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Menschenrechte und katholische Kirche#


Aus: Gedanken zu Glaube und Zeit Nr. 326/2020

Von

Wilhelm Gatzen


Wir müssen zunächst einmal erinnern:

In der Institution „römisch-katholische Kirche“ gelten alle Menschenrechte/Grundrechte wie sie in den Artikeln 1 bis 19 des GG der Bundesrepublik stehen, nicht.

Wenn der Papst eine Erklärung der Menschenrechte unterschreibt, so ist das solange eine leere Geste, wie nicht diese Erklärung dem CIC vorgeschaltet ist. In dieser Weise war unter Papst Paul VI. eine „lex fundamentalis ecclesiae“ angedacht. Dieses Vorhaben ist dann aber lautlos in den Archiven verschwunden. Dieses Grundgesetz der Kirche wäre dem CIC vorgeschaltet, so wie das mit dem GG in Deutschland für alle Gesetze der Fall ist. Alle anderen Gesetze müssen sich an diesen Grundrechten messen lassen.

Der Papst allein kann diese Ergänzung vornehmen. Man kann einzeln oder etwa als „Wir sind Kirche“ um diese Änderung bitten. Der Papst kann dieser Bitte folgen, er muss es aber nicht. Wenn er nichts macht, muss er das nicht begründen.

In der gegenwärtigen Situation wird immer wieder der Ruf nach einem neuen Konzil laut. Ich verweise dazu auf die Can. 358 bis 341 des CIC. Da steht sinngemäß: Einzig und allein der Papst beruft ein Konzil ein. Er allein bestimmt den Tagungsort, das Startdatum und die Tagesordnung. Er kann die Tagesordnung im laufenden Verfahren ändern. - So hat Papst Paul VI. die Frage nach dem Zölibat beim Vaticanum II herausgenommen; die Diskussion wurde ihm zu heikel.

Beschlüsse eines Konzils werden erst wirksam, wenn der Papst sie in geeigneter Weise verkündet oder sie in das CIC einfügt. Er kann den Beschlusstext unverändert übernehmen, er muss es aber nicht. Er kann auch etwas ganz anderes verbindlich verkünden („promulgieren“) als das Konzil beschlossen hat. Da greift dann can 333, § 3. Gegen ein Urteil oder ein Dekret des Papstes gibt es weder Berufung noch Beschwerde.

Eine Bischofskonferenz oder eine Synode oder der „synodale Weg“ oder auch der Oberbürgermeister von München könnten den Papst um die Einberufung eines Konzils bitten. Der Papst kann dieser Bitte entsprechen, er muss es aber nicht. Wenn er nichts macht, muss er das nicht begründen. Nach CIC, wie oben zitiert, kann sich auch niemand beschweren, wenn er nichts macht. In der Vergangenheit haben immer wieder verschiedene Basisgruppen Entwürfe für eine Lex fundamentalis Ecclesiae vorgelegt. Soweit ich das sehe, geschah das letztmals von „Wir sind Kirche“ im Jahr 2009. Herr Hagemeister, unvergessen,[1] hatte einen Entwurf vor 2008 vorgelegt. Nach seinem plötzlichen Tode im Sommer 2008 fiel mir zu, diesen Text redaktionell zu bearbeiten und zu ergänzen. So wurde der Text dann auch von der Bundesversammlung der Kirchenvolksbewegung "Wir-sind-Kirche" beschlossen. Mein Anschlussantrag, das auch zu veröffentlichen, fand keine Mehrheit. Seither ruht das alles auf meinem Computer.

Zu einem Gesetz gehört auch immer eine Begründung. In der katholischen Kirche ist ebenso wie in einem Staat der Gesetzestext von der Begründung streng zu trennen. Der Text des Gesetzes wird beschlossen, verkündet und wirksam. Die Begründung wird zur Kenntnis genommen. Ich habe zum Entwurf von WsK, der von der Bundesversammlung beschlossen wurde, eine Begründung geschrieben. Die wurde zur Kenntnis genommen. Dabei ist mir wichtig, dass die entscheidenden Menschenrechte sehr wohl biblische Grundlagen haben.

Insofern bleibt der Entwurf der Charta für Grundrechte in der Kirche, die auf der ICRNKonferenz 2018 in Bratislava beschlossen und auf der Konferenz von “International Church Reform network – priest and reform movements working together (ICRN)“ 2019 in Warschau bekräftigt wurde, aus meiner Sicht hinter den Erwartungen zurück. Hier wird nicht konsequent zwischen Gesetzestext und dessen Begründung unterschieden. Es fehlt vor allem das Petitionsrecht.

Dieses steht in Anlehnung an Art. 17 GG so formuliert in unserem Beschluss von 2009:

Art. 10 Petitionsrecht. Jede getaufte und gefirmte Christin, jeder getaufte und gefirmte Christ hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Fragen, Bitten, Beschwerden, Anfragen, Anregungen und Reformvorschlägen an den Pfarrer oder den Bischof oder an jedwede andere zuständige Stelle in der Kirche zu wenden.

Eine Antwort in der Sache muss nach angemessener Zeit vorliegen. Zur Antwort ist Rückfrage oder Entgegnung oder Widerspruch zulässig.

Wir müssen begreifen: Wenn nur ein einziges der bekannten Grundrechte im CIC verbindlich eingebaut würde, dann würden Änderungen erzwungen, die über alles hinausgehen, was in den letzten 1000 Jahren an Reformen und Änderungen in den christlichen Kirchen vorgekommen ist. Da aber die Themen des just gestarteten synodalen Weges in Deutschland genau solche Änderungen betreffen, ist schon jetzt damit zu rechnen, dass es enden wird wie letztes Mal: „Es war schön, dass wir miteinander geredet haben.“

Damit bleibt es leider so, wie es ist: In der Institution römisch katholische Kirche gelten alle Menschenrechte/Grundrechte wie sie in den Artikeln 1 bis 19 des GG der Bundesrepublik stehen, nicht.

Das aber sollten wir immer wieder sagen!

Wilhelm Gatzen und seine Frau Marianne vertreten seit Jahren bei den Bundesversammlungen von „Wir sind Kirche – Deutschland“ die Vereinigung verheirateter kath. Priester und ihrer Frauen

Fußnote#

[1] Hans-Otto Hagemeister war vom März 2007 bis zu seinem Tod bei einer Bergtour im September 2008 Vorsitzender des Fördervereins Wir sind Kirche e. Er betätigte sich viele Jahre aktiv in der KirchenVolksBewegung und engagierte sich besonders für die Fragen des Kirchensteuerrechts und für die Grundrechte der Laien in der Kirche.