Ein Funke Hoffnung ist noch keine Wende#
Von
Herbert Kohlmaier
Aus: Gedanken zu Glaube und Zeit, Nr. 82/2013
In der Tat: Das Konklave hätte ein viel ungünstigeres Ergebnis bringen können! Die Auswahl des argentinischen Jesuiten Bergoglio bedeutet ein positives Signal. Hoffnung gibt vor allem, dass sich die vatikanische Klerikomafia nicht durchsetzen konnte. Offenbar ging ein sehr großer Teil der Kardinäle mit dem Vorsatz in die Sixtina, einem von ihnen die schwere Aufgabe zu übertragen, den wirklich schrecklichen Zustand der Kurie zu ändern, der die ganze Kirche schwer beschädigt hat.
Dieses Vorhaben ist nur mit der dem Herkules übertragenen Aufgabe zu vergleichen, den Stall des Augias auszumisten. Das neue Pontifikat wird einmal daran zu messen sein, ob das Erwünschte gelang. Wieder gilt: Ein Mann allein wird das nicht schaffen können. Die konservativen Kräfte wirken mit rücksichtsloser Konsequenz. Es wird sehr davon abhängen, welche Mitarbeiter dem Mann aus Südamerika dabei zur Seite stehen sollen. Aber auch sehr davon, welchen Rückhalt der Papst vom Kirchenvolk erfahren kann! Doch die Katholiken der verschiedenen Kontinente ticken recht anders...
In einer Hinsicht darf schon jetzt ein Fortschritt wahrgenommen werden. Ganz großes und wichtiges Anliegen der Erneuerungsbewegungen ist eine geschwisterliche Kirche. So, wie sich der neue Papst als Oberhirte seiner Diözese zeigte, ist zu erwarten, dass sich da Manches bessert. Gilt er doch als sozial engagiert und Demonstrationen bischöflicher Würde abhold. Sein gewählter Name kann da sehr wohl als Signal verstanden werden! Aber: Wird er auch dazu übergehen, mit Reformkräften in den Dialog zu treten und sich mit ihren Forderungen ernsthaft auseinanderzusetzen?
Ich meinte in meiner letzten Stellungnahmen zur Inszenierung des Konklaves, es wäre eine Illusion, zu glauben, ein neuer Papst könnte den Zwängen des Systems auch nur im Geringsten entrinnen. Wäre es nun dennoch möglich? Wird Franziskus I. die schweren strukturellen Mängel der Kirchenverfassung wahrnehmen? Die Last eines absurden "Kirchenrechts" und die Behinderung der Seelsorge durch überholte Zwänge? Wird er den verhängnisvollen Zentralismus durch Kollegialität überwinden und die Frauen endlich gleichstellen?
Es ist üblich und richtig, einem Neuen die Chance zu geben. Die Reformbewegungen sollten nun abwarten. Enttäuschung darf ebenso wie Jubel keineswegs verfrüht aufkommen. Allemal gilt auch hier das Wort Jesu: An seinen Früchten wird man ihn erkennen. Die Hilfe aller wird ihm gewiss sein - wenn er sie nur annehmen will!