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Wo Ferdinands Reichsapfel hinfiel#

Wie Vater und Sohn den 30-jährigen Krieg einschätzten. Der lange Weg bis zum Friedensschluss.#


Von der Wiener Zeitung (Freitag, 14. November 2008) freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

von

Andrea Reisner


Ferdinand III.

Wie der Vater so der Sohn? Diese Frage wurde der Lesergemeinde gestellt: Welches Interesse hatten Ferdinand II. sowie sein Nachfolger Ferdinand III. an einem Ende des Dreißigjährigen Krieges? „Keine geniale Persönlichkeit“, fällt Maria Schoßmann, Wien 19, spontan zu Ferdinand II. ein. „Wenn sein Wirken dennoch große Erfolge zeitigte, so lag dies an der unerschütterlichen Beharrlichkeit,...mit der er für die Rechte der katholischen Kirche und die Ansprüche seines Hauses eintrat.“

Jagen und beten#

Private Einblicke gibt Prof. Helmut Bouzek, Wien 13: Der Monarch verbrachte seine Freizeit unter anderem mit der „Teilnahme an Wallfahrten, Prozessionen und Exerzitien“, war aber auch „Liebhaber der Musik und der Jagd“. Herbert Beer, Wolfpassing: „Am 28. August 1619 wurde Ferdinand II. in Frankfurt am Main zum Kaiser gewählt und am 9. September gekrönt.“ Dem ehemaligen Jesuitenzögling lag der katholische Glaube besonders am Herzen. Es „gelang ihm die Unterwerfung und Rekatholisierung Böhmens.“ Dazu notieren Mag. Luise & Ing. Konrad Gerstendorfer, Deutsch-Wagram: Er „wollte einen Religionsfrieden unter seinen Bedingungen. 1629 erließ er das »Restitutionsedikt«, das den Protestanten die Rückgabe aller seit 1552 den Katholiken entfremdeten Besitzungen zumutete.“ Freunde machte er sich unter den Protestanten damit nicht. Schweden stellte sich auf deren Seite, so Christine Sigmund, Wien 23, „worauf der Kaiser und Wallenstein auf die Idee kamen, doch einen Seekrieg gegen Schweden und die Niederlande zu beginnen.“ Der Plan wurde jedoch vom schwedischen König Gustav Adolf durchkreuzt. Wallenstein wurde vom Kaiser abgesetzt; im Februar 1634 musste der Feldherr sterben. Dr. Manfred Kremser, Wien 18: „Ob Kaiser Ferdinand II. tatsächlich Mitwisser der hinterhältigen Ermordung Wallensteins war, wurde nie gänzlich geklärt. So hat z.B. Gallas bei seinem Tod alle Papiere, die nähere Umstände vielleicht hätten beleuchten können, verbrannt.“ Aber: „Dass der Kaiser die Güter des Ermordeten...an die am Sturz Wallensteins Beteiligten verteilen ließ, spricht nicht gerade für ihn.“ HR Dr. Walther Schubert, Wien 13, ergänzt: Nach dem Tod Wallensteins wurde der noch nicht im Reich regierende Ferdinand III. „nominell Oberbefehlshaber der kaiserlichen Truppen.“ MedR DDr. Othmar Hartl, Linz, berichtet, dass im September 1634 „ein Sieg über die Schweden bei Nördlingen den Prager Friedensschluss des Kaisers mit Sachsen und anderen evangelischen Ständen ermöglichte.“ Dennoch „fand der Krieg . . . noch lange kein Ende.“ Vielmehr wurde durch das Eingreifen Frankreichs lediglich eine neue Phase des Dreißigjährigen Kriegs eingeläutet. So unübersichtlich wie die einzelnen Auseinandersetzungen waren eben auch die zahlreichen Friedensschlüsse. Dr. Anna Korber, Kritzendorf: „Als Ferdinand II. am 15. Februar 1637 in Wien starb, war von einem Frieden noch keine Rede. Sein Nachfolger wurde sein Sohn Ferdinand III.“

