mit der Uniform seines Ungarischen Infanterie Regiment Nr. 33; Ölgemälde, Martin Knoller, vor 1790; Standort? - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Porträt des Fürsten Nikolaus I. von Esterháy de Galántha, gekleidet mit der Uniform seines Ungarischen Infanterie Regiment Nr. 33; Ölgemälde, Martin Knoller, vor 1790; Standort? - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Fürst Nikolaus Esterházy diente unter Maria Theresia als Feldmarschall-Leutnant und erwarb sich im Siebenjährigen Krieg (Schlacht bei Kolin, 1757) militärische Verdienste. In Wien fungierte er obendrein als Zeremonienmeister der Freimaurerloge "Zur gekrönten Hoffnung" (hier war auch Mozart Mitglied!).

Esterházy war ein großer Förderer der Künste und Wissenschaften. Ein Frankreichbesuch inspirierte ihn zu einer eigenen Residenz auf seinem eigenen fürstlichen Grund und Boden zwischen Neusiedler See und Ungarn. Angesichts der Prunkentfaltung des Wiener Hofes (hier sei ganz besonders Schönbrunn erwähnt!) vertrat der Fürst folgende Meinung: "Was der Kaiser kann, das kann ich auch ..." So ließ er das südöstlich vom Neusiedler See gelegene Jagdschloss Süttör zu einer beinahe imperialen Residenz ausbauen (1766-84). Er nannte sie voller Stolz "Esterháza" und sie sollte - nach Schloss Eisenstadt - der künftige Stammsitz der ungarischen Magnatenfamilie Esterházy de Galántha werden.

Nun die Kunstgeschichtsforschung fand nur drei namentlich überlieferte Architekten des Schlosses Esterháza heraus: Nicolaus Jacoby, Melchior Hefele und Ferdinand Mödlhammer. Zumindest für die kraftvollen Fresken in den Prunkräumen waren die Paul-Troger-Schüler Josef Ignaz Mildorfer (1719-1775) und Basilius Grundemann (1726-vor 1798) verantwortlich.

Das Schloss enthielt 126 Zimmer, die im Stil des Rokokos eingerichtet waren, großzügig ausgestaltete Festsäle, eine Bibliothek, eine Bildergalerie (die mit späteren Erweiterungen seit 1860 den Grundstock der Ungarischen Nationalgalerie in Budapest bildete), Wintergärten und eine schlichte Kapelle. Ein Opernhaus mit 400 Sitzplätzen bot besinnliche Mußestunden, ebenso ein Schauspielhaus und sogar ein Marionettentheater.

Auch die eigens originell angelegten Gärten und Wälder um das Schloss präsentierten ungewöhnliche Bauwerke (etwa ein chinesisches Gartenhaus!). Die Anlage war so weitläufig, sodass die Gäste des Fürsten Pläne erhielten, damit sie sich in diesem Labyrinth zurechtfänden.

Schloss Esterháza, Garten und Wald nach Süden. Aus dem 1784 gedruckten Schlossführer - Foto: © Ernst Zentner
Schloss Esterháza, Garten und Wald nach Süden. Aus dem 1784 gedruckten Schlossführer - Foto: © Ernst Zentner
Noch 1784 ließ er einen Schlossführer (mit umfangreichen Kupferstichen) in Preßburg als Druckwerk herausbringen. (Eine hier angeführte Abbildungen entstammen dieser aufwendig erstellten Publikation.)

Der Fürst dachte nicht nur ans Vergnügen, sondern auch an die Realität. Er ließ die Sümpfe und Moraste der Umgebung trockenlegen. Selbst einen Damm legte (ca. acht Kilometer Länge) er an, um Hochwasser des Neusiedler Sees zurückzuhalten.

