Muttertag #
54 Länder der Welt begehen den Muttertag als Feiertag zu Ehren der Mütter (und Großmütter). In einigen Ländern Osteuropas ist der Internationale Frauentag am 8. März zugleich der Muttertag, in England der 4. Fastensonntag, in Zentralamerika der 10. Mai, in Arabien meist der 21. März, der astronomische Frühlingsbeginn. 36 Länder haben sich für einen Termin im Mai entschieden. Dies entspricht der geschichtlichen Entwicklung. Die Amerikanerin Anna Jarvis (1864-1948) aus West-Virginia feierte den Todestag ihrer Mutter mit besonderer Dankbarkeit. Diese, Ann Marie Reeves Jarvis (+ 9. 5. 1905), hatte als Gattin eines Methodisten-Predigers elf Kinder und setzte zahlreiche soziale und humanitäre Initiativen. Der von ihr gegründete Verein forderte im amerikanischen Bürgerkrieg dazu auf, Verwundete beider Seiten zu pflegen, bekämpfte die Kindersterblichkeit und organisierte Haushaltshilfen für kranke Mütter.
In der Kirchengemeinde der Methodisten organisierte Anna Jarvis 1908 am dritten Todestag ihrer Mutter (wie schon 1907) einen Gottesdienst. Dabei verteilte sie die Lieblingsblumen ihrer Mutter Nelken, die roten sollten die lebenden Mütter ehren, die weißen die verstorbenen. Bereits 1909 feierten 45 US-Bundesstaaten den "Mother's Day". 1914 beschloss der Kongress einen Erlass, wonach dieser Tag am zweiten Sonntag im Mai zu begehen sei. England, die Schweiz (1917), Finnland und Norwegen (1918), Schweden (1919) und Deutschland (1922). Die Erfinderin wandte sich zeitlebens gegen die fortschreitende Kommerzialisierung und hätte den Tag am liebsten wieder abgeschafft.
In Österreich verdankt der Muttertag seine Einführung 1924 Marianne Hainisch (1839-1936). Sie setzte sich für die Rechte der Frauen Bildung der Mädchen ein (sie durften damals noch kein Gymnasium besuchen) und war die Mutter von Österreichs erstem (parteilosen) Bundespräsidenten (1920-1928), Michael Hainisch (1858-1940). Brauchträger waren wohlhabende Bürger in den Städten, unterstützt von den evangelischen Kirchen und der „Arbeitsgemeinschaft für Volksgesundung“. „Dieser Arbeitsgemeinschaft wird es hoffentlich gelingen, weite Kreise hiefür zu interessieren“, schrieb 1926 die Verbandszeitung Deutscher Blumenhändler, „Kirche und Schule zu gewinnen und die Regierung dahin zu bringen, den Muttertag am zweiten Sonntag im Mai als offiziellen Feiertag festzulegen“. Nach acht Jahren freuten sich die Floristen: „Nun haben auch wir den Muttertag zum ersten Male, dank der Unterstützung der Regierung, richtig zur Geltung gebracht und gefeiert.“
Für den Handel in Österreich ist Muttertag nach Weihnachten und Ostern der drittwichtigste Umsatzbringer im Jahr. Die Floristen verkaufen in der Woche vor dem Muttertag (ebenso wie zum Valentinstag) so viele Blumen wie sonst in einem Monat. 2024 wollten laut Handelsverband-Erhebung 7 von 10 Befragten Geschenke kaufen und dafür durchschnittlich 67 € ausgeben, insgesamt brachte das 220 Mio. €.
Quellen:
Helga Maria Wolf: Das neue BrauchBuch. Wien 2000. S. 185 f.
Fest, Brauch, Event. Regionale Kultur zwischen Tradition und Moderne. Köln 2013
Produkt Muttertag, Begleitbuch zur Ausstellung im Öst. Museum für Volkskunde, Wien 2001
"Heute", 3.5.2024
"Kurier", 12.5.2024
Bild:
Muttertag 1958, Foto: Alfred Wolf
Siehe auch:
Essay Muttertag