Komponierender Kaiser#

Wie sein Vater war auch er „von den Jesuiten erzogen“ worden, so Hildegard Rabel, Wien 1. Doch zeigte er sich, wie Erwin Kladiva, Wien 14, anfügt, „in Religionsfragen gemäßigter als sein Vater“. Johannes Dengg, Graz: Er sprach sieben Sprachen, war „ein Förderer der Künste und Wissenschaften, sehr musikalisch und selbst Komponist.“ Beispielsweise „schuf er eine Vertonung der im 17. Jahrhundert überaus populären Lauretanischen Litanei.“ In Hinblick auf seine zukünftige Laufbahn waren für den jungen Mann aber kaum die musischen Fächer wichtig. Auch Praktisches musste erlernt werden, wie die bereits erwähnte Zeitreisende Schoßmann anmerkt: Er „wurde durch Freiherrn Christoph Simon von Thun, der Malteserritter und militärisch gebildet war, mit dem Waffenhandwerk vertraut gemacht...Sein Vater setzte ihn systematisch im Rahmen der Regierungsaufgaben ein und bereitete ihn so...auf sein Herrscheramt vor.“

Schweres Erbe#

Günter Hinze, Wien 8: „Kein Habsburger fand bei seinem Regierungsantritt ein schwereres Erbe vor . . . Nachdem der Prager Frieden den Krieg...nicht beenden konnte, kämpfte das kaiserliche Heer gegen die Schweden und Franzosen mit wechselndem Erfolg.“ Mag. Walter Pschill, Bruck/Leitha: Es „kristallisierte sich bald heraus, dass der Kampf . . . für den Kaiser und seine Verbündeten nicht mehr zu gewinnen war.“ Später wurde die Lage prekär: die Schweden unter Lennart Torstenson standen vor Wien. Gerhard Toifl, Wien 17: „1643 war Ferdinand gezwungen, mit Schweden einen Waffenstillstand abzuschließen... Seitdem arbeitete er ununterbrochen auf Friedensverhandlungen hin.“ Mag. Robert Lamberger, Wien 4: „Der Friedenskongress konnte erst am 4. Dezember 1644 eröffnet werden.“ Wie Dr. Heribert Plachy, Wien 7, zu bedenken gibt, „war die Versammlung erst möglich durch die Thronbesteigung der Königin Christine von Schweden... Sie wollte auf jeden Fall Frieden ... Es dauerte allerdings noch drei Jahre und zehn Monate, bis sich Ferdinand entschloss,... den Friedensvertrag zu unterschreiben.“ Friede war damit aber noch lange nicht, wie der schon zitierte Tüftler Toifl anmerkt: „Im Verlauf dieser vier Jahre wurde Deutschland erheblicher verwüstet als in den 26 Jahren des bisherigen Krieges.“

Lizenz zum Verhandeln#

Wenden wir uns nun einem Mann im Hintergrund zu. Den Berater des Kaisers, der maßgeblich am Zustandekommen des Friedens beteiligt war, nennt Dr. Edwin Chlaupek, Wien 3: Maximilian Graf von Trauttmansdorff. Wie Karl Meywald, Wien 20, schildert, verfasste Ferdinand III. „im Linzer Schloss eigenhändig eine Geheiminstruktion für seinen Obersthofmeister und engsten politischen Vertrauten“, der zu den Friedensverhandlungen reisen sollte. Michael Chalupnik, Sieghartskirchen, ergänzt: Trauttmansdorff habe „in Münster entscheidend am Zustandekommen des Westfälischen Friedens“ mitgewirkt. Dr. Karl Beck, Purkersdorf: „Soviel erscheint heute gewiss: Trauttmansdorff erwies sich als bedeutender Staatsmann in einer für Österreichs Geschichte gefährlichen Phase und rettete dem Kaiser die »reichsoberherrliche Stellung«, wie immer man auch den fortbestehenden Reichsverband nach 1650 bewerten mag.“ Franz Kaiser, Wien 11: Das offizielle Ende des Dreißigjährigen Kriegs war „der Westfälische Friede zwischen Ferdinand III. und den deutschen Reichsständen mit Schweden...und Frankreich.“ Dr. Hans Peter Nowak, Wien 20: „1648 waren noch 60.000 schwedische Soldaten außerhalb ihrer Gebiete, sie wurden erst bis Ende 1650 abgezogen.“

Wiener Zeitung, Freitag, 14. November 2008


Wallenstein war für den Frieden, weshalb er letzlich sterben musste. Dass der Kaiser die Mörder und ihr Umfeld belohnte, spricht ja für sich. Wäre er gegen die Ermordung gewesen, hätte er die Täter bestraft. Standardliteratur nach wie vor: Golo Mann: Wallenstein, zahlreiche Auflagen.

--glaubauf karl, Sonntag, 7. März 2010, 19:25