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Hans Landauer 1921-2014#

Mit 16 zog Hans Landauer in den Krieg gegen den Faschismus nach Spanien. Am Sonntag starb der letzte lebende Spanienkämpfer aus Österreich.#

Nachruf#


Von der Wiener Zeitung (Dienstag, 22. Juli 2014) freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

Von

Simon Rosner


Hans Landauer
Österreichs letzter Spanienkämpfer: Hans Landauer.
© Sofia Moro

Wien. Mit einem Mal war Hans Landauer Hans Operschall. Mit einem Mal war er nicht 16, sondern 18 Jahre alt, und vor allem: mit einem Mal war er im Krieg, im Kampf gegen den Faschismus, der sich in den 30er-Jahren in Europa ausbreitete. Spanien aber war für die Republikaner eine Hoffnung, für kurze Zeit, denn dort hatte im Februar 1936 die linke Volksfrontregierung die demokratischen Wahlen gewonnen. Nur ein paar Monate später jedoch putschte das Militär, unterstützt von den Achsenmächten, woraufhin aus der ganzen Welt die Internationalen Brigaden zusammen kamen, um die Demokratie in Spanien zu verteidigen.

Hans Landauer war einer von rund 1400 Österreichern, die nach Spanien fuhren, und er war der Jüngste, gerade einmal 16 Jahre alt. Nur eine Lüge über sein wahres Alter ermöglichte es ihm, von Paris nach Albacete ins Ausbildungslager weiterzufahren, der Verbindungsmann hatte ihn wieder zurückschicken wollen. Doch das war keine Option für Landauer, der seinen Eltern über sein Vorhaben nichts erzählt hatte.

Militärisch chancenlos#

In Oberwaltersdorf war der Bub aus sozialdemokratischem Haus in der Textilfabrik, in der er arbeitete, mit linken Zeitschriften wie der "Arbeiter-Zeitung" in Kontakt gekommen, die damals klandestin in der Belegschaft kursierten. Diese Zeitungen waren seit den Februarkämpfen 1934 in Österreich verboten, teilweise hatte Landauer über seinen Vater selbst die Verbreitung der Zeitschriften mitorganisiert.

Und aus diesen Zeitungen erfuhr Landauer auch vom Putsch in Spanien. Er entschied, sich auf den Weg zu machen, sagte sich: "Die letzte Chance, den Faschismus abzuwehren, gibt es in Madrid". So sah es Landauer damals, aber natürlich waren die Internationalen Brigaden militärisch völlig chancenlos gegen Francos Truppen, die Unterstützung von Italien und Deutschland hatten. Landauer, der im Bataillon 12. Februar in der Maschinengewehrkompanie kämpfte, wurde 1937 nahe Saragossa verwundet, wie so viele. Rund 260 österreichische Spanienkämpfer starben. Die meisten Überlebenden flüchteten über die Grenze nach Frankreich, wo sie in den sogenannten Empfangslagern zu Hunderttausenden darbten - lebten lässt sich nicht wirklich sagen. "Das war die Vorhölle für Deutschland", sagte Landauer.

Das Vichy-Regime lieferte die Spanienkämpfer, in erster Linie Kommunisten und Sozialisten, an Hitler-Deutschland aus, Österreich war in der Zwischenzeit zur Ostmark geworden. Sie hatten den Beteuerungen geglaubt, gefahrlos zurückkehren zu können. Der Rückwanderer-Ausweis, den Landauer erhielt, und mit dem er sich über Paris, so wie er gekommen war, auf dem Weg nach Wien machte, war nur eine Täuschung. In einem Pariser Hotel wurde Landauer verhaftet, nach Wien überführt und dann weiter nach Dachau deportiert.

KZ-Dachau überlebt#

Dort traf er auf zahlreiche Spanienkämpfer aus Österreich, die mit anderen politisch Verfolgten in einer Baracke hausten, in Block 24, mit bis zu 300 weiteren KZ-Häftlingen. "Ich war überzeugt, ich komme durch", erzählte Landauer in einer Fernsehdokumentation aus dem Jahr 2006.

Dass die Spanierkämpfer gut organisiert waren, rettete vielen von ihnen das Leben in Dachau. Über einen Ziegelbrenner, der ebenfalls in Spanien war, kamen einige, und eben auch Landauer, in der Porzellanmanufaktur Allach unter, einem Steckenpferd von Reichführer-SS Heinrich Himmler. Während die Nazis im Lager das Morden intensivierten, ließen sie Häftlinge Porzellanfiguren anfertigen: Tiere, Trachtenpaare. "Ich war der Reitermacher. Auf diese Weise hab ich mir das Leben gerettet", erzählt Landauer in dem Dokumentarfilm.

Die antifaschistische Überzeugung und der drängende Wille, im Nachkriegsösterreich für Ordnung zu sorgen, Nazi-Verbrechen aufzuklären und Nazi-Verbrecher aufzuspüren, brachte ihn, wie auch andere politisch Verfolgte der NS-Zeit, Kommunisten und Sozialdemokraten wie Landauer, zur Polizei. In den 60er-Jahren war es damit vorbei. "Die ÖVP-Regierung hatte keine Verwendung mehr für mich." Landauer wurde UNO-Beamter, ging nach Zypern und deckte dort Neo-Nazi-Umtriebe im Österreicher-Kontingent auf. Er wurde vom damaligen Innenminister Otto Rösch ("Der hat doch die NSDAP-Nummer 8.595.796 gehabt") zurückberufen, was Landauer auch später noch "Disziplinierung des Zeugen und nicht des Täters" nannte. Internationale Medien berichteten über diese Entscheidung aus Österreich.

Aufbau des Archivs#

Als Pensionist widmete er sich intensiv der dokumentarischen Aufbereitung des spanischen Bürgerkriegs. Von 1983 bis 2008 baute er das Archiv mit Biografien so gut wie aller österreichischer Spanienkämpfer im Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands auf, gemeinsam mit dem Autor Erich Hackl veröffentlichte er das "Lexikon der österreichischen Spanienkämpfer".

Als langjähriger Obmann der "Vereinigung österreichischer Freiwilliger in der Spanischen Republik" war Landauer viele Jahre das Gesicht dieses Teils österreichischer Geschichte, ein Zeitzeuge und leidenschaftlicher Erzähler, der auch in Spanien immer wieder über die Internationalen Brigaden berichtete.

In der Nacht auf Sonntag starb Landauer mit 93 Jahren in Oberwaltersdorf, nur zwei Wochen nach Gerhard Hoffmann, der am 9. Juni im Alter von 97 starb. Die beiden waren die letzten lebenden Spanienkämpfer aus Österreich. Nun müssen ihre Geschichten von anderen erzählt werden.

Wiener Zeitung, Dienstag, 22. Juli 2014