Über einen Fall der Verdichtung.#
Vor 2000 Jahren ereignete sich in antiker Welt eine nie dagewesene Wandlung. Ihr Sinn bestand in der Bestrebung, sich selbst, die Antike [1], d.h. eigene Altertümlichkeit zu überwinden, um in eine neue Qualität, eine neue Zeit zu übergehen. Inhaltlich äußerte sich dieser Übergang in der Erscheinung des Neuen Testaments, in der Verbreitung christlicher Gemeinden, und in der Erosion politischer Institute Altrömisches Reiches, das sich infolge dieser Wandlung in 2 Teile spaltete. Genauer gesagt, es handelte sich nicht um Spaltung, sondern um Abspaltung seines östlichen Teils von dem Rest, der mit der Altertümlichkeit assoziiert wurde, die überwunden werden sollte. Das Rom wurde für Anhänger neuer Religion der Inbegriff der Dekadenz, und man sah schon seinen Fall kommen. Darüber hinaus, war Oströmisches Reich eine Wiederbelebung des Reiches von Alexander des Großen, und damit ein Wiedererlangen der Unabhängigkeit des Landes, das mit dem Anschluß an Altrömisches Reich verloren ging.
Griechische Zivilisation war alt, aber ihr Alter war keine Vergreisung, sondern das Erreichen intellektueller Reife, die einem reifen Körper eigen ist. Die Zeit war gekommen, die Kraft des Körpers und des Geistes unter Probe zu stellen, in mutige Taten umzusetzen, und etwas zu wagen, was früheren Wagnissen würdig wäre.
Jeder schöpferische Akt beginnt mit dem Umdenken dessen, was bereits erworben wurde, und die Neuschöpfung der Nation ist mit der Neuinterpretation der Überlieferungen begangen. Die alten Götter haben ihre Wirklichkeit verloren, so wie Märchen und ihre Helden für Heranwachsende, die sie und ihre Spielzeuge zurücklassen, um sich der Realität zu wenden. Oder, um den Prozess des Abkehrs von Illusionen in psychoanalytischen Begriffen zu fassen: Die Götter haben Realitätsprüfung nicht bestanden.
Wenn Erwachsene alten Überlieferungen nicht mehr glauben, können sie auch ihre Kinder nicht belügen, und müssen ihnen etwas erzählen, woran sie selbst glauben. Der Bruch erzählerischer Tradition führte zu Neuschöpfungen, wobei man nicht nur neue Geschichten erzählte, sondern auch alte Geschichten neu dachte und sie so abänderte, um sie neuen Realitäten anzupassen.
Bei dieser Umgestaltung ging einiges verloren, aber der Prozess der Transformation war kreativ, so daß die Erzähler, die in bisheriger erzählerischer Tradition erzogen wurden, eigentlich nichts wegwarfen, sondern bekannte Elemente alter Erzählung neu zusammensetze. Den Götter wurde ihre Heiligkeit entzogen, sie wurden zu Begriffen, mit denen wie mit dem Baustoff umzugehen wußte. Gleichzeitig personifizierte man einige Begriffe, so daß sie selbständige Existenz in Gleichnissen erlangten, so z.B. im Gestalt eines neuen, mit dem Gott gleichgestellten Menschen, in dem die Verkörperung der Barmherzigkeit (ἔλεος) und Nächstenliebe, d.h. Freundschaft (φιλαδελφία, ἀγάπη) gesehen hat.
Im Gegensatz zu Wahnvorstellungen waren solche Neuschöpfungen Projektionen der Sehnsüchte ihrer Schöpfer nach neuen Formen des Daseins frei von Sünden, Unvollkommenheit und Disharmonie der Vergangenheit und damaliger Gegenwart. Erzählte Welt war nicht perfekt, aber in der Erzählung ging die Hoffnung ein, daß es anders sein kann und sollte.
Das Umdenken hatte seinen Anfang, und das Denken ging verschiedene Wege und probte verschiedene Möglichkeiten, um zu neuer Synthese zu kommen. Unter Gestalten, die das Denken synthetisch kreierte, findet man Heiligen Georgen den Drachentöters, in dem sich verschiedene Helden und Geschichten verdichteten. Einerseits erkennt man in ihm unschwer den Hippokrates (Ἱπποκράτης), der über Pferde herrscht, und als Heiler und Theoretiker der Heilkunst bekannt ist, andererseits trifft Hippokrates auf Racheengel aus der Offenbarung (20:2), der einen Drachen (δράκων), der auch eine Urschlange (ὄφις), Satan und Διάβολος ist, besiegt und für Tausend Jahre einsperrt:
καὶ ἐκράτησεν τὸν δράκοντα, ὁ ὄφις ὁ ἀρχαῖος, ὅς ἐστιν Διάβολος καὶ Ὁ Σατανᾶς, καὶ ἔδησεν αὐτὸν χίλια ἔτη. – Αποκάλυψις 20:2.
