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Eine Seilfähre über die Mur#

Seit dem 18. Jahrhundert gab es auf Höhe des Grazer Kalvarienberges eine Überfuhr über die Mur.#


Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung


Bild 'Cover Die Stadt von gestern'

Heute möchte ich Ihnen aus meinem soeben erschienenen Buch „Die Stadt von ges-tern“ (Styria) die Geschichte der Seilfähre über die Mur erzählen. Denn lange Zeit gab es im Großraum Graz nur einen einzigen befestigten Brückenübergang über den Fluss, die „Murprugg“, wie die heutige Erzherzog-Johann-Brücke genannt wurde.

Seit dem 18. Jahrhundert ist aber auch eine Überfuhr über die Mur auf Höhe des Kalva-rienberges belegt. Diese Verbindung war notwendig, weil der Kalvarienberg immer stärker Ziel von Wallfahrten und Prozessionen wurde, die Mur jedoch den Zugang aus dem Os-ten verhinderte. Zu Buß- und Festzeiten herrschte ein derart großer Zustrom an Gläubi-gen, dass etwas getan werden musste. Das Ältere Bäcker-Mühlen-Consortium war Besit-zer der Grundstücke auf der rechten Murseite und verpachtete die Überfuhr 1809 auf drei Jahre um 250 Gulden jährlich, berichtet Horst Bischof in seinem Buch „Die Grazer Mu-rübergänge und ihre Geschichte“. Das war aber ein mühevolles Geschäft, da der Fährbe-trieb oft durch Hochwasser oder Trockenheit unterbrochen wurde und die Landebrücken immer wieder von den reißenden Fluten weggeschwemmt wurden.

Um 1860 war ein gewisser Josef Rainer Überfuhr-Pächter und übte seine Tätigkeit mit einem Kahn und Handruder aus. Doch schon am 26. Juli 1861 beklagte er sich bitter beim Magistrat, dass diese Art von Überfuhr für ihn beschwerlich und für die Passagiere sehr gefährlich wäre, da der Kahn immer wieder von der Strömung mitgerissen wurde. Er schlug eine Verbesserung durch eine „Urfel“ vor. „Es ist ein Seil über die Mur zu spannen und an demselben der Überfuhrkahn mittels Rollen zu befestigen und auf diese Weise die Überfuhr auszuüben“, schildert Bischof seinen Antrag. Die Stadtverantwortlichen sa-hen die notwendige Veränderung zwar ein, aber es geschah nichts. Am 11. August 1863 bestätigte eine Kommission die Wichtigkeit der Seilüberfuhr, verlangte aber, dass die Schiffsleute verlässlich, eingeübt und stets nüchtern sein müssten. Der Bau kostete 800 Gulden, die jährliche Erhaltung rund 100 Gulden. Für einen Transport verlangte man am Tag drei Kreuzer pro Person, nachts sechs. Die Mitnahme eines Handkarrens kostete zwei Kreuzer extra. Für Militär, Gendarmerie, Finanzwachbeamte und auf dem Arm getra-gene Kinder war die Überfuhr kostenlos. Die Probleme jedoch gingen weiter. 1864 riss wieder das Seil, 1867 wurden die Stützpfeiler durch das Hochwasser weggeschwemmt. Anfang 1875 reichte es dem Bäcker-Mühlen-Consortium aber und es stellte die Überfuhr ein. Doch schon im November desselben Jahres kam ein Schreiben von Bürgermeister Kienzl, die Überfuhr doch wieder aufzunehmen oder die Konzession an die Gemeinde abzutreten. Da zu dieser Zeit wieder einmal kein Geld in der Stadtkasse übrig war, ver-schleppte sich das Problem jahrelang weiter. Erst in den frühen 1930er-Jahren wurde weiter nördlich eine neue Personenfähre gebaut, die am 7. Oktober 1934 feierlich einge-weiht wurde. „Die Fähre, die auf zwei Booten ruhte, hatte eine Tragkraft von zwei Tonnen, hatte einen Fassungsraum für 15 Personen und wurde als ,Rollfähre‘ betrieben“, heißt es bei Bischof. Die Landungsstege waren auf Schwimmern befestigt, um sich an den Wasserstand anzugleichen. Die Fähre war bis zum Herbst 1958 im Einsatz, dann zerstör-te sie ein Hochwasser. Ihr Betreiber Franz Kaufmann schmiedete aber bereits 1953 Pläne, Personen in einer Gondel über die Mur zu befördern. Das Projekt wurde von einem Inns-brucker Seilbahnbüro ausgearbeitet und eine Gondel der Patscherkofelbahn zum Proto-typ der Murgondel umgebaut. Die Kommissionierung sollte im September 1964 erfolgen, doch da starb Franz Kaufmann - und mit ihm die Idee einer Murgondel.

Bild 'Kalvarienberg'
Bild 'Überfuhr Mur 1949'



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© "Damals in Graz", Dr. Robert Engele