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Bandelkramer#

Bandelkramer

Wanderhändler aus dem so genannten Bandelkramerlandl um Waidhofen an der Thaya (Waldviertel, Niederösterreich) brachten Bänder, Zwirn und Nadeln in einem geteilten Tragekasten nach Wien. Im Sinn der merkantilistischen Wirtschaftspolitik entwickelte sich Groß-Siegharts zu einem Zentrum der Textilindustrie. Handelskompanien, Manufakturen, die Ansiedlung ausländischer Facharbeiter und ein staatlich verwaltetes Vertriebssystem ermöglichten erstmals die Massenproduktion. Der Ort verdankte seine Entwicklung Johann Christoph Graf Mallenthein (1682-1749), Hauptaktionär der Kaiserlich Privilegierten Orientalischen Compagnie, die auf der Donau und aus dem Mittelmeerraum Rohstoffe brachte und Fertigwaren ins Ausland exportierte. Innerhalb weniger Jahre wurde aus dem 100-Seelen-Dorf eine Marktgemeinde mit 400 Einwohnern. Der Grundherr baute eine planmäßig angelegte Fabrikssiedlung mit 160 Häusern und holte Spinner und Weber aus Sachsen und Schwaben. Betriebe für Spinnerei, Tuchmacherei, Barchentweberei sowie zur Herstellung von Hüten und Strümpfen entstanden. Dem kometenhaften Aufstieg folgte 1731 der Konkurs.

Die Bewohner fanden eine neue Existenzgrundlage in der - in Ansätzen seit 1700 vorhandenen - Bandproduktion. Reiche Bauern und Handwerker wurden nun zu Verlegern, im Ort selbst „Bandelkramer“ genannt. Sie besorgten Garn, das die Ärmeren auf kleinen „Bändelstürn“ (Schnurstühlen) in Heimarbeit verarbeiteten. Leistungsfähigere Bandmühlen in den Fabriken wurden von Lohnarbeitern bedient. Die Verleger ließen die Bänder in Färbereien färben und gaben sie bei zahlreichen Bauernfamilien in Groß-Siegharts und Umgebung zwecks Verkauf in Kommission. Die „Bandeltrager“ brachten sie in alle Länder der Österreichisch-Ungarischen Monarchie. Für die Wiener waren diese Burschen die „Bandelkramer". Ihr Kaufruf wurde als „Kafts Bandl, an Zwirn!“ oder „Baandel, Zwiirn kafft!“ wiedergegeben.


Quellen:
Walter Deutsch, Helga Maria Wolf: Menschen und Melodien im alten Österreich. Wien 1998. S 19 f.
Hubert Kaut: Kaufrufe aus Wien. Wien 1970. S. 65
Gabriele Stöger - Thea Meinharter: Lebendes Textilmuseum Groß-Siegharts. Groß-Siegharts 1990

Bild:
Der lustige Bandlkramer, Flugblattlied, um 1860. Gemeinfrei


Siehe auch:
--> Heimatlexikon