Burg Güssing#
Auf einem Porphyrkegel (Ergußgestein) des Güssinger Hügellandes gelegene weithin sichtbare Festungsanlage. Die Verteidigungsanlagen - Tore und Bastionen - stammen aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Der Burghof ist von Resten der alten Randbefestigung umgeben. Die Hochburg stammt aus verschiedenen Bauphasen, das Wohngebäude und der Treppenturm aus dem Barock, der Bergfried aus dem Mittelalter (heute Glockenturm). Die Kapelle der Burg ist spätgotisch.
Die Brüder Wolfer und Hedrich wurden mit dem Gebiet von Güssing belehnt. Sie stammten von den Grafen von Hainburg ab und wurden selbst zu Stammväter zweier wichtiger Adelsgeschlechter, der „Güssinger Grafen“ und der „Hederváry“. Um 1150 befand sich auf dem Hügel schon eine hölzernen Burg. 1157 kam zu der Burg ein Benediktinerkloster dazu. Kaum war das Kloster erbaut, entzog König Bela III. Wolfers Sohn Henz Güssing und hob das Kloster auf, da er die hervorragende strategische Lage des Hügels mehr für militärische Zwecke nutzen wollte und noch im 12. Jahrhundert wurde hier eine königliche Steinburg errichtet. 1198 erfolgte die Nennung als 'Novum Castrum'. Sie galt als einer der wichtigsten Verteidigungspunkte entlang der ungarischen Grenze.
Graf Demetrius von Csák erwarb um 1220 die Herrschaft, die er bis 1238 (oder bis 1245) besaß.
Danach fiel sie an König Béla IV. zurück. Dieser vertraute sie eine kurze Zeit dem Johanniterorden (1246) an und später seinem Schatzmeister Mauricius (1263), der die Burg weiter ausbaute.
Nach seinem Tod fiel sie wieder an die Krone.
Güssing bildete das ungarische Gegengewicht zum befestigten Fürstenfeld und der Riegersburg. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts brachten die Güssinger Grafen die Festung wieder in ihren Besitz. Danach blieb sie im Besitz der Krone, zwischenzeitlich gab es immer wieder kleinadelige Besitzer.
1391 übertrug König Sigismund die Herrschaft an seinen Feldherrn Ladislaus von Saró und seine Familie. Dessen Nachkommen verschuldete sich aber in einem solchem Maße, dass all deren Güter verpfändet werden mussten und Güssing 1455 nur mit Mühe gegen Andreas Baumkircher verteidigt werden konnte. Nur mit der Hilfe von Nikolaus Ujlaki war die Verteidigung möglich. 1458 kam er selbst in den Besitz von Burg und Herrschaft Güssing.
Bei den Streitigkeiten zwischen Kaiser Friedrich III. und Matthias Corvinius um den ungarischen Thron schlug sich Ujlaki auf die Seite Friedrichs III., huldigte aber schließlich doch König Matthias Corvinus. Sein Sohn Lorenz Ujlaki trat als treuer Anhänger des König Matthias gegen den nachfolgenden Böhmenkönig Wladislav II. auf. 1495 wurde der Burg durch die Waffengewalt des Königs schwere Schäden zugefügt. Schließlich erwog Ujlaki, sich doch mit dem König zu versöhnen. Um 1500 war Güssing voll ausgebaut und galt als uneinnehmbar.
1524 erhielten Franz I. Batthyány und sein Neffe Christoph von König Ludwig II. die Herrschaft als Dank für ihr Engagement gegen die Türken geschenkt. Die Batthyánys zählten schon zuvor zu den bedeutendsten Grundbesitzern Ungarns. Sie hatten Matthias Corvinus gegen Friedrich III. unterstützt und waren eifrige Kämpfer gegen die Türken. Güssing wurde ihre Hauptresidenz.
Um die immer wieder vordringenden türkischen Truppen abwehren zu können, wurden zwischen 1540 und 1580 die äußeren Befestigungen der Burg massiv ausgebaut.
Unter der Familie Betthyány wurde Güssing immer mehr zu einem Zentrum der protestantischen Lehre. Von 1595 bis 1597 war Hans Manlius als protestantischer Wanderbuchdrucker auf der Burg tätig. Ebenso wurde sie durch das Wirken des Botanikers Carolus Clusius zum kulturellen Mittelpunkt. Balthasar Batthyány legte sich eine große Bibliothek zu, die heute im Güssinger Franziskanerkloster aufbewahrt wird. Im aufgelassenen Augustinerkloster richtete er eine protestantische Mittelschule für junge Adelige ein.
