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Marienerscheinungen#

Im Mai 2024 veröffentlichte das Vatikanische Dikasterium für die Glaubenslehre neue Normen zum Thema Übernatürliche Phänomene. Dazu erschien in ORF.at folgender Text:

Die kirchliche Autorität werde "in der Regel die Übernatürlichkeit eines Phänomens nicht mehr offiziell erklären". Neu ist die ausdrücklichere Einbeziehung des Dikasteriums für die Glaubenslehre. Künftig muss die Behörde die endgültige Entscheidung des Bischofs genehmigen und bekommt zudem die Befugnis, jederzeit auf eigene Initiative (motu proprio) einzugreifen.

Marienerscheinungen zählen seit dem 18. Jahrhundert zu den „Privatoffenbarungen“. Laut Katechismus steht es Katholikinnen und Katholiken frei, an Privatoffenbarungen zu glauben oder nicht – auch wenn die Kirche sie als gesichert ansieht. Experten sehen die Erscheinungen in Zusammenhang mit wirtschaftlichen und politischen Krisen: Hungersnöten, Seuchen, Missernten. Eine Häufung gibt es in den 1850er und 1870er Jahren, im Ersten Weltkrieg und Anfang der 1930er Jahre.

Auch in Österreich gibt es etliche Marienwallfahrtsorte mit Berichten von Erscheinungen wie etwa Absam, Luggau und Marbach, aber bisher keinen kirchlich anerkannten Erscheinungsort. Zu letzteren, von denen es weltweit etwas mehr als ein Dutzend gibt, zählen bekannte Pilgerorte wie Lourdes (Frankreich), Fatima (Portugal) und Guadalupe (Mexiko), ebenso La Salette, Notre-Dame du Laus und Paris/Rue de Bac (Frankreich), Banneux und Beauraing (Belgien), Knock (Irland), San Nicolas de los Arroyos (Argentinien), Dietrichswalde (Polen), Kibeho (Ruanda) und Akita (Japan).

Ein besonderer Fall ist Medjugorje in Bosnien-Herzegowina. Hier dauern die angeblichen Erscheinungen nach Darstellung der Seher bis heute an und gehen in die Zehntausende. Der Vatikan zögert bis heute mit einer offiziellen Anerkennung, erlaubte aber 2019 offizielle Wallfahrten.

Die ausdrückliche Einbeziehung des Dikasteriums liege in der Schwierigkeit begründet, auf rein lokaler Ebene mit Phänomenen umzugehen, die in einigen Fällen nationale oder sogar globale Dimensionen erreichen, erklärte Vatican News. Das neu veröffentlichte Regelwerk weise darauf hin, „dass eine Entscheidung, die eine Diözese betrifft, auch anderswo Auswirkungen hat“.

Dass sich der Vatikan zum Erstellen solcher Normen veranlasst sieht, habe mit gewissen Erfahrungen des 20. Jahrhunderts zu tun. So habe es Fälle gegeben, „in denen der Ortsbischof sehr schnell die Übernatürlichkeit eines Phänomens erklärte, das Heilige Offizium dann aber zu anders akzentuierten Urteilen kam“.

Die neuen Richtlinien lösen die bisherigen Normen von 1978 ab, die oft zu jahrzehntelangen Anerkennungsverfahren führten, berichtete Kathpress am Freitag. Konflikte zwischen der Kirchenleitung und selbsterklärten Sehern gibt es häufig. Der bekannteste Fall in Europa sind die mutmaßlichen Marienerscheinungen in Medjugorje im heutigen Bosnien-Herzegowina.

