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Wenn die rote gegen die weiße Nelke kämpft#

Blumen als Symbol für Adelshäuser und Parteien haben eine lange Tradition - von den englischen Rosenkriegen bis zu unseren Kämpfen zwischen weißer und roter Nelke oder blauer Kornblume.#


Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung


Alfred Gusenbauer (SP) und Andreas Khol (VP) mit Rose im Jahr 2002
Alfred Gusenbauer (SP) und Andreas Khol (VP) mit Rose im Jahr 2002
Foto: APA
Herbert Kickl (FP) mit Edelweiß 2017
Herbert Kickl (FP) mit Edelweiß 2017
Foto: APA
Grazer Gemeinderat 2008: rote Nelke neben zwei blauen Kornblumen der FP
Grazer Gemeinderat 2008: rote Nelke neben zwei blauen Kornblumen der FP
Foto: HOFFMANN
Michael Schickhofer 2015 im steirischen Landtag mit roter Nelke, Foto: FUCHS
Michael Schickhofer 2015 im steirischen Landtag mit roter Nelke
Foto: FUCHS

Seit frühesten Zeiten stehen Blumen als Symbol für Adelsfamilien, Parteien und Clans. Die englischen Adelshäuser York und Lancaster führten sogar von 1455 bis 1485 erbitterte Kriege um die Vorherrschaft in England, die als „Rosenkriege“ bekannt waren. Denn eine weiße Rose war das Symbol des Hauses York, eine rote Rose stellte Lancaster dar.

In der Steiermark (und in ganz Österreich) kennen wir die rote Nelke der Sozialisten bzw. heute der Sozialdemokraten, die vor allem bei den Aufmärschen zum 1. Mai und beim ersten Zusammentreten des neuen Nationalrates oder der Landtage getragen wird. So kann man in dem SPÖ-Link „Rot bewegt“ zur roten Nelke folgendes lesen: „Die Arbeiterzeitung berichtete schon 1896 davon, dass die Arbeiter/innen am 1. Mai rote Nelken am Revers trugen ... Da noch vielerorts Versammlungsverbote und Sozialistengesetze galten und z.B. das Fahnentragen verboten war, wurde die rote Nelke im Knopfloch zum Widerstandssymbol des fortschrittlichen Proletariats.“ Die Idee, während des Fahnenverbots „eine Blume zu tragen, um seiner Gesinnung Ausdruck zu verleihen, war sehr geschickt“, schreibt der Grazer Volkskundler und Apotheker Bernd Mader in seinem neuen Buch „Blumen, Blätter und Früchte - politische Symbole und Ikonen für Kriege und Revolutionen“. Denn das Blumentragen im Knopfloch hat eine lange Tradition, welche die ersten Sozialisten übernommen haben. Die Nelke wurde dabei der Rose vorgezogen, weil sie weniger aristokratisch wirkt, billiger ist und sogar aus Krepppapier leicht zu basteln ist. Doch auch Symbolblumen unterliegen dem Wandel der Zeit. Denn 2002 wechselte die SPÖ unter dem neuen Bundesparteivorsitzenden Alfred Gusenbauer von der roten Nelke überraschend zur roten Rose, berichtet Mader. Die Erklärung dafür gab Gusenbauer höchstpersönlich ab, das wäre „die Rose der europäischen Sozialdemokraten.“ 2007 gab es die nächste konstituierende Sitzung im Nationalrat und die SPÖ-Abgeordneten kamen wieder mit der angesteckten roten Rose. Dann aber kam das Aus für die Rose, denn Gusenbauer war als Bundeskanzler und als Parteivorsitzender 2008 zurückgetreten und die rote Nelke taucht wieder in voller Blüte in den Knopflöchern der Abgeordneten auf, so gesehen im Jahr 2015 bei der konstituierenden Sitzung im Steirischen Landtag, berichtet Mader.

Und was trug die ÖVP bzw. die alte Christlichsoziale Partei? Stefan Zweig schrieb dazu in seinem Buch „Die Welt von gestern“: „Kaum tauchte die rote Nelke als Parteiabzeichen auf, so erschien plötzlich eine andere Blume im Knopfloch, die weiße Nelke, das Zugehörigkeitszeichen der christlich sozialen Partei“. In der mittelalterlich-christlichen Symbolik galt die weiße Nelke als Marien- und Passionsblume, die von der Christlichsozialen Partei Karl Luegers bei ihrer Gründung 1893 bewusst als Kontrapunkt zum politischen Gegner gewählt wurde.

Als Gusenbauer 2002 die Nelke mit einer Rose vertauschte, folgte ihm die ÖVP und steckte sich statt einer weißen Nelke eine weiße Rose an. Und als Andreas Khol im selben Jahr zum Ersten Präsidenten des Nationalrats gewählt wurde, schrieb Die Presse, dass er als Zeichen seiner Unparteilichkeit „demonstrativ die weiße Rose des VP-Klubs abgelegt hat“.

Spannend wird es bei der FPÖ. „Die Kornblume galt als ,die deutsche Blume' schlechthin“, schildert Mader. Sie war die Lieblingsblume Kaiser Wilhelms I. und Bismarcks und galt als das Symbol für das wilhelminische Deutschland und dessen Prinzip des deutschen Nationalstaates, daher hatte sie großen Einfluss auf den Nationenkonflikt der Habsburgermonarchie. Denn hier trugen die Anhänger der Deutschliberalen Partei die Kornblume als Zeichen der Treue zum deutschen Volkstum. Als in der Zeit des Austrofaschismus die Nationalsozialistische Partei und das Tragen ihrer Symbole in Österreich verboten waren, wurde die Kornblume von illegalen Nazis als Ersatzsymbol verwendet. „Von diesem Makel kommt die Kornblume in Österreich nicht mehr los“, hält Mader fest. Seit den 1980er-Jahren gab es Versuche der FPÖ, die Kornblume am Revers wieder gesellschaftsfähig zu machen. 2008 trugen die Vertreter der Partei bei ihrem ersten Auftreten in Gremien wieder die Kornblume, so auch bei der konstituierenden Sitzung des Grazer Gemeinderates am 13. März 2008. Um ständigem Erklärungsbedarf auszuweichen, empfahl der damalige Bundespräsidentschaftskandidat Norbert Hofer seinen Parteifreunden, die Kornblume doch abzulegen. So trugen 2017 alle gewählten FP-Mandatare statt der Kornblume ein Edelweiß mit rotweißroter Schleife.


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© "Damals in Graz", Dr. Robert Engele