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Helga Maria Wolf:

Rosen, Tulpen, Nelken …#

Foto: Doris Wolf

Im Sommer zeigt sich die Natur in schönster Pracht. Blumen spielen jetzt bei Bräuchen eine Rolle, erfreuen uns in Gärten, Parks und daheim in der Vase oder als Arrangement. Wenn Rosen, Tulpen und Nelken verwelken, leben sie doch als - teilweise symbolträchtige -Dekoration auf Bildern und Möbeln weiter.

Die Rose als "Königin der Blumen" stand schon in der Antike aufgrund von Schönheit, Duft und Vergänglichkeit in Beziehung zu den gegensätzlichen Bereichen Paradies, Liebe und Tod. Nach dem Mythos entstand sie aus dem Blut des sterbenden Adonis, dem altgriechischen Gott der Schönheit und Vegetation. Sie wurde ebenso mit ihm in Verbindung gebracht, wie mit seiner Geliebten Aphrodite, der römischen Venus. In Märchen (Dornröschen), Sagen und Legenden (Wunder der hl. Elisabeth, hl. Rita) spielen Rosen ebenso eine Rolle wie in mittelhochdeutschen Epen: Konig Laurins Rosengarten war schon aus großer Entfernung durch seinen Duft zu erkennen, erleuchtet von sagenhaften Karfunkelsteinen. Der griechische Lyriker Pindar schrieb im 6. vorchristlichen Jahrhundert von den Wiesen des Elysiums, wo Rosen gedeihen, aus denen die Seligen Kränze winden. Kränze aus Rosen finden sich in den frühchristlichen Katakombenmalereien. Heilige wollen damals Adam und Eva im Paradies unter Rosenbäumen geschaut haben. Einer alten Legende zufolge hatte die Rose vor dem Sündenfall keine Dornen. Maria, die von der Erbsünde bewahrt blieb, wurde "Rose ohne Dornen" genannt und diese Blume zu ihrem wichtigsten Symbol. Der Bildtypus der "Rosenmadonna" oder "Madonna im Rosenhag", dessen berühmteste Beispiele von Stephan Lochner (1410-141) und Martin Schongauer (1445/50-1491) stammen, zeigt die Muttergottes mit dem Jesuskind in einem paradiesischen, abgeschlossen Garten, umgeben von Engeln oder den heiligen Jungfrauen (Barbara, Katharina, Margaretha, Dorothea). Als diese Art der Darstellung im 14. Jahrhundert aufkam, waren nach den Kreuzzügen schon edle Sorten aus dem Orient bekannt, zuvor gab es in der nördlichen Hemisphäre nur wilde und Heckenrosen.

"Auf Rosen gebettet sein" beschreibt einen sehr glücklichen Zustand. Bei Hochzeiten (wie auch bei der Fronleichnamsprozession) streut man Rosen auf den Weg. Rote Rosen schenken ist "das" Zeichen der Liebe, die (rote) Rose brechen im Volkslied eine erotische Umschreibung. Als gutes Omen für die Ehe werden die Rosen im Brautstrauß entdornt. Mehrere Knospen an einem Stamm deuteten auf eine bevorstehende Verlobung, die im Herbst blühende rote Rose auf eine Hochzeit. Andererseits wird der "Rosengarten" mit dem Friedhof gleichgesetzt. Schon im alten Rom feierte man im Mai die "Rosalia", ein Fest zur Bekränzung der Gräber. Legenden berichten von Heiligen, die als letzten Wunsch Rosen wollten, die wunderbarerweise auch im Winter blühten. In manchen Klöstern (z.B. Arnoldstein, Kärnten) wurde erzählt, dass ein Mönch vor dem Ableben auf seinem Platz im Chorgestühl eine weiße Rose vorfand. Rosen spielten als Orakel und im Sympathieglauben eine Rolle. Von geweihten Ritarosen, heute über Internet vertrieben, verspricht man sich Heilung für Leib und Seele. Auf Hinterglasbildern und in der so genannten Bauernmalerei findet man Rosen als dekorative Elemente. Tulpen zählen zu den ältesten und beliebtesten Zuchtpflanzen. Ihr Name erinnert, wie die Form, an eine turbanähnliche Kopfbedeckung, die man in Mittelasien, der Heimat der Blume, trug. Mitte des 16. Jahrhunderts eroberten die Tulpen Europa, hier blühten die ersten in Wien. Der kaiserliche Gesandte Ogier Ghislain de Busbecq (1522-1592) brachte sie, wie auch den Flieder, aus der Türkei, der Hof-Botanicus Carolus Clusius (1526-1609) kultivierte sie. Als der niederländische Professor in sein Land zurückkehrte, nahm er einige Tulpenzwiebeln mit. Dort lösten sie eine "Tulpomanie" aus. Einzelne Zwiebeln erreichten den Wert von 20 Wagenladungen Getreide. Tulpen begeisterten die Maler der Stillleben, ihr Vorbild wirkte sich nach Generationen in der "Volkskunst" aus. Im 17. Jahrhundert fand sich das einfache, bunte Motiv auf Keramik und Möbeln, geschnitzt, geschmiedet und in Kreuzstickereien.