Nikolaus Joseph Esterházy erwies sich wie fast alle seine Ahnen als musikliebender Mann. Er "entdeckte" Joseph Haydn, der bis dahin eher einen Rang eines Lakaien einnahm, und beförderte diesen zum fürstlichen Hofkapellmeister. Der Musiker musste je nach Laune seines Herrn entsprechende Werke komponieren. Sei es für einen Tanz- oder Konzertabend. Haydn gelangen einige Symphonien, die in die Musikweltgeschichte eingegangen sind. (zum Beispiel "Abschiedssymphonie", 1772). Dem Fürsten bescheinigte er großartiges Gönnertum.

Die Baukosten des Schlosses betrugen ca. 13 Millionen Gulden. (Das entspräche heute aufgerundet wohl 945 Millionen Euro, fast eine Milliarde Euro also.) Ein Betrag, der heute als unvorstellbar gilt. Der Fürst war so gönnerhaft und gab so gut er konnte Unsummen für sein kulturelles Wirken aus. Allein im Jahr kosteten die Musiker ca. 30.000 Gulden (2,2 Millionen Euro). Als Fürst und Grundherr während des Feudalzeitalters griff er auf die Robotleistung seiner Untertanen (hauptsächlich Bauern in der Umgebung) zurück.

Als Fürst Esterházy hielt er einen eigenen Staat im (Habsburger-)Staate aufrecht. Ihm oblag das Recht ein eigenes Heer zu unterhalten und zu führen. Nicht minder der umfangreiche Hofstaat, der ja auch erhalten werden musste. Als der Fürst starb, kämpfte sein Sohn Nikolaus II. Joseph mit einem gewaltigen Schuldenberg in Höhe von etwa 3,8 Millionen Gulden (280 Millionen Euro).

Esterháza war damals in aller Munde. Es manifestierte sich als "ungarisches Versailles". Botschafter und hochgestellte Adelige gaben sich bei Fürst Esterházy ein Stell-dich-ein. Auch hohe Herrschaften ließen sich angesichts des damaligen Ruhms des noch eher bescheiden agierenden Joseph Haydns in Esterháza blicken. Desgleichen Maria Theresia, die sogar angesichts lahmer theatraler Ereignisse in Wien, nach Esterháza verreiste. "Wenn ich eine gute Oper hören und sehen will, so muss ich nach Esterháza reisen", gab sie Haydn höchstpersönlich kund. Nun, die Esterházy-Residenz südöstlich vom Neusiedler See war - dank Haydns - für gute drei Jahrzehnte das Zentrum der Wiener Oper!

In jungen Jahren war der Fürst schon ein fulminanter und begeisterter Veranstalter von Festivitäten - bei denen er sogar das Volk irgendwie mitbeteiligte - gewesen. Der nachmals weltberühmte Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe bewunderte in Frankfurt am Main 1764 (Krönungsfeier des nachmaligen Kaisers Joseph II.) den überaus festesfreudigen ungarischen Adeligen. Goethe sah an Esterházy kaum einen Mangel und bezeichnete das Herrschaftsgebiet des Fürsten als ein "Esterházysches Feenreich".

"Wir bewunderten die verschiedenen glänzenden Darstellungen und die feenmäßigen Flammengebäude, womit immer ein Gesandter den andern zu überbieten gedacht hatte. Die Anstalt des Fürsten Esterhazy jedoch übertraf alle die übrigen. ... so ging man doch lieber in das Esterhazysche Feenreich wieder zurück." (Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit von Goethe. 2. Teil, 5. Buch, Tübingen 1812) [1]

Fürst Esterházy wurde, vergleichbar mit einem Medici-Fürsten, mit Beititeln "der Prächtige" oder "der Glänzende" ausgezeichnet oder geehrt. Nachdem er gestorben war, war es mit Esterházas Glanzzeit vorbei. Die Nachkommen bevorzugten Eisenstadt. Und Schloss Esterháza devastierte.

Anmerkung

[1] http://de.esterhazy.net/index.php/Johann_Wolfgang_von_Goethe

Siehe auch