Im Gegensatz zu seinen Vorgängern war Adam I. Graf Batthyány katholisch. Er setzte die Gegenreformation in seinem Herrschaftsbereich durch. 1638 (oder 1648) berief er die Franziskaner nach Güssing und gründete hier das Kloster mit der Familiengruft.
1683 diente die Burg der Bevölkerung als Fluchtort vor den herannahenden Türken. Im 17. Jahrhundert lebten zwischen 200 und 400 Personen ständig in der Burg, der Großteil davon Soldaten.
1704/06 schloss Graf Karoly die Stad Güssing ein. Es gelang ihm aber nicht die Burg zu erobern. Sie diente damals den Kaiserlichen als Arsenal zur Versorgung ihrer Truppen. 1708 war die Burg mit schweren Geschützen ausgerüstet. Wegen der Modernisierung der Waffentechnik verlor die Burg ihre militärische Bedeutung. 1777 wurden alle Geschütze entfernt. Auf Grund der hohen Erhaltungskosten begann man Teile der Verteidigungsanlagen abzutragen.
1870 errichtete Fürst Philipp Batthyány testamentarisch eine Stiftung zur Erhaltung der Burg. Als er kinderlos starb, heiratete seine Nichte Karl Graf Draskovich. Dadurch gelangten große Teile der Herrschaft in den Besitz der Familie Draskovich. Trotz der Stiftung verfiel die Anlage bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts, da die Stiftung in den Inflationsjahren nach dem Ersten Weltkrieg den größten Teil ihres Kapitals verloren hatte.
Zur Erhaltung von Burg und Kloster wurde dem Land Burgenland bzw. der Öffentlichen Hand in den 1980er Jahren die Mitverwaltung an der Fürst Philipp Batthyány´schen Stiftung angetragen.
Zwischen 1982 und 1990 kam es dann zu einer umfassenden Restaurierung der bereits zur Halbruine verfallenen Burg.
Eines der berühmtesten Mitglieder der Besitzerfamilie war Ladislaus Batthyány-Strattmann (gest. 22. 1. 1931). Als Augenarzt führte er mehr als tausend Staroperationen an Bedürftigen gratis durch und errichtete in Kittsee auf seine Kosten ein Krankenhaus. Im März 2003 wurde der „franziskanische“ Fürst und „Arzt der Armen“ selig gesprochen.
Die Burg gehört nach wie vor der Stiftung, deren Kurator der jeweilige Familienchef ist. 2008 hat Fürst Ladislaus Pascal Batthyány-Strattmannhat die Funktion des Kurators an seinen ältesten Sohn Ladislaus Edmund Graf Batthyány übergeben.
Heute beherbergt die Burg ein bedeutendes Museum. Es ist eien umfangreiche Sammlung von Kunstgegenständen aus dem 16. 17. und 18. Jahrhundert sowie Porzellan- und Glasarbeiten zu besichtigen. Ein Restaurant in stilvollem Ambiente rundet das Angebot ab. Seit einigen Jahren finden im Burghof Sommerspiele statt.
Eigentümer: Fürst Philipp Batthyány-Strattmann (Batthyány'sche Stiftung)
Weiterführendes#
Web-Link#
Der Text und die Literaturangaben sind aus dem Buch 'Österreichisches Burgenlexikon - Schlösser, Burgen und Ruinen' (1991) von Georg Clam Martinic übernommen. Der Beitrag wurde jedoch im Oktober 2010 mit folgenden Quellen aktualisiert:
Burgen und Schlösser in Österreich und Südtirol (2005) von Gerfried Sitar und Anna Hoffmann
und mit Webrecherchen.
Literatur#
- Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs. Burgenland, bearb. von Adelheid Schmeller-Kitt, hg. vom Institut für österreichische Kunstforschung des Bundesdenkmalamtes, 2. Aufl., Wien 1980, Seite 117ff
- Prickler, Harald, Burgen und Schlösser, Ruinen und Wehrkirchen im Burgenland, Wien 1972, Seite 58ff
- Schmeller, Alfred, Das Burgenland, Salzburg 1965, Seite 117f