Mistbauer#
1839 verordnete der Magistrat der Stadt Wien den Abtransport des Abfalls. Privatunternehmer holten ihn an bestimmten Tagen mit Pferdewagen ab. Diesem ging ein Mann voraus, der mit einer hell tönenden Glocke das Kommen des Gassensäuberungsfuhrwerken ankündigte. am Im Andenken an diesen bis zirka 1920 anhaltenden Brauch ließ die MA 48 Mistglocken nachbauen. Sie werden seit 2006 als Auszeichnung an Personen verliehen, die sich um die Wiener Abfallwirtschaft verdient gemacht haben.
Nach dem alten System brachten Hausfrauen und Dienstmädchen die Abfälle im "Misttrücherl" dem Mistbauern auf die Straße. Die Ladung kam auf Deponien. Dort suchten die sogenannten Beinlstierer nach brauchbaren Stoffen wie Glas, Knochen oder Hadern, um diese zu verkaufen. Nach dem Ersten Weltkrieg stellte Wien die Müllabfuhr auf das Colonia-System um. Der Mist wurde nun in Hausstandgefäßen (90 Liter Inhalt für fünf bis sieben Wohnungen) entleert und staubfrei in Kastenwagen geschüttet. 1928 gab es 173.478 Coloniakübel und 63 LKW mit Anhängern für den Abtransport. Damit wurden 381.318 m³ Mist beseitigt.
2022 entsorgte die MA 48 (Wiener Abfallwirtschaft) 1,207 825 t Abfälle, davon 775.763 t Hausmüll. Bei 12 Wiener Mistplätzen kann man kostenlos Sperrmüll, Altstoffe, Bio-Müll, Elektrogeräte, Sondermüll in Haushaltsmengen sowie gut erhaltene Altwaren abgeben.
Quelle:
Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien. Wien 1992-1997. Bd. 1/S. 587, Bd. 4/S. 275 f.
Bild:
"Banlstierer (Knochensammler)". Foto: Otto Schmidt, Wien um 1880