Zu dieser Verwandlung kam es in mehreren Schritten, die zu rekonstruieren von wissenschaftlichem Interesse ist.
In einigen Darstellungen des Reiters aus Thrakien des 1. bis 4. Jahrhunderts findet man Heiligen Georg in unmittelbarer Nähe zu einem von einer Schlange umwundenen Baum, wobei sich der Zusammenhang zwischen beiden Gestalten einer Erklärung entzieht. Die Schlange kann auf dem Baum vorkommen, aber sie ist dort keineswegs, um Früchte zu bewachen, sondern, um Eier oder Kücken aus den Vögelnestern zu verspeisen. Andererseits kennt man aus antiker Erzählung einen schlangenartigen Drachen Λάδων, der einen Schatz im Garten von Hesperiden bewachte. Genauso wie Λάδων war auch sein Vater Τυφῶν oder Τῦφώς hundertköpfig. Der bewachte Schatz war der Baum mit goldenen Äpfeln, den Gaia der Hera zu ihrer Hochzeit mit Zeus wachsen ließ. Während Τυφῶν von Zeus besiegt und unter Etna begräbt wird, steht sein Sohn Λάδων im Dienst von Zeus.
Das Auftauchen todbringender Schlange in einem Garten, in dem Baum wächst, dessen Früchte den Götter ewige Jugend verleihen, ist erklärlich: Der Tod hindert nämlich das Erlangen ewiger Jugend und der Unsterblichkeit. Bekanntlich ist die Macht ein Zankapfel zwischen Sterblichen, die oft in die Machtsucht verfallen, weil sie einzige Entschädigung für ihre Sterblichkeit ist. Die Machtkämpfe zwischen Sterblichen werden ausgetragen in Fortführung der Rivalität der Tiere, die auf solche Weise ihr Recht erkämpfen, sich fortzupflanzen und in ihren Abkömmlingen weiterzuleben. Das Töten des Drachens entspricht der Revierverteidigung, der Name des Drachentötens – Georg, d.h. „Erdmann“ oder „Bodenständler“, Bodenständiger Bauer, bestätigt diesen Sinnzusammenhang.
Der Heilige Georg gehört zur Armee der Heiligen, die im Umgebung von Jesus das Böse bekämpfen. Außer Georg sind auch andere Heilige oder Engel militant – Erzengel Michael, Demetrios, Theodor Tiro, und sie kämpfen auf der Seite des Guten gegen das Böse, so wie in früheren Erzählungen die Götter gegen Titanen und Ungeheuer kämpften und sie schließlich besiegten.
Der Kampf zwischen Zeus und Τυφῶν endet mit dem Begräbnis des Drachens, der allerdings nicht ganz tot ist, und dreht sich gelegentlich in seinem Grab, weswegen zu vulkanischen Eruptionen und zu Erdbeben kommt. Diese Erzählung wurde in Offenbarung übernommen, wobei Τυφῶν zu Διάβολος wird, den diesmal Jesus für Tausend Jahre unter Erde einsperrt.
Als Widerspiegelung irdisches Geschehens hielt man epische Kämpfe im Himmel fest. So z.B. repräsentiert das Sternbild des Drachens den Drachen Λάδων. Im Serpentarius oder Schlangenträger (Ὀφιοῦχος) ist Asklepios (Ἀσκληπιός) [2] verewigt, und sein Stab mit der Schlange wird mnemotechnisch als Symbol für Heilkunst verwendet. [3]
Mit einem Stab kann man die Schlange abwehren und vertreiben, aber sie ist als ständige Beilage zu seinem Stab zu Begleiterin von Asklepios geworden. Es stellt sich die Frage: Warum? Eine mögliche Erklärung besteht in der Ambivalenz der Gestalt von Asklepios: Er ist zwar ein Heiler, aber der Tod ist seine ständige Begleitung. Die Schlange steht auch für Weisheit, also für Wissen, und Wissen ist eine Voraussetzung der Heilkunst. In antiker Erzählung erweckt eine Schlange eine andere, die Asklepios mit seinem Stab erschlug, indem sie eine Heilkraut in ihr Mund legt. Asklepios beobachtet das Geschehen, und nutzt dasselbe Heilkraut für die Wiederbelebung eines seinen Patienten. Aber die Götter dulden keine Konkurrenz, und Zeus tötet Asklepios für sein Wagnis, ihm gleich zu sein, was auch im Fall von Τυφῶν geschehen ist. Danach, um sein Zorn mit Gnade auszugleichen, erhebt er Asklepios in den Himmel, wo er als Schlangenträger unsterblich wird. In dieser Erhebung fehlt etwas, und zwar der Stab, der sich in die Schlange verwandelt, so wie in alttestamentarischer Erzählung (Exodus 4: 2–4), in der der Hirtenstab von Moses zu einer Schlange wird. Der himmlische Asklepios verliert nicht nur seinen Stab, er kann auch seine Heilkunst nicht mehr ausüben, und wird zu einem Gefangenen des Himmels, so wie Τυφῶν unterirdischer Gefangene ist. Der Arzt der Götter ist jemand Anderer, und zwar, der Παιάν.
