Schloss Grafenegg#
Gemeinde: Etsdorf-Haitzendorf
Niederoesterreich, Etsdorf-Haitzendorf
Katastralgemeinde: Grafenegg Niederoesterreich, Grafenegg
Romantisches Schloss im Stil der englischen Schlössergotik. Von der ehem. Renaissanceanlage um einen rechteckigen Hof sind die Eckbastionen, der Wassergraben und die Steinbrücke noch erhalten. Die Kapelle, der Rittersaal, die Bibliothek, Kachelöfen in bester Qualität und hervorragende Holzschnitzarbeiten sind der künstlerische Höhepunkt dieses Schlosses.
1294 wird Grafenegg unter dem Namen Espersdorf erstmals erwähnt. Damals bestanden an der Stelle des heutigen Schlosses lediglich eine Hofstätte und eine Mühle. Seit 1435 wird ein "Festes Haus mit Mauer und Graben" bezeugt. Damals war es bereits ein landesfürstliches Lehen. Im Laufe seiner Geschichte wechselte Grafenegg oft seine Besitzer und mehrmals seinen Namen.
1450 belehnte Kaiser Friedrich III. Ulrich von Grafeneck mit dem Gut. Ulrich dankte es ihm nicht, rebellierte gegen den Kaiser und schloss sich dem ungarischen König Matthias Corvinus an. 1477 musste er Grafenegg gegen eine Abfertigung an Friedrich III. wieder abtreten und das Land verlassen.
1495 verkaufte es Kaiser Maximilian I. an Heinrich Prüschenk, Freiherrn von Stettenberg, der am Schloss größere bauliche Veränderungen vornahm. Aus dieser Zeit stammen der Ost- und der Südflügel.
1536 kam Grafenegg in den Besitz des Bernhard I. Thurczo von Bethlenfalva, auf ihn geht auch die Errichtung des Renaissanceportals (1538) zurück. Die Thurczos blieben bis 1599 Herren von Grafenegg. Durch Heirat gelangte es 1607 an die Familie Saurau. 1622 verkaufte Karl Freiherr von Saurau die Herrschaft an die Freiherren Johann Baptist und Johann Peter von Verdenberg. Johann Baptist wurde 1633 Alleinbesitzer. Er erbaute große Teile des Renaissanceschlosses, so die Kapelle und den Meierhof. Die Räume wurden mit Tapisserien, Gemälden und feinsten Textilien ausgestattet.
Während des Dreißigjährigen Krieges standen in den Wallhäusern Kanonen. 1646 gelang es den Schweden nach kurzer Belagerung das Schloss einzunehmen und drei Monate lang besetzt zu halten.
August Graf Breuner (1796-1877) ist der Schöpfer des neuen Schlosses. Es wurde nach Entwürfen des Architekten Leopold Ernst umgestaltet; mit der Innenarchitektur des Ludwig Wechtler und dem prächtigen englischen Landschaftsgarten wurde in Österreich diese Kunstrichtung zum ersten Mal in die Tat umgesetzt.
1689 ging die Herrschaft Grafenegg an den aus den Niederlanden stammenden Johann Ferdinand Graf von Enckevoirt über. Sein Sohn Wenzel Adrian starb 1738. Über Wenzel Adrians Schwester Maria Antonia Gräfin Rottal und deren Tochter Maria Franziska Emanuela kam das Schlosß an den Grafen Anton Breuner. Antons Sohn Borromeus Graf Breuner-Enckevoirt erbaute im Schlosspark das Theaterhaus und setzte Platanen im Park.
1809 quartierte sich im Schloss der französische Marschall Marmont mit seinem Stab ein. Auch Napoleon übernachtete hier.