Ein weiterer Grund sind laut Vatican News die langen Zeiträume, die nötig sind, um alle Elemente zu bewerten und „zu einer Entscheidung über die Übernatürlichkeit oder Nichtnatürlichkeit eines Phänomens zu gelangen. Zeiträume, die manchmal mit der Dringlichkeit kollidieren, pastorale Antworten zum Wohle der Gläubigen zu geben.“

Marienerscheinungen und Wunder aller Art haben in der katholischen Kirche nicht nur Tradition, ihnen wird auch ein großer Einfluss im Bereich der Volksfrömmigkeit zugestanden. Vatican News zitierte den zuständigen Kardinalpräfekt Victor Manuel Fernandez, der das Dokument am Freitag vorstellte: „Oft haben diese Ereignisse einen großen Reichtum an geistlichen Früchten, an Wachstum im Glauben, an Frömmigkeit und Geschwisterlichkeit und Dienstbereitschaft hervorgebracht, und in einigen Fällen sind dadurch verschiedene Wallfahrtsorte über die ganze Welt verstreut entstanden, die heute zu einem Kernteil der Volksfrömmigkeit vieler Völker geworden sind.“

Andererseits könnten „in einigen Fällen von Ereignissen, die mutmaßlichen übernatürlichen Ursprungs sind, sehr ernste Probleme zum Schaden der Gläubigen auftreten“. Etwa, wenn solche mutmaßlichen Phänomene „zur Erlangung von Profit, Macht, Ruhm, sozialer Berühmtheit, persönlichen Interessen“ dienten, so Fernandez weiter.

Sie könnten sogar als Mittel dienen, „um Menschen zu beherrschen oder Missbrauch zu begehen“. Außerdem könne es „bei solchen Ereignissen zu Irrtümern in der Glaubenslehre, zu einer unangemessenen Verkürzung der Botschaft des Evangeliums, zur Verbreitung eines sektiererischen Geistes usw. kommen“.

Letztlich entscheide der Papst als höchste Instanz über die Bewertung übernatürlicher Phänomene: Das Dokument aus dem Vatikan stelle klar, „dass auf ordentlichem Wege keine positive Anerkennung des göttlichen Ursprungs mutmaßlicher übernatürlicher Phänomene durch die kirchliche Autorität zu erwarten ist“, heißt es in dem Dokument. Daher würden „weder der Diözesanbischof noch die Bischofskonferenzen noch das Dikasterium in der Regel erklären, dass diese Phänomene übernatürlichen Ursprungs sind“; nur der Papst könne „ein diesbezügliches Verfahren genehmigen“.

Das Regelwerk umfasst eine Liste von sechs möglichen Urteilen, die am Ende einer Untersuchung stehen können:

  • Nihil obstat: keine Gewissheit über die übernatürliche Echtheit, aber doch Anzeichen für ein Wirken des Heiligen Geistes.
  • Prae oculis habeatur: wichtige positive Zeichen, aber auch Elemente der Verwirrung oder mögliche Risiken, die eine sorgfältige Entscheidung und Dialog mit den Empfängern (z. B. Sehern) bestimmter geistlicher Erfahrungen erfordern.
  • Curatur: kritische Elemente, aber eine weite Verbreitung des Phänomens mit nachweisbaren geistlichen Früchten. Von einem Verbot, das die Gläubigen verwirren könnte, wird abgeraten, aber der Bischof wird aufgefordert, das Phänomen nicht zu fördern.
  • Sub mandato: kritische Punkte, die sich nicht auf das Phänomen selbst beziehen, sondern auf den Missbrauch durch Einzelne oder Gruppen. Der Heilige Stuhl betraut den Bischof oder einen Delegierten mit der pastoralen Leitung des Ortes.
  • Prohibetur et obstruatur: Trotz einiger positiver Elemente sind die kritischen Aspekte und Risiken schwerwiegend. Der Bischof soll öffentlich erklären, dass das Festhalten an diesem Phänomen nicht zulässig ist.
  • Declaratio de non supernaturalitate: Der Bischof wird ermächtigt, auf der Grundlage konkreter Beweise zu erklären, dass das Phänomen nicht als übernatürlich zu betrachten ist.

Quelle: https://religion.orf.at/stories/3225063/, publiziert 24.5.2024