Der Stab von Asklepios symbolisiert gleichfalls den Baum aus dem Garten von Hesperiden, und die Schlange, die diesen Stab umwindet, repräsentiert den Drachen Λάδων, der im Dienste von Zeus steht. In einer neuen Interpretation, die in der Offenbarung zu lesen ist, hat jeder Anrecht darauf, die Bäume des Lebens und die Heilkraft ihrer Blätter und Früchte zu nutzen, der rein und dafür bereit ist:
καὶ τὰ φύλλα τοῦ ξύλου εἰς θεραπείαν τῶν ἐθνῶν. – Αποκάλυψις 22:2.
Τῷ νικῶντι δώσω αὐτῷ φαγεῖν ἐκ τοῦ ξύλου τῆς ζωῆς, ὅ ἐστιν ἐν τῷ Παραδείσῳ τοῦ Θεοῦ. – Αποκάλυψις 22:7.
μακάριοι οἱ πλύνοντες τὰς στολὰς αὐτῶν, ἵνα ἔσται ἡ ἐξουσία αὐτῶν ἐπὶ τὸ ξύλον τῆς ζωῆς καὶ τοῖς πυλῶσιν εἰσέλθωσιν εἰς τὴν πόλιν. – Αποκάλυψις 22:14.
Während Asklepios eine mythische Gestalt ist, ist Hippokrates eine reale Person, die allerdings symbolisiert wird, und kommt in symbolischer Darstellung als Heiliger Georg der Drachentöter vor. In dieser Erzählung ist das Verhältnis zwischen ihm und der Schlange ein anderes: Der ursprüngliche Hirtenstab alias der Stab von Asklepios verwandelt sich hier in eine Lanze, womit Georg den Drachen tötet, so wie Zeus die Sterblichen mit Blitzen bestraft. Der Stab wird in Händen des Heiligen zu göttlichem Werkzeug, und er selbst zu rechtem Hand Gottes: χείρ, δεξιά.
Der Stab ist somit ein Symbol für Werkzeug Gottes in seinen Händen. Er steht auch für Beweiskraft des göttlichen Wirkens, so z. B. wenn er sich in die Schlange verwandelt. Das Spiel mit diesen Bedeutungen wird in der Gegenwart fortgeführt. So findet man die Darstellungen des Stabes von einer Schlange umwunden in der Bezeichnung für Dollar und im Emblem der Weltgesundheitsorganisation. Die Abkürzung WHO steht auch für White House Office, dessen staff bzw. Stab im Dienste des obersten Herren steht.
Das englische Wort office bedeutet das Amt oder Amtssitz. Es stellt sich berechtigte Frage: Wessen Amt ist ein office, und wer sitzt eigentlich in diesem Amt? Wir müssen wieder einige Schritte zurück in die Geschichte gehen, um die Antwort auf diese Fragen zu finden.
Gnosis, Gnostik und Gnostizismus sind kulturwissenschaftliche Begriffe, womit Lehren bezeichnet werden, die in der Antike, d.h. im 1. bis 3. Jahrhundert entstanden sind, und Folge damaliger Suche nach dem Sinn und der Wahrheit waren. Zu gnostischen Gruppen oder Sekten werden u.a. Manichäer und Ophiten gezählt. Ophiten vergöttlichten Schlange in Tradition älterer Kulte und sahen in schlangenförmigem Ilda-Baoth den Sohn der Finsternis, dessen Mutter, Sophia Achamôth, die Tochter der Sophia, der göttlichen Weisheit war.
