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„Will er mit der Schraube das Meer anbohren?“#

Josef Ressel erfand die Schiffsschraube, stieß aber auf völliges Unverständnis. Die Dampfmaschine zum Antrieb der Schraube bei der Erstpräsentation wurde in St. Stefan ob Leoben gebaut - und versagte.#


Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung


Josef Ressel
Josef Ressel, Förster und Erfinder, 1793-1857 (KK)

St. Stefan ob Leoben gilt als geografischer Mittelpunkt der Steiermark, hat etwa 1930 Einwohner und zeigt in seinem Wappen auf blauem Grund eine silberne Burg und eine goldene Schiffsschraube. Wie aber kommt eine Schiffsschraube ins Wappen dieser kleinen Murtaler Gemeinde? Schuld daran ist der altösterreichische Forstbeamte und Erfinder Josef Ludwig Franz Ressel (1793-1857), und das kam so:

Nach dem Gymnasium in Linz studierte Josef Ressel an der Universität Wien Mechanik, Hydraulik und Zivilarchitektur. Schon 1812 entwarf er einen Propeller als Antriebsmöglichkeit für Schiffe - ob ihm die Idee dazu wirklich in einer fröhlichen Runde kam, als er eine Weinflasche mit dem Korkenzieher öffnete, wie gerne erzählt wird, ist aber nicht gesichert. Nach seiner Ausbildung erhielt Ressel eine Stelle als Distriktförster in der Unterkrain und befasste sich intensiv mit der Karstaufforstung. Da nach dem Wiener Kongress Venedig und Triest zu Österreich kamen, wurde nun eine k.k. Kriegsmarine im Mittelmeer aufgebaut. Dafür aber brauchte man Wälder, um genügend Holz für den Schiffsbau zu haben. Die neu angelegten Wälder wurden von österreichischen Forstbeamten wie Josef Ressel baufsichtigt und gepflegt. 1821 wurde er zum „kaiserlich königlichen Marineforstintendanten der küstenländischen Domäneninspektion“ ernannt. Seinen Vorgesetzten machte der engagierte Ressel immer wieder Verbesserungsvorschläge, was diesen aber unangenehm auffiel. In seiner Freizeit arbeitete Ressel unverdrossen weiter an seinem Schiffspropeller und anderen Erfindungen. Da wurde er nach Triest versetzt, wo sich ihm Möglichkeiten eröffneten, mit echten Schiffen zu experimentieren. Doch seine Idee stieß auf breite Ablehnung, die Reeder wollten weiter auf Segel oder Schaufelrad als Antrieb setzen und spotteten über ihn: „Will er mit der Schraube das Meer anbohren?“

Wappen der Gemeinde St. Stefan ob Leoben
Wappen der Gemeinde St. Stefan ob Leoben (KK)

Doch zwei italienische Kaufleute überließen Ressel eine abgetakelte Bark (Dreimaster), in die er eine Schiffsschraube einbauen ließ, welche mit einer Handkurbel angetrieben wurde. Dafür erhielt er in Österreich ein Patent, scheiterte aber an Finanzierungsplänen und zog sich enttäuscht in sein Forstamt zurück. Da traf er den Triestiner Geschäftsmann Carlo d'Ottavio Fontana, der ihm den Bau eines Schraubendampfers finanzieren wollte - doch auf Regierungsanweisung mussten alle Teile in der k.k. Monarchie gefertigt werden. Schiff und Schraube waren bereit, aber die Dampfmaschine nicht. Also ließ Ressel 1828 den Röhrenkessel für sein Versuchsschiff „Civetta“ auf Weisung aus Wien im Eisenschmelzwerk des Barons Baltazzi in der Vorlobming in St. Stefan ob Leoben bauen. In der Zwischenzeit reiste er nach Paris, um dort Geschäftspartner für seine Schiffsschraube zu finden. Die Vorführung in einem Kanal gelang so beeindruckend, dass die Franzosen mit seinen Plänen sofort ein Patent anmeldeten - aber auf ihren Namen. Ressel schaute durch die Finger und kehrte traurig zurück. Inzwischen war die Dampfmaschine fertig und am 1. Juli 1829 fand die Probefahrt der „Civetta“ statt. Mit ihren 6 PS schaffte sie kurz beachtliche 6 Seemeilen in der Stunde, alles jubelte dem Erfinder zu - doch da gab die Dampfmaschine ihren Geist auf, das Schiff stand still und die Erfindung war tot. Der Grund: Ein Dampfrohr in der bei St. Stefan gebauten Maschine war aus Schlamperei oder Unerfahrenheit fehlerhaft gelötet worden und zerplatzte. Die Triestiner Polizei verbot weitere Versuche, der Finanzier Fontana zog sich zurück und das allgemeine Urteil war gefällt: „Die Schraube ist zum Anrieb der Dampfschifffahrt untauglich.“ Seinen Chefs war er als „unruhiger Projectenmacher“ verdächtig und wurde ins Landesinnere nach Motovun versetzt Ressel prozessierte zwar gegen das Verbot seiner Experimente, der Prozess schleppte sich aber jahrelang dahin und die Kosten ruinierten ihn.

Die Rückseite der 500-Schilling Banknote zeigt Ressels 'Civetta' und eine Schiffsschraube
Die Rückseite der 500-Schilling Banknote zeigt Ressels "Civetta" und eine Schiffsschraube (KK)

1840 musste Ressel zusehen, wie im Hafen von Triest die „Archimedes“, das erste englische Schraubendampfschiff, das nach dem Prinzip seiner Erfindung gebaut worden war, einlief. Sein Urheber Francis P. Smith galt aber in England nur als Verbesserer, nicht als Erfinder der Schiffsschraube. Daher schrieb die englische Regierung 1852 einen Preis von 20.000 Pfund für den wahren Erfinder aus. Josef Ressel schickte seine Unterlagen an die britische Admiralität, erhielt aber nie eine Antwort - die Dokumente wären alle verlorengegangen, hieß es später auf Anfrage und der Preis wäre auf fünf Briten aufgeteilt worden. Ressels Glück war, dass er diese letzte Kränkung nicht mehr erleben musste, da er 1857 auf einer Dienstreise in Laibach an Malaria oder Typhusfieber verstarb.



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© "Damals in Graz", Dr. Robert Engele