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Adaptierung des Klammerth-Geschäftshauses#


Von

Hasso Hohmann (Juni 2019)


Das Geschäftshaus Klammerth in der Grazer Herrengasse 7 – 9 und auch ums Eck in der Stempfergasse 9, in dem Haushaltsartikel und Geschirr angeboten werden, und auch der gesamte dazugehörige Gebäudekomplex sollten Ende der 80er Jahre des 20. Jh. adaptiert, umstrukturiert und umgebaut werden. Im Zuge der Planung eines Grazer Architekten wurden die Hofarkaden aus der Zeit um 1565/70 wieder freigelegt und großflächig verglast. Angeblich wurden die Arkaden im 16. Jh. von Domenico Dell’Allio geplant, der auch gegenüber die des Grazer Landhaushofes plante. Die Arkaden beim Klammerth-Hof waren im 19. Jh. in den Obergeschossen zugemauert worden und die Belichtung der Arkadengänge erfolgte zwischenzeitlich über sechs-Felder-geteilte Fenster. Der dreigeschossige Klammerth-Hof zählt neben dem Landhaushof zu den bedeutendsten Renaissance-Höfen in Graz.

Die Freilegung der Arkaden war daher eine deutliche Verbesserung des Klammerth-Hofes. Ab der Renaissance mussten nach den neuen Baubestimmungen Erschließungen wie Treppenhäuser und horizontale Wohnungszugänge brandbeständig ausgeführt werden. Die “Pavlatschen“, die alten hölzernen Erschließungen, waren bei Bränden oft zu fatalen, brennenden Fallen für die Bewohner geworden.

1989 hatte ich die Baupläne des Umbauprojektes von der Altstadt-Sachverständigenkommission für die Vorformulierung eines Gutachtensentwurfs in die Hand bekommen. Als ich die Pläne mit dem Bauwerk verglich, fiel mir zunächst auf, dass im Anschluss an das barocke Treppenhaus, das sekundär errichtet worden war und daher in den Hof weit vorsteht, im Herrengassentrakt ein geräumiger Lastenlift eingebaut werden sollte. Ein Blick zur Decke zeigte mir den Ansatz zu einer spätbarocken Stuckdecke, unter die eine glatte, aus quadratischen Tafeln über einem Tragerost bestehende Decke gehängt worden war.

Ich ließ mir daher eine hohe Stehleiter kommen und suchte meine Taschenlampe aus meiner Umhängetasche. Dann hob ich eine der Tafeln der abgehängten Decke auf, schob sie zur Seite und leuchtete in den Hohlraum darüber. Dort wurde nun die vermutete, prächtige spätbarocke Stuckdecke sichtbar. Im zweiten Obergeschoss direkt über der entdeckten Barockdecke fand sich eine weitere sehr schöne Stuckdecke. Danach bat ich den Architekten zum Objekt und zeigte ihm, dass der Lastenlift an der vorgesehenen Stelle zwei riesige Barockdecken zerstören würde. Auch ihm war danach klar, dass der Lift verlegt werden musste.

An anderen Stellen im Gebäude hatte der Planer die Absicht, eine Reihe von Türen zu versetzten. Die Form der bestehenden Türen entsprach echten, repräsentativ gestalteten Renaissance-Türen. Natürlich hätte es sich dabei auch um Neo-Renaissance-Türen aus Holz handeln können. Dafür sprach vor allem ihre Einfärbung mit glänzender Lackfarbe. Angesichts der anderen Architekturelemente vermutete ich aber originale Renaissance. Ich checkte dies im Beisein des Architekten mit einer leichten Ritzung der Laibung bei einer dieser Türen mit meinem scharfkantigen Schlüssel. Danach war klar, dass die Laibung aus einem weichen gelblichen Naturstein bestand, also wohl aus der Mitte des 16. Jh. stammt. Die Türen wurden daher nicht versetzt.

Im östlichen Bereich des ausgedehnten Gebäudekomplexes zeigte ich dem Planer auch bei einem Fenster, das durch ein breites Panoramafenster ersetzt werden sollte, dass es sich auch hier um originale Steingewände eines Renaissance-Fensters handelt. Einen ähnlichen Vorgang erlebte ich mit ihm bei einem charakteristischen Renaissance-Doppelbogenfenster an der Rückseite des Komplexes. Dort lagen auch mehrere im 19. Jh. aufwendig ausgemalte Räume. Es handelte sich um Schablonenmalerei in Kombination mit freien Handbemalungen. Die Räume waren vorher als Depoträume genutzt worden. Die qualitätsvolle Bemalung war noch in recht gutem Zustand.

Hier sah die ursprüngliche Planung eine Änderung des gesamten Raumkonzeptes vor, wodurch alle Malereien zerstört worden wären. Eine weitgehende Neuplanung war die Folge der Begehung. Leider wurden die Malereien allerdings durch vielleicht unklare Anweisungen oder mangelhafte Baubegleitung trotz der Umplanung an den Wänden fast vollständig abgeschlagen. Nur die Deckenmalereien blieben erhalten.

Ich gewann den Eindruck, dass der planende Architekt, wie auch viele Kollegen in ähnlichen Fällen, bei der Umplanung von Altbauten nur anhand von vorliegenden Plänen arbeitete, ohne jemals das Objekt vorher selbst betreten zu haben. Es ist aber unbedingt notwendig, dass bei einem derartigen, historischen Bestand gerade im Zentrum einer Altstadt wie Graz als Voraussetzung einer Umplanung die Qualität des Bestandes zunächst untersucht werden muss. Erst danach sollte ein Architekt an eine Planung gehen. Der Planer dieses Umbaus bedankte sich am Ende des Prozesses bei mir dafür, dass ich ihn an etlichen Fehlern gehindert und ihm die Qualitäten des Bauwerks gezeigt hatte. Als ich den Architekten einige Jahre später im Klammerth-Hof traf, führte er gerade einen Bekannten durch den Bau. Er fragte mich, was ich von seiner Planung hielte und ich wusste nicht wirklich, was ich auf diese Frage antworten sollte. Offenbar war er mächtig stolz auf sein Werk.

Man sieht hier die einst durch eine glatte abgehängte Decke verdeckte Spätbarockdecke im 1.ersten Obergeschoss, die vom Treppenhaus bis in den Kundenraum reicht. Die verglaste Trennwand trennt seit Entfernung der abgehängten Decke den Kundenraum vom barocken Treppenhaus, erlaubt aber von beiden Seiten einen Blick auf die gesamte Barockdecke.
Man sieht hier die einst durch eine glatte abgehängte Decke verdeckte Spätbarockdecke im 1.ersten Obergeschoss, die vom Treppenhaus bis in den Kundenraum reicht. Die verglaste Trennwand trennt seit Entfernung der abgehängten Decke den Kundenraum vom barocken Treppenhaus, erlaubt aber von beiden Seiten einen Blick auf die gesamte Barockdecke.
Foto: © Hasso Hohmann
Im zweiten Obergeschoss sind immer noch weite Teile der dortigen Spätbarockdecke durch abgehängte Decken unsichtbar.
Im zweiten Obergeschoss sind immer noch weite Teile der dortigen Spätbarockdecke durch abgehängte Decken unsichtbar.
Foto: © Hasso Hohmann
Die im Zuge der Umbauten im Klammerth-Haus wieder freigelegten Arkaden im Hof des Komplexes sind ein großer Gewinn für den Hof.
Die im Zuge der Umbauten im Klammerth-Haus wieder freigelegten Arkaden im Hof des Komplexes sind ein großer Gewinn für den Hof.
Foto: © Hasso Hohmann