Wie unschwer zu erkennen ist, sind σοφία und ὄφις anagrammatisch verwandt, und mit diesem Wortspiel spielten offensichtlich sowohl Sophisten als auch Gnostiker, deren Grundsatz eigentlich nicht Erkenntnis, sondern Unkenntnis heißt, d.h. die Unmöglichkeit, zu wissen und die Wahrheit zu erkennen. Entsprechend gründen sich ihre Spekulationen nicht auf Erfahrungen und Prüfungen, sondern auf Vorurteilen und Glaubenssätzen. Einer ihrer Glaubenssätze besteht darin, daß der oder die Herrscher dieser Welt ἄρχων, ἄρχοντες ist oder sind [4], während der Gott außerweltlich existiert, und der Kosmos das Reich der Finsternis ist. Damit wird jegliche Ordnung bestritten, und die Welt als Willkür dargestellt.
Die Welt als Unordnung zu sehen braucht schon viel Einbildungskraft, und fällt nur leicht denen, die eine Prädisposition für Wahrnehmung solcher unsinnigen Inhalte haben, d.h. im Falle geistiger Ungesundheit und der Unordnung im Kopf. Letztendlich hilft uns psychoanalytische Übung, diese zwei grundlegend verschiedene Zustände des menschlichen Geistes zu unterscheiden. [5]
Referenzen.
[1] ἀρχαῖος ancient, of ancient times, = ἀρχή beginning, origin ἀρχή = ἄρχω a beginning, origin, first cause; the first place or power, sovereignty, dominion, command; a sovereignty, empire, realm; a magistracy, office.
[2] Während Παιάν oder Παιών ein feierlicher Lied war, der besonders dem Apollon zu Ehren anläßlich eines Kampfes oder eines Sieges gesungen wurde, und später im Heilkult von Asklepios übernommen wurde, deutet auch der Name Asklepios auf ein Lied, allerdings einer anderen Sorte, nämlich auf Aufschrei bei einer Schmerzempfindung: altgriechisches Wort σκύλλω bedeutet häuten, figurativ belästigen, extrem stören; wovon Partizip Perfekt Passiv ἐσκυλμενος ist. Es ist hier noch zu erwähnen, daß auch Schlangen häuten, ein Umstand, der in besagten assoziativen Kontext übergegangen ist.
[3] Walter J. Friedlander. The Golden Wand of Medicine: A History of the Caduceus Symbol in Medicine. ABC-CLIO, 1992.
[4] ἄρχων ruler, commander, as official title, magistrate, official. ἀρχός leader, chief, = ἄρχων, of a god; the rectum, the anus.
[5] Physician, heal yourself! – Open letter to WHO.
P.S. Man könnte meinen, der Stab, der auf dem Emblem von WHO zu sehen ist, ist ein Äskulapstab (ῥάβδος), aber das stimmt nur auf ersten Blick. Bei näherem Hinsehen stellt man fest, daß hier ein Konzept abgebildet wird, das in altgriechischer Mythologie als ἀνάγκη, d.h. Notwendigkeit oder Zwangsläufigkeit, bekannt ist. Ἀνάγκη ist selbstschöpferischere Kraft, die ursprünglich formlos, d.h. schlangenartig ist, wie auch χρόνος, die Personifizierung der Zeit. Zusammen zerbrechen sie das Urei, woraus Erde, Himmel und Meer entspringen. Später nimmt ἀνάγκη die Gestalt einer Frau an, die in ihren Händen die Weltachse (πόλος) hält. Das Zusammentreffen zweier Schlangen in der Darstellung von Hermesstab (κηρύκειον) erklärt sich mit gleichem Ursprungsmythos.
Eine vereinfachte Darstellung dieses Symbols ist das Dollarzeichen $, womit offizielle Währung, das Geld, der Vereinigten Staaten von Nordamerika bezeichnet wird – der US-Dollar, der auch wegen grüner Farbgestaltung der Banknoten als „greenback“ genannt wird. Hinter dieser Symbolik erkennt man unschwer apokalyptischen Bibelspruch: „The leaves of the tree were for the healing of the nations“ (Revelation 22:2), während doppeldeutige Abkürzung WHO auf anderen apokalyptischen Bibelspruch hinweist: „Then I saw a great white throne and Him Who was seated on it“ (Revelation 20:11), womit die Schöpfer dieses Mythos versuchten, sich zu Gott zu erheben, anstelle des himmlischen Gottesthrons seine irdische Repräsentanz zu schafften, und alle andere Nationen daran zu überzeugen, daß die Präsidenten und das Volk der Vereinigten Staaten von Nordamerika unter göttlicher Führung und Weisung stehen und handeln. Ungeachtet offensichtlicher Widersprüche ihrer Religion, in der immer mehr Menschen blanken Betrug erkennen, versuchen selbsternannte Priester in weißen Kitteln weiterhin alle Nationen in ihren Mythos einzubeziehen und zu ihrem Glauben zu bekehren, obwohl angebliche „Heilmittel“ der Betrüger ihnen kein Leben sondern Tod bringen.