Nelken, heute eine der zehn meist verkauften Schnittblumenarten, waren von der Renaissance bis in die 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts in Mode. Weiße Nelken stecken im Knopfloch des Bräutigams, rote tragen die Sozialisten seit der Maifeier 1890. Nelken verdanken ihrem Duft und ihrer Farbigkeit den Namen "Götterblumen". Die lateinische Bezeichnung Dianthus lässt sich von Dios (Zeus) und Anthos (Blüte) ableiten. Die ersten Nelkengewächse gediehen im Mittelmeerraum. Kaiser Ludwig der Heilige führte sie im 13. Jahrhundert in Frankreich ein, von wo sie ihren Siegeszug antraten. Aus 270 Arten gingen inzwischen überall auf der Welt zahlreiche Züchtungen hervor. Mönche brachten die Pflanze nach Mitteleuropa. Sie kannten wohl auch die medizinische Verwendung bei Magenverstimmung und Fieber, Nelkenaroma wurde für Essig, Bier, Wein, Saucen und Salate verwendet. In Blatt und Frucht der Karthäusernelke wollten sie die Nägel der Kreuzigung Christi erkennen, sodass sie zum Passionssymbol wurde.

Neben der Rose ist die Lilie die bevorzugte Blume der christlichen Kunst. Sie erscheint schon auf der "Himmelswiese" der Mosaiken in Ravenna oder romanischen Schlusssteinen. Sie ist das Sinnbild von Maria, Joseph unnd der Kirche, steht für die reine Seele, Unschuld oder Auferstehung. Die Madonnenlilie wurde von Kreuzfahrern aus dem Vorderen Orient mitgebracht. Die trichterförmigen, strahlend weißen Blüten der bis zu 1,50 m hohen Pflanze zieren religiöse Darstellungen seit dem Mittelalter. Doch lange bevor sie zum Symbol wurde, war sie Ornament, wie in Ägypten oder Byzanz. Als Zierpflanze wurde sie - wie Rose und Iris - im Capitulare de villis Karls des Großen (812) genannt.

Während sich Adelige aller Zeiten, Völker und Kulturen Parks als Lustgärten anlegen ließen, war der Bauerngarten von Nützlichkeit geprägt. Seit karolingischer Zeit wuchsen hier Kraut und Rüben, Salat, Obstbäume, Arzneipflanzen und Gewürze. Zu Rose, Lilie und Iris gesellten sich als Zierpflanzen zunächst Pfingstrose und Buchs, dann Hyazinthe, Tulpe, Malve, Levkoie, Goldlack und Nelke, Sonnenblume, Dahlie, Aster, Balsamine, Chrysantheme, Flieder, Rittersporn, Akelei, Reseda und Tränendes Herz.

Die Bürger entwickelten im Biedermeier eine "Sprache der Blumen", die beispielsweise folgendes sagt: Veilchen: Geheime Liebe, Nelke: Hoffe nicht; weiße Rose: Nein!, rote Rose: Ja!

Ein Beitrag der Serie BRAUCHbares in: Schaufenster Volkskultur