August Ferdinand Graf Breuner-Enckevoirt besaß einen der größten landwirtschaftlichen Betriebe Niederösterreichs. Er verbrachte einige Jahre in England, wo er mit der „Tudor-Gotik“ in der Schlossarchitektur vertraut wurde. Nach seiner Rückkehr beauftragte er 1840 den späteren Dombaumeister von St. Stephan in Wien, Leopold Ernst, mit dem romantischen Umbau von Grafenegg. Dabei wurde ein ländlicher Herrensitz des 17. Jh. in ein visionäres Traumschloss verwandelt. Es diente vorerst ausschließlich der Repräsentation.
Leopold Ernst starb 1862. Sein Sohn Hugo setzte das Werk fort. Die Arbeiten fanden erst 1873 durch den Wiener Börsenkrach, bei dem die Grafen Breuner einen großen Teil ihres Vermögens verloren, ein jähes Ende. Die geplante mächtige Kuppel über dem Südosttrakt wurde nicht mehr ausgeführt. Damit ist der ehemalige Burgcharakter besser erhalten geblieben. Mit August Johann Graf Breuner-Enckevoirt erlosch die Familie.
Von der Familie Bräuner gingen Schloss und Herrschaft an den Fürsten Ratibor über. 1884 kam es im Schloss zu einem Brand, der großen Schaden anrichtete. 1887/88 wurden noch im Südosten ein hallenartiger Gartensaal und im Osten die über 35 m lange Bibliothek errichtet.
Im Zweiten Weltkrieg waren im Schloss landverschickte Kinder, Flüchtlinge und Soldaten untergebracht. 1945 wurde es von der russischen Besatzungsmacht als „Deutsches Eigentum“ beschlagnahmt und bis 1955 als USIA-Besitz verwaltet.
Dies bedeutete für das Schloss Devastierung und Ausplünderung. Alles Brennbare wurde verheizt, wozu auch die Bibliothek und das Archiv gehörten.
Nach der Rückgabe der Halbruine 1955 an die Familie wurde Franz Albrecht, der Sohn des 1945 verstorbenen Herzogs von Ratibor, neuer Schlossherr. Er war 1926 von seiner Großtante Clementine Prinzessin von Metternich-Sándor, einer Enkelin des österreichischen Staatskanzlers Clemens Wenzel Lothar Fürst Metternich, adoptiert worden.
Er ließ Grafenegg, das von vielen Fachleuten bereits aufgegeben worden war, ab 1967 durch großes Engagement und unter Mithilfe von Bund und Land Niederösterreich, mit großem Aufwand wiederherstellen und machte es der Öffentlichkeit zugänglich. Mittlerweile hat er das Schloss seinem Sohn Tassilo übergeben.
Als Kulturzentrum hat Grafenegg längst überregionale Bedeutung. Besonders beliebt sind bei den Erwachsenen die Schlosskonzerte in der ehemaligen Reitschule und bei den Kindern der Grafenegger Advent, der meist am zweiten Adventwochenende stattfindet. Ansonsten finden hier regelmäßig Ausstellungen und andere kulturelle Ereignisse statt. In der Schlosstaverne sind ein Restaurant und ein kleines Hotel untergebracht.
Eigentümer: Tassilo Metternich-Sandor, Herzog von Ratibor
Weiterführendes#
- Schloss Grafenegg (AEIOU Video Album)
- Grafenegger Advent (Essay)
Web-Links#
Der Text und die Literaturangaben sind aus dem Buch 'Österreichisches Burgenlexikon - Schlösser, Burgen und Ruinen' (1991) von Georg Clam Martinic übernommen. Der Beitrag wurde jedoch 2010 und 2019 mit folgenden Quellen aktualisiert:
- www.burgen-austria.com
- Burgen und Schlösser in Österreich und Südtirol (2005) von Gerfried Sitar und Anna Hoffmann
- mit Webrecherchen.
Literatur#
- Dehio Niederösterreich, Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs. Niederösterreich nördlich der Donau, bearb. von Evelyn Benesch, Bernd Euler-Rolle, Claudia Haas, Renate Holzschuh-Hofer, Wolfgang Huber, Katharina Packpfeifer, Wien 1990. Seite 303ff